Onish 1-2 Besuch im Tal

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Besuch im Tal

Dánan tritt zurück, um den Eingang freizugeben. Onish lädt seine Begleiterin mit einer Geste ein, einzutreten und duckt sich dann mit dem schweren Bündel durch die niedrige Tür. Dánan schließt diese entschlossen hinter ihm gegen das Unwetter und winkt die Besucherin zum Herd. Onish tritt ebenfalls näher zu den Flammen. Sein Hemd, das vorhin fast trocken war, ist nun wieder klitschnass und klebt auf seiner Haut. Aber der junge Schattenwandler hat nur Augen für das schwach zuckende Bündel in seinen Armen, dem sich die fremde Frau sorgenvoll zuwendet. Sie lässt dabei ihren Schal, den sie zum Schutz vor dem Regen über den Kopf gezogen hatte, auf die Schultern gleiten. Dánan kann einen überraschten Ausruf nicht unterdrücken.
«Dánirah! Was führt dich in die Berge von Atara?»
Die Tanna lächelt ihrer Gastgeberin schwach zu. Sie wirkt müde. Ihr schwarzes Haar ist zu einem langen Zopf geflochten, der ihr von Feuchtigkeit schwer über den Rücken hängt. Ihre dunkle Kleidung sieht nass, schmutzig und mitgenommen aus. Sie geht barfuß und um ihre Fuß- und Handgelenke klirren bei jeder Bewegung zahllose schmale Silberringe.
«Dánan. Der Weg in dein verstecktes Tal ist lang, Schattenwandlerin vom Berg. Aber es gibt wichtige Gründe, dich und Onish zu besuchen. Nur - einer davon ist dringender als die anderen.»
Sie tritt zu Onish und zieht vorsichtig die Decke zurück, die das Gesicht eines hustenden kleinen Mädchens schützt. Es blinzelt Dánirah mit fiebrig glänzenden Augen an. Sie sind wässrig blau und scheinen viel zu groß für das ausgemergelte Gesicht. Rasch legt Dánan dem Kind eine Hand auf die schweißnasse Stirn. Diese scheint zu glühen, das Fieber ist viel zu hoch für den kleinen Körper. Entschlossen nimmt die Heilerin Onish das Bündel ab und beginnt, das hustende Kind aus der nassen Decke zu schälen. Dánirah versucht zu helfen, aber sie zittert zu stark, um wirklich eine Unterstützung zu sein. Dánan wirft ihr einen vorwurfsvollen Blick zu.
«Setz dich ans Feuer und versuch, warm zu werden. In dem Kessel dort drüben steht heißer Tee. Und zieh die nassen Sachen aus. Onish, bring bitte Dánirah etwas von mir zum Anziehen und einige trockene Decken. Ja, und stell die Brühe von gestern zum Aufwärmen ans Feuer.»
Damit wendet sie sich dem fiebernden Kind zu. Es ist spindeldürr und, obwohl es bestimmt schon fünf oder sechs Sommer gesehen hat, klein für sein Alter. Das schwarze Haar bildet einen starken Gegensatz zu den blauen Augen. Onish reicht Dánan ein weiches, trockenes Tuch. Während die Heilerin damit die mageren Glieder abreibt, wirft sie Dánirah einen fragenden Blick zu.
«Sie ist zum Teil Tanna. Eine Verwandte von dir?»
«Nein, nicht näher verwandt als alle Tannarí sind. Es ist eine lange Geschichte. Kannst du ihr helfen oder ist es zu spät?»
Nachdenklich betrachtet Dánan ihre junge Patientin und wirft Onish einen fragenden Blick zu. Möglicherweise hilft die Begabung des Jungen hier mehr als die Heilkunst der Schattenwandlerin. Onish streicht mit der Kuppe seines Zeigefingers sanft über die heiße Wange des Mädchens.
«Ich glaube, sie will leben. Aber sie ist sehr krank und hat schon lange nichts mehr gegessen. Und sie hat eine starke magische Begabung.»
Dánirah, die sich das Haar abgetrocknet hat, tritt näher zum Tisch. Das Mädchen scheint sie zu erkennen und streckt eine zerbrechlich wirkende Hand nach ihr aus. Sanft nimmt sie diese in ihre eigene, wettergegerbte Rechte. Die Ringe an ihrem Handgelenk klirren leise. Dánirah seufzt müde.
«Sie hat seit Tagen alles wieder erbrochen, was ich ihr einzuflößen versuchte. Der Husten wurde immer schlimmer. Und ja, sie hat eine magische Begabung. Deshalb ließ die Frau, die sich um sie kümmern sollte, sie im Stich.»
Dánan nickt. Sie hat solche Geschichten in ihrem langen Leben schon zu oft gehört. Sanft zieht sie dem Mädchen die restlichen vom Schweiß und Regen durchweichten Sachen aus und wickelt es in eine warme Decke. Dann streicht sie ihm das Haar aus dem Gesicht und tupft mit einem feuchten Tuch seine Stirn ab. Das Kind verfolgt jede ihrer Bewegungen mit großen Augen ohne Dánirahs Hand loszulassen. Onish hat in der Zwischenzeit Brühe über dem Feuer gewärmt. Vorsichtig füttert Dánan dem kranken Mädchen wenige Löffel davon. Es hat Mühe mit dem Schlucken und beginnt wieder zu husten. Dánan tastet seinen Hals und Brustkasten ab.
«Wie heißt du, mein kleiner Spatz?»
Das Mädchen öffnet den Mund, um zu zu antworten, beginnt aber stattdessen zu husten. Dánan richtet seinen Oberkörper auf, um ihm Erleichterung zu verschaffen. Nach dem Anfall hält sie ihm einen Becher mit lauwarmem Tee an die Lippen. Dánirah betrachtet ihren Schützling sorgenvoll.
«Sie heißt Miràn, Tochter des Lichts. Ihre Mutter war Tanna wie du und ich. Ihr Vater ist Keleni, ein Mitglied von Pentims Garde in der Hauptstadt. Dorthin konnte er seine Tochter nicht mitnehmen, nachdem seine Frau an einem Fieber starb. Deshalb ließ er sie bei seiner Schwester in Jenonar in Gerin zurück. Dann erreichte Miràn das Alter, wo sich erstmals ihre magischen Fähigkeiten zeigten. Ihre Tante hätte sie wohl aus dem Haus geworfen, wenn sie nicht den Zorn ihres Bruders gefürchtet hätte. Vermutlich kümmerte sie sich statt dessen einfach nicht um sie, als sie krank wurde. Du weißt wie das ist, wenn ein Kind unbewusst zum ersten Mal Magie einsetzt. Die meisten verbrauchen zuviel von ihrer eigenen Energie und werden davon krank. Eine Nachbarin hörte das Husten des Mädchens und fürchtete um sein Leben. Sie flehte mich an, das Kind dort rauszuholen. Sie war eine Freundin der Mutter der Kleinen und erkannte mich als Tanna, als ich in Jenonar ankam. Was blieb mir anderes übrig? Ich konnte Miràn nicht in einem Dorf zurücklassen, wo die meisten sie schon wegen ihrer Haarfarbe verachteten, geschweige denn ihrer Magie. Aber ich verstehe zuwenig von der Heilkunst. Da ich ohnehin auf dem Weg hierher war, hoffte ich einfach, sie würde durchhalten.»
Dánan nickt nur. Trotz aller Abmachungen und Verträge werden die Tannarí, das Volk der Dämmerung, bei den Keleni, den Kindern der Sonne, immer noch mit Skepsis betrachtet. Und ein Kind, das magische Fähigkeiten zeigt, kann froh sein, wenn es nicht in einer dunklen Nacht spurlos verschwindet. Onish lacht bitter.
«Der kleinen Miràn ist das gleiche passiert wie mir. Wann werden die Menschen begreifen, dass Magie nicht böse ist?»
Weder Dánan noch Dánirah antworten auf diese rhetorische Frage. Sie erinnern sich beide noch gut daran, dass Antim damals Onish bei sich aufnahm, weil der Junge von seiner Familie verstoßen wurde, als er erstmals seine magische Begabung zeigte.
Dánan holt die Tasche mit ihren getrockneten Heilkräutern und bereitet eine Pulvermischung zu, die sie in lauwarmem Tee auflöst und dem kranken Mädchen verabreicht. Dann bestreicht sie Miràns Brust mit einer Salbe, die übel riecht, aber offenbar den Hustenreiz etwas lindert. Onish bereitet unterdessen ein kleines Bett aus Fellen und Decken direkt neben der Feuerstelle vor.
Als Miràn schließlich versorgt und in einen unruhigen Schlaf gefallen ist, setzen sich die beiden Frauen an den Tisch. Dánan ist gespannt auf Dánirahs Bericht, aber zuerst soll die Besucherin etwas essen. Diese nimmt von Onish dankbar eine Schale mit heißer Suppe, Brot und Käse entgegen. Sie beginnt erst zu erzählen, nachdem sie die Schale hungrig leergelöffelt hat.
«Als ich Miràn in Jenonar fand, war ich seit einer ganzen Weile unterwegs hierher. Ich kam aus Eshekir, entlang des weißen Hranòars bis Ramenar. Von dort aus folgte ich dem alten Pilgerweg.»
Dánan nickt nachdenklich und mit gerunzelter Stirn. Sie kennt diesen Weg. Allerdings würde sie ihn nicht freiwillig wählen, wenn sie im Sommer allein unterwegs wäre. Die Hochebene von Gerin ist unbewohnt und sehr trocken. Es gibt nur eine einzige Wasserstelle, von der es heißt, sie sei versiegt. Es gehört Mut dazu, den alten Pilgerweg zu dieser Jahreszeit zu benutzen - Mut oder große Eile. Onish blickt ratlos von Dánan zu Dánirah.
«Was hat es mit diesem Pilgerweg auf sich?»
«Er beginnt westlich von Ramenar und führt auf direktem Weg durch die Hochebene von Gerin nach Jenonar. Seit der Brunnen von Sié versiegt ist, wird er kaum mehr benutzt. Aber er kürzt den Weg um viele Tage ab.»
Onish weiß von der gefährlichen Hochebene. Allerdings kennt er niemandem, der sie zu Fuß durchquerte. Er betrachtet Dánirah mit neuem Respekt. Kein Wunder, dass ihre Kleider mitgenommen aussehen. Was wohl der Grund sein mag, dass sie diesen schweren Weg auf sich nahm? Er weiß von Dánan, dass Dánirah im Volk der Tannarí eine bedeutende Stellung innehat. Er kann sich auch schwach daran erinnern, dass er ihr schon einmal begegnete, vor vielen Zyklen, bei Antims Bestattung. Allerdings weiß er kaum etwas über sie.
«Weshalb hast du diesen schwierigen Weg gewählt?»
Dánirah seufzt und streicht sich eine der Strähnen hinters Ohr, die sich aus ihrem langen Zopf gelöst haben. Sie brachte einen weiten Weg hinter sich, um mit Dánan zu sprechen. Aber nun, wo es soweit ist, fehlen ihr die richtigen Worte. Kopfschüttelnd beginnt sie.
«Dánan, Onish. Ich glaube, dass etwas Schlimmes passiert ist oder bald passieren wird. Ich hatte einen Traum. Nein, eigentlich waren es zwei Träume, solche von der besonderen Art. Aber ich verstehe zumindest den einen nicht. Ich fürchte, er kündigt großes Unheil an.»
Dánan schließt die Augen. Sie befürchtet so etwas, seit Dánirah hier ankam. Die Tanna besitzt die Gabe des Wahrträumens. Diese erbte sie von ihrer Mutter Shonai, die vielleicht die größte Wahrträumerin der Tannarí überhaupt war. Shonai war eine Freundin von Dánan. Es schmerzt die Schattenwandlerin noch heute, wenn sie an deren Tod denkt.
«Erzähl uns deine Träume, Dánirah.»
«Der erste Traum war vom Anfang bis zum Ende voller Feuer. Zuerst sah ich ein Kind, ein blondes Sonnenkind, das von Flammen verzehrt wurde. Es war ein Junge, er schrie als würde er tatsächlich im Feuer liegen, aber die Flammen flackerten um ihn herum, ohne ihn zu verbrennen. Er schien in einer unendlichen Qual gefangen. Dann träumte ich von einem Platz in einer gossen Stadt. Es mag Penira gewesen sein, aber ich bin nicht sicher. Ich meide die Hauptstadt. Auf dem Platz waren viele Menschen versammelt, die aufgeregt etwas schrien, das ich nicht verstand. Im Zentrum des Platzes brannte ein großes Feuer und die Menschen warfen Dinge hinein. Ich konnte nicht erkennen, was es war. Aber die aufgehetzte Stimmung wirkte bedrohlich. Danach folgte das einzige freundliche Traumbild. Ein Mädchen mit grünen Augen und langem, flammend rotem Haar, dessen Kringel in der Sonne glänzten, saß im Winter an einem Feuer im Schnee und lachte fröhlich.
Das nächste Bild war seltsam. Ich sah hohe Berge, vielleicht in Eshte oder Eshekir. Die Sonne schien, und aus den kahlen Felsen stiegen gleißend helle Flammensäulen. Und schließlich sah ich Drachen über einen feuerroten Himmel ziehen. Zuerst dachte ich, es seien Drachenschatten. Aber Hrankaedí würden niemals im Tageslicht ausfliegen.»
Dánirah macht eine Pause und starrt gedankenverloren auf ihre Hände. Onish möchte gerne Fragen stellen, aber Dánan bedeutet ihm, der Wahrträumerin Zeit zu geben, sich zu sammeln. Schließlich reibt diese sich müde die Augen und blickt ihre beiden Gastgeber mit einem traurigen Lächeln an.
«Ich hatte seit dem Tod meiner Mutter viele seltsame Träume. Aber dieser scheint mir am rätselhaftesten. Vor allem weiß ich nicht, an wen er sich richtet. Vielleicht an das rothaarige Mädchen, aber ich habe keine Ahnung, wo ich es finden soll. Ich versuchte tagelang, die Bedeutung der Bilder zu verstehen, erfolglos. Schließlich dachte ich, es handle sich vielleicht nicht um einen echten Wahrtraum, aber dann träumte ich ihn genau so ein zweites und ein drittes Mal. Ich wusste immer noch nicht, wem ich davon erzählen sollte. Ich überlegte, nach Silita-Suan oder Penira ziehen. Aber das erschien mir sinnlos, solange ich den Traum nicht verstehe. Ich wusste nicht, was ich tun sollte und konnte nächtelang kaum schlafen. Als ich schließlich doch einmal einschlief, kam der zweite Traum. Er war erfrischend klar und verständlich. Ich sah mich selber in einer kargen, trockenen Landschaft. Anschließend flehte mich eine Frau an, mich um ein Kind zu kümmern. Danach war ich in einem Wald, es regnete, Blitze zuckten über den Himmel. Ich trug ein krankes Kind im Arm. Das nächste Bild zeigte dich, Dánan, wie du dich über das Kind beugst. Und zuletzt sah ich dich, Onish, wie du dich auf eine lange Reise vorbereitest. Nun, zuerst erkannte ich dich beinahe nicht, so sehr bist du in den letzen Jahren gewachsen.»
Onish blickt die Tanna fragend an.
«Du meinst, der zweite Traum war für mich?»
«Nein, ich glaube, er war für mich selber beziehungsweise für Miràn bestimmt. Er wies mir den Weg, so dass ich sie finden und zu euch bringen konnte. Wenn ich nicht den Pilgerweg über Sié genommen hätte, wäre ich nicht durch Jenonar gekommen und sie wäre inzwischen gestorben. Was aber das letzte Bild bedeutet, weiß ich leider nicht.»
Dánan hat während der Erläuterung den Kopf in die Hände gestützt. Nun blickt sie eindringlich von Dánirah zu Onish und wieder zurück.
«Ich kann deinen ersten Traum nicht deuten, Dánirah. Ich kann mir einzig vorstellen, dass er sich auf die Gerüchte um diesen Feuer- oder Sonnenkult bezieht, der sich in Penira ausbreiten soll. Ich habe kürzlich flüchtig auf dem Markt von Himenar davon erfahren. Wenn dein Traum damit zu tun hat, stellt der Kult eine größere Bedrohung dar, als ich damals annahm. Wir müssen mehr darüber in Erfahrung bringen. Ich denke, das rothaarige Mädchen ist der Schlüssel. So wie du sie beschreibst, müsste es eine Nirahn sein, eine Südländerin. Aber ich kenne niemanden auf den die Beschreibung passt. Aber lassen wir diesen Traum für den Moment ruhen.»
Sie blickt Onish ernst an. Der junge Schattenwandler hält unbewusst den Atem an. Er ahnt, dass etwas kommt, das ihm nicht gefallen wird.
«Der zweite Traum scheint noch einiges mehr zu beinhalten, als du gesehen hast, Dánirah. Onish, du hast das Alter erreicht, deine Ausbildung abzuschließen. Wir beide wissen das schon lange. Es wird Zeit, dass du dich auf den Weg machst. Du solltest Jakrim in Lelai besuchen. Er kann dir jene Dinge zeigen, die du bei mir nicht lernen kannst, die du als Schattenwandler der Gilde aber wissen musst.»
Onish will energisch gegen den Vorschlag protestieren, aber Dánan unterbricht ihn mit einer bestimmten Geste.
«Du weißt, dass ich dich nicht leichtfertig losschicke. Ich werde dich sehr vermissen, und du wirst mir immer willkommen sein. Aber es ist meine Pflicht, dich ziehen zu lassen und deine, Jakrim zu besuchen. Unsere Talente sind sehr verschieden. Meine Begabung ist die Heilkunst. Jakrim kennt andere Dinge, die du lernen solltest.»
Dánirah lächelt über Onishs empörten Gesichtsausdruck.
«Du erinnerst mich an A'shei, der vor dir Antims Schüler war. Als er erfuhr, dass er seinen Meister verlassen sollte, war er genauso unwillig. Aber bedenke, dass du damals bei Antim ein Heim fandest, weil A'shei seiner Aufgabe nachkam.»
Onish senkt verlegen den Blick. Dánirah hat recht. Seine Züge entspannen sich, als er die schlafende Miràn betrachtet. Ist es möglich, dass er für dieses halb verhungerte Mädchen Platz machen muss? Antim behauptete immer, das Leben bewege sich in Zyklen. Vielleicht ist es tatsächlich an der Zeit, dass er in die Welt hinauszieht? Er ist längst nicht mehr der verschüchterte und verstoßene kleine Junge, den Antim bei sich aufnahm.
Er versucht, sich Lelai vorzustellen, eine Stadt im Norden, am Meer. Dánan, die sie mehrmals besuchte, behauptet, das Wasser des Meeres sei salzig und es sei so groß, dass das andere Ufer nicht sichtbar sei. Er kennt nur den kleinen See oder - in Dánans Worten - Tümpel bei Himenar und kann sich das kaum vorstellen. Plötzlich verspürt er eine unbestimmte Sehnsucht nach dieser Gegend, die er nur aus Erzählungen der alten Schattenwandlerin kennt. Miràn bewegt sich unruhig im Schlaf und sucht eine bequemere Stellung. Sie steckt einen Daumen in den Mund und schläft mit einem friedlichen und entspannteren Gesichtsausdruck wieder ein. Onish lächelt dem schlafenden Kind zu, bevor er sich den beiden Frauen zuwendet.
«Ich denke, du hast recht, Dánan, es ist Zeit, dass ich aufbreche. Antim hätte das bestimmt gewollt. Ich hoffe nur, Miràn wird rasch gesund und lernt mit einem Bogen umzugehen, damit ihr beide nicht verhungert bis ich aus dem Norden zurückkomme.»

Onish | Wattys 2015 GewinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt