Kapitel 112

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Ed Sheeran - Photograph

Sonntag, 13. Dezember

Ich bin aus meiner hochsensiblen Phase raus, wo ich wegen allem weinen muss. Ich bin trotzdem sehr auf Sex angewiesen, aber damit kommt Can bestens klar. Ich bin jetzt fast im sechsten Monat, das heißt, dass Amir gerade in der intensiven Phase seiner Gehirnentwicklung ist und auch seine kleinen Lungen müssten sich jetzt entwickeln. Ich spüre zudem, dass meine Belastungsfähigkeit schwindet. Mit Can gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio, um mein Beckenboden zu trainieren. Das ist sehr wichtig für mich und da ich schon ab letzten Monat angefangen habe, zittern meine Beine nicht mehr. "Warte, Pause", seufze ich, als wir von unserem Spaziergang nachdem Essen zurückgekommen sind und die Treppen hinaufsteigen. Ich vermisse jetzt schon die Zeiten, wo ich noch jeden jagen konnte. Gestern war ich noch mit den Mädels draußen, aber ich wollte schnell nach Hause, weil mein Kreislauf nicht so ganz mitspielte. Morgen ist mein Termin bei der Frauenärztin. "Geht es wieder?", fragt Can, der mich bei jeder Aktivität unterstützt. "Ja", murmele ich und steige eifrig die letzten Stufen hoch. Gott, bin ich froh, wenn ich in meinem Haus lebe und nicht diese Stufen hochzeigen muss. Ich bau mir einfach einen Aufzug ein. "Meine Füße", murmele ich. Schuhe zubinden kann ich nicht mehr und auch beim Anziehen meiner Hosen brauche ich Cans Hilfe. Trotzdem bin ich konzentriert, was mein praktisches Jahr im Krankenhaus angeht. Ich bin einer der besten, aber da ist so ein Typ, der meiner Meinung nach ein wenig zu gut ist. Ich will besser sein als er, aber ich muss mich noch um meine Doktorarbeit kümmern, die erstaunlich gute Resonanzen zeigt. Das einzige, was mich stört ist, dass meine Brüste laktieren und ich mir deswegen Slipeinlagen in meinen BH kleben muss, damit keine Flüssigkeit durch mein Oberteil scheint. Es kam urplötzlich, als ich auf der Station war und von einer Krankenschwester aufmerksam gemacht wurde. Selbst, wenn ich Babys weinen höre, laktiere ich.

Den Gewichtszuwachs bekomme ich auch erst jetzt wirklich zu spüren, aber damit muss ich klarkommen. Solange mein Baby gesund ist, akzeptiere ich es. Aber bis jetzt habe ich kein Tapsen oder sonstiges von ihm gespürt. Ich will es unbedingt einmal fühlen. Vielleicht hat er es schon einmal gemacht und ich habe es leider nicht gespürt. "Möchtest du etwas trinken?" Can küsst meine Schläfe und fährt über meinen Bauch. "Ja, Mineralwasser." Ich lege die Füße hoch und schmeiße den BH auf den Boden. Can soll mich von meiner Kleidung befreien und mir meine Kuscheldecke überlegen. Er ist von seinen Klausuren fast befreit. Er muss nur noch zwei Stück schreiben und dann ist auch er vorübergehend von Klausuren erlöst. "Dankeschön." Ich stütze mich auf meinen Ellbogen ab, als Can mir mein Wasser reicht. Ich bin froh, dass ich wenigstens ein bisschen Sport mache und so meinen Kreislauf ankurbele. Meine Heißhungerattacken sind nicht mehr mit denen zu vergleichen, die ich vor zwei Monaten hatte. Ich will alles essen. Und Amir ist jetzt auch in der Lage, mein Essen und Trinken zu schmecken und auch unsere Stimmen zu hören. Jetzt müssen wir wirklich aufpassen, was wir sagen. "Möchtest du gleich duschen oder später?" Ich kuschele mich an Can heran. "Jetzt, aber ich will erst schmusen." Seit der Schwangerschaft sind Can und ich noch verbundener und intimer geworden. Ich fühle mich freier in meiner Natur und auch Cans fehlende Scham ist nicht fehl am Platz. Er muss schließlich meinen Damm massieren, damit wir einen Dammriss bei der Schwangerschaft vorbeugen und außerdem hilft er mir beim Rasieren. Anfangs war es mir unangenehm, aber durch Cans Aussagen, dass es ihm Spaß macht meine Stoppel zu beseitigen und seine ständigen Neckereien und Knabbereien an meinen Schenkeln habe ich mich nach einer Zeit entspannt.

"Ich will morgen irgendwie nicht zur Arbeit", murmele ich. "Du kannst dir dreißig Fehltage erlauben. Wenn du dich schlecht fühlst, dann bleib zu Hause." Ich murre. "Ich will Sandwiches und Kartoffeln. Amir muss Obst zu sich nehmen, aber meine Lippen und mein Hals werden jucken", murre ich. "Bananen und Orangen kannst du ja essen." "Ja, aber dann kann ich dich nicht küssen, wenn ich Orangen gegessen habe." Can hat ja seine Orangenphobie. "Ich kann dich ja wo anders küssen", schmunzelt er und küsst meinen Nacken, was sich mehr als nur gut anfühlt. "Wir sollen etwas gegen deine Orangenphobie tun. Die Dinger schmecken und riechen gut. Du hast schon dank Dr. Al-Kon riesen Fortschritte gemacht und ich könnte für einen weiteren Top-Down sorgen, wenn ich dich küsse und davor Orangen gegessen habe. Das ist die positive Vermittlung durch Stimulation." "Meine schwangere Frau ist nicht nur Ärztin, Hobbyanwältin, mein Bodyguard, sondern auch eine sehr gute Psychologin", lächelt er, fährt durch mein Haar und kneift in meine Wange. "Das weißt du erst jetzt?", frage ich spöttisch. "Nein, das habe ich sehr oft sehen können." Zufrieden lächele ich und streichele seine Brust, als ich mich vorsichtig zur Seite lege. "Denkst du, ich sollte zum Waxing gehen für meinen Intim-, oh Gott!" Ich halte mir den Bauch. Can wird sofort aufmerksam. "Was ist los?" Ich halte mir die Stelle und spüre es noch einmal. Ein Tritt! Amir tritt gegen meinen Bauch! Ich werde sofort emotional. "Fühl, Can", flüstere ich und lege seine Hand auf die Stelle an meinen Bauch, die die Matratze berührt. Seine Augen weiten sich.

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