Ich keuche hörbar auf, als ich mich vom Boden erhebe.
Ehrlich gesagt fühle ich mich wie das letzte Elend. Ich hätte wohl mehr trainieren sollen, bevor ich gleich mit so etwas Großem anfange. Eine mentale Vorbereitung auf den heutigen Tag wäre so oder so schön gewesen, anstatt mich so ins offene Messer laufen zu lassen.
Ich lasse meinen Blick umherschweifen.
Raphael steht mit ein wenig Abstand neben dem Mann, während die anderen zwei sich leise unterhalten, wobei ich ihr Gespräch nicht verstehe.
Mein Blick wandert unwillkürlich zu der Mutter der beiden Kinder.
„Raphael, hast du dich schon um die Frau gekümmert?"
Meine Stimme ist erstaunlich fest, wobei meine Knie noch immer zittern wie Espenlaub.„Nein, sie gehört nicht mehr zu meinem Aufgabenfeld." Seine Stimme ist erstaunlich kühl für die Nachricht, die er mir gerade überbringt.
Ich schnappe kurz nach Luft. Das bedeutet, dass sie bereits tot ist.
Noch eine Wiederbelebung wird mich einiges an Kraft kosten, aber das schaffe ich. Ich muss es schaffen.
„Dann übernehme ich das."
Ich mache einen Schritt auf sie zu, stolpere jedoch kaum merklich zurück, da meine Beine noch immer nicht standhaft sind und mein Blickfeld von der schnellen Bewegung kurz schwarz wird.
Die aufmerksamen Blicke auf mir entgehen mir jedoch keinesfalls.
Ich muss mich zusammenreißen. Wenn ich schon bei so einer Aufgabe versage, wie soll ich einen Krieg überstehen?
Ein leises Räuspern hinter mir holt mich wieder zurück in die Gegenwart.„Sie betrifft auch nicht dein Aufgabenfeld."
Michaels Stimme jagt mir einen kurzen Schauer über den Rücken. Ich drehe mich zu ihm herum.
„Ach ja? Wessen ‚Aufgabe' ist sie denn dann?" Seine Augen fixieren unberührt die meinen.
„Meine." Meine Stirn legt sich in Falten.
„Wie meinst du das?" Er scheint kurz zu überlegen, wie er es am besten formulieren soll.
„Es ist meine Aufgabe, verstorbene Seelen ins Himmelreich zu überführen."
Mir stockt der Atem und noch bevor ich selbst realisiere, was genau das bedeutet, stürze ich auf die Frau zu. Vielleicht ist es noch nicht zu spät und ich kann sie noch retten. Vielleicht..
Ich beuge mich über ihren Körper und überfliege schnell ihre Wunden.
Doch bevor ich auch nur irgendetwas machen kann, nimmt Gabriel sachte meine zitternden Hände in seine.
„I-ich kann ihr helfen."
„Das wissen wir, aber du darfst nicht."
Tränen brennen mir bei dem Anblick des schmerzverzerrten Gesichtes der hübschen braunhaarigen Frau vor mir in den Augen.
„Was? Warum sonst bin ich hier?"
Gabriels Stimme ist sacht und weich. Genau, wie ich mir eine Engelsstimme vorgestellt habe.
„Deine Aufgabe war es, ihre Kinder zu retten. Ihnen die Möglichkeit auf ein langes und gesundes Leben zu geben und das hast du getan."
„Aber ihre Mutter soll ich nun tot hier liegen lassen?"
„Alice, es gibt eine natürliche Ordnung. Nenn es Schicksal, Fügung, Bestimmung. Alles bedeutet das selbe: Gottes Wille.
Michael hat die Aufgabe, sie heute heimzuholen, in den Himmel."
Mittlerweile laufen mir unkontrolliert Tränen über die Wange und hinterlassen einen salzigen Geschmack auf meinen Lippen.
„Aber.. aber wenn ich doch gerade da bin, dann kann ich ihr doch helfen. Ich kann diesen Kindern doch nicht ihre Mutter nehmen, sie sind doch noch so jung."
„Du nimmst ihnen nicht ihre Mutter Alice, du gibst ihnen ihr Leben. Ein größeres Geschenk hättest du ihnen nicht machen können. Das hier war und ist nicht deine Aufgabe, also lass los; wir können nichts mehr für sie tun. Für sie ist ein Platz im Himmel bestimmt, du brauchst dich nicht zu sorgen."
Mein Verstand ist bis zum Rand belastet und ich wäge überfordert und leicht panisch seine Worte ab.
Doch, ich kann etwas für sie tun!
„Gabriel, lass mich los. Ich werde ihr helfen."„Du darfst nicht. Damit greifst du in Gottes Willen ein und die Folgen könnten gravierend sein."
„Mir sind die Folgen egal, ich lasse sie hier nicht tot zurück. Ich kann... ich..."
„Alice, versteh doch, ihr Leben würde womöglich den Tod von vielen anderen bedeuten. Man weiß nie, was passiert, wenn die Ordnung unterbrochen wird. Vielleicht stirbt im Gegenzug nur eine andere Person, oder es sterben hunderte, ein Flugzeug stürzt ab, oder es kommt zu einem Erdbeben.
Das hier ist zu groß, als dass wir die Folgen auch nur erahnen könnten. Wir sind nicht in der Position, unsere Aufgabe zu hinterfragen. Wir fügen uns dem Schicksal, wie ihr Menschen es nennt; für uns ist es der Wille unseres Vaters."

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Hello Devil, nice to meet you!
Paranormal"Pass lieber auf wie du mit mir redest, Alice. Du hast ja keine Ahnung wer ich bin und was ich alles mit dir anstellen könnte." Also bitte noch geschmackloser als mir jetzt solch eine Drohung hinterher zu werfen, geht ja überhaupt nicht. "Ach ich...