Ich schnaube zustimmend, wie wahr.
Wie kommt es nur, dass ich plötzlich an Michael denke?Gabriel hat recht: ich bin nun mal, was ich bin und es wird Zeit, das zu akzeptieren.
Mich zu akzeptieren.
Alles von mir, ob höllisch, himmlisch oder menschlich, es sind nunmal Teile von mir.
„Gabriel, danke. Wirklich, vielen Dank. Die letzte Zeit, egal wie spannend, aufregend und teilweise schön sie auch war, war vor allem anstrengend. Deine Worte haben mir neuen Mut gemacht."
Er lächelt zufrieden.
„Wenn das so ist, solltest du mich ab jetzt wohl Mentor nennen. Oder doch lieber Coach, wie die Menschen wohl sagen würden."
Ich grinse und deute eine Verbeugung an.
„Wie Sie wünschen, großer, erhabener Mentor Gabriel."
Nun grinst er ebenfalls.
„Geht doch. Mit einem Lächeln auf den Lippen gefällst du mir gleich viel besser."
Ich atme die kühle Luft tief ein, denn zum ersten Mal seit langem fühle ich mich frei.
Frei von dem Druck, mich für eine Seite zu entscheiden, Allianzen zu bilden, meine Kräfte zu trainieren und selbst von der Last eines anstehenden Krieges.
Einfach mal frei.„Ach, da gibt es eine Sache, die ich dich schon länger fragen wollte."
Gabriel wendet seinen Blick neugierig vom Himmel wieder mir zu.
„Kannst du sie mir zeigen? Also deine Flügel meine ich? Ich hab sie zwar schonmal gesehen, aber die waren so wunderschön, ich kann ihren Anblick schlichtweg nicht vergessen."
Gabriel scheint meine Bitte zu überraschen, er nickt jedoch zustimmend und ein wenig stolz.
„Wie könnte ich dir denn jemals eine Bitte verwehren?"
Er steht auf und schaut sich suchend um, ob keiner zufällig mitten auf einem Feld, bei schlechtem Wetter in der Kälte ist.
Aber welch ein Wunder, außer uns ist keiner weit und breit zu sehen.
Ich erhebe mich ebenfalls.
Das Geräusch eines lauten Donnergrollens durchfährt die Stille. Genau in diesem Moment, als Gabriel seine wunderschönen weißen Flügel ausbreitet, blitzt es gefährlich hinter ihm und die ersten Regentropfen fallen zu Boden.Wunderschön und gleichzeitig unermesslich mächtig steht er vor mir. Mit ausgebreiteten Flügeln und einer erhabenen Körperhaltung.
Er ist wahrhaftig ein Engel.
Mein offensichtlich beeindruckter Gesichtsausdruck lässt ihn leicht lächeln. Ich gehe auf ihn zu und strecke meine Hand nach einem Flügel aus.
„Darf ich?" Meine Stimme zittert leicht.
Er nickt.
Meine Hand fährt über die weißen Federn. Unglaublich, wie weich sie sind. Ich schaue grinsend in Gabriels Gesicht, der mich noch immer stolz anlächelt.
Genau in diesem Moment fängt es an, in Strömen zu regnen, doch schneller als ich überhaupt reagieren kann, bilden seine Flügel ein schützendes Dach über uns.
Ich lächle.
„Soll ich dir etwas zeigen?", frage ich.
„Kommt ganz drauf an, was es ist."
Ich lasse meine hellen Funken erschienen und schirme uns so vor den Tropfen ab. Geschützt unter einem Dach aus goldenen Funken stehen wir nebeneinander.
Er lässt seine Flügel sinken und letztendlich leider auch verschwinden. Er mustert das Spektakel interessiert.
„Wie praktisch. So brauchst du wenigstens keinen Regenschirm.", sagt er, wobei mir die Belustigung in seiner Stimme nicht entgeht.
Ich ziehe spöttisch eine Augenbraue hoch.
„Machst du dich über mich lustig?"
Er hebt abwehrend beide Hände.
„Niemals."
Ich lache, wobei ich kurzerhand den Teil des Schutzes, unter dem er steht, verschwinden lasse.
Der Regen prasselt augenblicklich auf ihn nieder.
„Also, wie war das, machst du dich über mich lustig? Vielleicht solltest du deine Antwort nochmal überdenken."
Er kommt in sekundenschnelle unter meinen Schutz und legt seine Arme fest um mich, um nicht nass zu werden.
Ich starre überrascht an seine Brust, während einige Regentropfen von seinen Haaren auf mich fallen.
So nah waren wir uns noch nie.
„Niemals.", wiederholt er grinsend.
Lügner.
Wir beide lachen herzhaft.
Wobei mir bei seinem makellosen Gesicht so nah an meinem und dem zauberhaften Klang seines Lachens kurz der Atem wegbleibt.
Ich lasse meine Funken und somit den Regenschirm über uns vollständig verschwinden.
Gabriel schnaubt empört.
„Immerhin werden wir jetzt beide nass.", sage ich entschuldigend.
Ich löse mich von ihm und drehe mich lachend durch den Regen.
Die Tropfen prasseln kühl auf mein Gesicht und ich genieße die Abkühlung.
Ich bin sicher, Gabriel könnte sich leicht vor dem Regen schützen, doch auch er bleibt einfach im Regen stehen.
Während ich über das Feld tänzle und ausgelassen lache, steht Gabriel aufrecht und elegant wie immer da.
„Komm schon, du Spassbremse, jetzt sind wir eh schon nass."
„Du meinst, ich solle auch wie ein Flummi unbegründet durch die Gegend hüpfen?"
Ich bleibe stehen und schaue ihn übertrieben entsetzt an.
„Ach, entschuldige, ich vergaß: in deinem Alter mit den kaputten Knien und der Hüfte solltest du das wohl besser lassen."
Er schaut mich provozierend an.
„Bitte?"
Ich grinse.
„Und dann noch die Probleme mit dem Gehör. Deine besten Jahre sind wohl auch schon vorüber, nicht wahr?"
Ich grinse frech.
„Komm nur her, du kleine Rotznase, ich werde dir schon noch Respekt beibringen."
Er rennt grinsend auf mich zu, während ich schreiend davon laufe.Irgendwann, nachdem wir beide komplett durchnässt sind, bleibe ich laut schnaufend stehen.
„Ich ergebe mich, ich nehme alles zurück. Du bist fit, topfit."
Er bleibt lachend neben mir stehen, wobei er es anscheinend nicht mal anstrengend fand.
„Danke Gabriel, du hast mir gerade wirklich meinen Tag gerettet."
„Immer gern. Wie wäre es, wenn ich dir dabei helfe, deine himmlischen Kräfte besser nutzen zu können?"
Ich hebe eine Augenbraue.
„Spielst du etwa auf meinen ‚Regenschirm' an?"
Er schüttelt übertrieben den Kopf.
„Keineswegs. Niemals. Einfach nur, damit du nicht nur von Eligor beigebracht bekommst, was Zerstörung bedeutet, sondern auch die guten Seiten deiner Kräfte."
Ich grinse bei dem Gedanken an Eligor, den kleinen Feuerteufel, wie er mich schreiend durch die Trainingshalle jagt.
„Gerne, das würde mich freuen."
Gabriel scheint sich offensichtlich darüber zu freuen, dass ich sein Angebot annehme.
„Perfekt, wie wäre es mit Dienstag?"
Ich nicke.
„Klingt super."
„Ich hole dich dann einfach ab, aber fürs erste bringe ich dich nach Hause. Du bist komplett durchnässt."
„Das stimmt, das wäre wahrscheinlich das Beste."
Ich laufe auf ihn zu, rutsche jedoch auf einer matschigen Stelle aus und es zieht mir meine Füße unter den Beinen weg.
Kurz bevor ich jedoch auf dem Boden im Matsch aufschlage, zieht mich Gabriel an einem Arm hoch.
„Geht's dir gut?"
„Alles bestens, danke für die Hilfe."
Als ich meine Augen wieder aufmache, stehen wir bei mir in der Badewanne, noch immer dicht aneinander, mit seiner Hand schützend auf meinem Rücken.
Ich bin ein wenig verwundert, dass wir in meinem Bad stehen, und dann auch noch gemeinsam in meiner Badewanne.
Gabriel zuckt leicht mit den Schultern.
„Bevor du noch alles nass machst, setze ich dich lieber hier ab."
Ich schmunzle.
„Danke, sehr aufmerksam."
Er schaut auf mich hinunter und seine Lippen umspielt ein wunderschönes Lächeln.
„Bis Dienstag, Alice."
Ich wollte noch etwas erwidern, aber dann ist er schon verschwunden.
Und lässt mich klatschnass und mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen in meiner Badewanne zurück.
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Hello Devil, nice to meet you!
Paranormal"Pass lieber auf wie du mit mir redest, Alice. Du hast ja keine Ahnung wer ich bin und was ich alles mit dir anstellen könnte." Also bitte noch geschmackloser als mir jetzt solch eine Drohung hinterher zu werfen, geht ja überhaupt nicht. "Ach ich...