Onish 3-19 Das Feuer der Shahraní

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Das Feuer der Shahraní

Es geht gegen Mittag, als am Horizont der Wald auftaucht. Liha ist froh, dass sie endlich die Küstenregion erreichen. Seine Männer sind müde, der endlose Ritt durch die Steppe kostete sie und die Pferde viel Energie. Nun, da der Wald mit seinem langersehnten Schatten in Sicht kommt, beschleunigen die Tiere automatisch ihren Schritt. Als sich in der Ferne eine Staubwolke nähert, lässt der Kommandant seine Krieger vorsichtshalber anhalten. Bald zeigt sich, dass einer ihrer eigenen Späher den Staub aufwirbelt. Fährtenleser reiten täglich auf Hajtashs Spuren voraus, um Überraschungen vorzubeugen. Bald erreicht der junge Mann die wartenden Krieger. Es ist Numesh, der heute die Späher als Bote begleitete. Keuchend zügelt er sein Pferd. Liha gibt ihm Zeit, zu Atem zu kommen.
«Kommandant, die Söldner des Shalen lagern auf der anderen Seite des Waldes da vorne. Wenn wir nicht vorsichtig sind, werden sie uns entdecken.»
«Bist du sicher, dass das Hajtash und seine Leute sind?»
Kirems Einwand ist berechtigt. Aber der junge Krieger lässt sich nicht beirren. Die Fährtenleser beobachteten das Lager lange, bevor sie Numesh zurückschickten.
«Sie sagen, sie hätten den Shalen nicht gesehen, aber die anderen sind eindeutig die Leute, die wir verfolgen, vier Söldner und fünf Keleni in Feuerkultgewändern. Vielleicht ist der Shalen vorausgeritten.»
Liha nickt nachdenklich. Falls Hajtash seine Begleiter zurückließ, ist das eine günstige Gelegenheit, sie zu konfrontieren. Die junge Magierin, die den Feuermeister in Sellei begleitete, ist diesmal nicht dabei. Vermutlich ist Hajtash der einzige Magier der Gruppe. Liha ist Onsih dankbar für alles, was er ihm über Magie beibrachte. Mit den Söldnern allein können seine Krieger fertig werden. Er wendet sich an Kirem.
«Ich kann mir vorstellen, dass Hajtash nicht mit Gefolge ins nächste Dorf einreiten wollte. Wir sollten diese Gelegenheit nutzen.»
«Könnte das eine Falle sein?»
«Das werden wir erfahren, wenn wir sie angreifen. Aber wenn Hajtash wüsste, dass wir ihn verfolgen, hätte er genug Gelegenheiten gehabt, uns zu stellen. Er hätte zum Beispiel einen der Brunnen in dieser Wüste vergiften können. Ich nehme an, dass er nichts von uns weiß.»
Der alte Krieger nickt grimmig und teilt seine Männer in drei Gruppen ein. Sein Schlachtplan ist einfach, aber effizient. Liha unterdrückt ein Lächeln. Die Augen der Krieger leuchten beim Gedanken, endlich die Beute zu stellen, die sie schon so lange verfolgen.

~ ~ ~

Hajtash ist zufrieden. Es war nicht schwer, einen Fischer zu finden, der ihn zu den Inseln von Tansha bringt. Der erste, den er fragte, lehnte das Unterfangen allerdings strikt ab. Der alte Fischer blickte ihn aus einem wettergegerbten, faltigen Gesicht an und behauptete, die Inseln seien mit einem Fluch belegt und würden nicht unbegründet ‹die verbotenen Inseln› genannt. Daraufhin versuchte der Shalen es mit einem jüngeren Mann, der zusammen mit seiner halbwüchsigen Tochter ein schwer beschädigtes Netz ausbesserte. Die schäbige Kleidung der beiden und der Zustand des Netzes ließen Hajtash vermuten, dass sie ein großzügiges Angebot nicht ablehnen würden. Damit behielt er recht. Sein einziges Problem ist nun, dass ihr Boot nicht groß genug ist, seine Anhänger mitzunehmen. Zwei, vielleicht drei weitere Passagiere sind das Maximum, was er dem Kahn zumuten möchte. Vor allem, wenn er hofft die Shahraní zu fangen. Die jungen Drachen sind bestimmt gewachsen. Hajtash bezweifelt, dass sie in dem kleinen Fischtank Platz finden. Aber vielleicht genügt es, einen von ihnen gefangenzunehmen, damit die anderen ihm freiwillig folgen. In Gedanken versunken nähert er sich im Abendlicht dem Lager. Den Kampflärm bemerkt er erst, als es fast zu spät ist.
Eilig treibt der Shalen sein Pferd an. Der Lärm kommt aus seinem Lager! Aber dann zügelt Hajtash sein Tier und hält inne. Bestimmt ist es besser, sich dem Kampf vorsichtig zu nähern. Er lässt sich aus dem Sattel gleiten, schlingt die Zügel um einen jungen Baum und schleicht vorsichtig näher. Noch bevor er die kleine Lichtung erreicht, verstummen das Geschrei und das Klirren der Schwerter. Hajtash bleibt hinter dem dicken Stamm einer Pinie stehen, um den Kampfplatz zu überblicken. Seine Begleiter haben den Kampf verloren. Die wenigen, die sich noch aufrecht halten können, werden von Kriegern bewacht. Erst nach einer Weile fällt dem Shalen auf, dass es sich um Keleni handelt. Eingehend mustert er sie. Eines der Gesichter kommt ihm bekannt vor. Der Mann strahlt unbestreitbare Autorität aus. Wo hat er diesen bärtigen Mann mit den schulterlangen, für einen Kelen ungewöhnlich braunen Haaren schon gesehen? Egal, es ist Zeit, dieser unerfreulichen Szene ein magisches Ende zu bereiten. Hajtash will gerade auf die Lichtung treten, als ihm der Name des Kriegers einfällt. Das ist Liha, die rechte Hand des Königs Pentim. Undenkbar, dass es ihm gelang, ihn ohne magische Unterstützung bis hierher zu verfolgen! Vorsichtig gleitet der Shalen zurück in den Schatten des Waldes. Es ist wohl besser, jetzt nicht auf sich aufmerksam zu machen und seine Energie in einem Magierduell zu verschwenden, schon gar nicht nach Sonnenuntergang. Zudem hat er eine Aufgabe zu erfüllen. Der Fischer wartet in Diunesh auf ihn, um ihn noch diese Nacht zu den Inseln von Tansha zu bringen.

Onish | Wattys 2015 GewinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt