You are everything

Twenty-two

POV Andy (10 Uhr)

Seit Stunden lag ich schon wach, konnte mich aber nicht aufraffen aufzustehen.

Mein Körper war schwer wie Blei.

Mein Kopf pochte, wie bei einem Kater.

Mein Hals war trocken.

Mein Herz brannte wie Feuer.

Meine Augen waren starr wie Glasaugen.

Mein Mund war ausgetrocknet und es schmeckte widerlich.

Meine Nase saß zu und ich bekam kaum Luft.

Doch es war mir egal. Mir war einfach alles egal.

Es würde eh niemanden interessieren, jetzt wo Rye weg war.

„Geh du rein." Jacks Stimme.

„Nein, geh du." Mikey.

„Wieso ich? Du hast mehr mit ihm zu tun!"

„Jack, wir haben beide gleich viel mit ihm zu tun, aber er hasst mich, schon vergessen?"

„Ach, und mich nicht oder was?"

„Ihr stellt euch unnötig an. Er hasst euch nicht. Wenn ihr nicht rein geht, dann geh ich eben. Geht weg... na los, geht schon! Ihr seid echt richtig tolle Freunde!" das war eindeutig Michelle.

„Wage es nicht, uns zu verurteilen. Du kennst ihn doch gar nicht!"

„Vielleicht ist das ja mein Vorteil. Wenn ihr ihn kennt, müsstet ihr eigentlich wissen, was zu tun ist!"

Dann waren keine Stimmen mehr zu hören und es klopfte an der Tür. Ich sagte nichts, weil kein Ton aus meinem Mund kam.

Die Tür öffnete sich und Michelle kam rein. Sie schloss die Tür hinter sich und kam direkt zu mir. Sie schob mich ein Stück zur Seite, sodass sie neben mich passte und schaute mich prüfend an. Ich hatte mal wieder das Gefühl, dass sie direkt in meinen Kopf schaute. Ohne zu fragen, ging sie ins Bad und brachte mir ein Glas Wasser. Ich setzte mich auf und nahm es dankbar an.

Als ich es ausgetrunken hatte, stellte ich es zur Seite und schloss kurz die Augen. Ich wollte etwas sagen, doch es kam nur ein Hauchen dabei raus. Ich räusperte mich und hustete kurz, damit mein Hals frei wurde und versuchte es erneut.

„Ich glaube ich bin krank." krächzte ich und sie seufzte.

„Kennst du das Phantom 'Hypochondrie?'" fragte sie und ich schüttelte den Kopf. „Man redet sich ein, krank zu sein..." sagte sie nur und ich spürte, wie ich wütend wurde. Sie dachte also, dass ich mir das nur einredete, um Aufmerksamkeit zu bekommen? Nett. „Versteh mich nicht falsch. Ich glaube dir, dass du dich so fühlst, als wärst du krank. Aber es kann auch von etwas Anderem kommen." sie sah mich zögerlich an.

„Zum Beispiel?"

„Zum Beispiel durch Liebeskummer..." murmelte sie und wich meinem Blick aus.

Ich legte den Kopf an die Wand hinter mir und stöhnte auf. Dieses Gespräch wollte ich nicht führen. Aber wenn nicht mit Michelle, mit wem sonst.

„Schön. Dann sag, was du sagen willst." murmelte ich und mir entging ihr überraschtes Gesicht nicht.

„Ich wollte nichts Anderes sagen oder dir irgendwelche Vorwürfe machen. Ich wollte nur sagen, dass es eine mögliche Ursache sein könnte." erklärte sie und zuckte mit den Schultern.

„Hast du einen Rat?" fragte ich leicht verzweifelt und hörte sie leise seufzen.

„Fowler... Eigentlich müsste es andersrum sein. Ich habe selber keine Ahnung, wie man mit Liebeskummer umgeht." sagte sie und schaute mich an.

„Aber du durchlebst es doch gerade selber. Und du bist glücklich. Wie schaffst du das?" fragte ich sie.

„Es ist ein großer Unterschied, ob man schon mal zusammen war und sich trennt bzw. beide Personen von den Gefühlen wissen, oder ob es eine einseitige Liebe ist und die andere Person nichts davon weiß. Ich hatte bis jetzt nur das Eine, also kann ich auch nicht beurteilen, welches schmerzhafter ist. Aber der Verfassung nach zu urteilen, ist deins deutlich schmerzhafter, als meins." bemerkte sie und ich lachte rau auf.

„Ja, offensichtlich." sagte ich nur und ich sah, wie sie überlegte.

„Ich glaube, es gibt mehrere Möglichkeiten. Entweder du akzeptierst es, wie es ist und lenkst dich ab, so wie ich. Oder du versinkst im Selbstmitleid und wirst irgendwann zum Psychologen geschickt oder wartest bis er wieder kommt und redest mit ihm. Oder du rufst ihn einfach an und ihr redet darüber." zählte sie auf und ich fand alle Ideen scheiße.

Ich wollte weder jetzt, noch in den nächsten Wochen mit ihm reden. Ich wollte nicht zum Psychologen, aber ich wusste, dass ich mich zwar tagsüber ablenken konnte, es dann abends aber wieder schlimm wurde.

Es war einfacher, als er es nicht wusste.

„Ich wünschte, es wäre so wie bei dir und Jack. Er weiß es nicht und du bist glücklich damit. Und er hat keine Ahnung und ist auch glücklich." sagte ich etwas unüberlegt.

„Naja, also einfach ist es sicherlich nicht. Aber ja, ich bin glücklich. Weil ich weiß, dass er nicht das selbe fühlt und auch nie so fühlen wird und somit eine größere Chance habe, darüber hinweg zu kommen. Allerdings weiß Rye über deine Gefühle Bescheid. Also macht es die Sache deutlich schwieriger. Hör zu. Bemitleide dich nicht selbst und komm aus diesem Loch raus. Die anderen Beiden denken, dass du sie hasst, weil du nicht mit ihnen redest. Sag ihnen, dass es nicht ihre Schuld ist und lass dich nicht so hängen. Es ist okay traurig zu sein, aber es ist nicht okay deshalb sein Leben an sich vorbeiziehen zu lassen. Ich hab dich lieb, Fowler. Und ich will dir helfen so gut ich kann. Zumindest solange ich noch hier bin. Bitte lass es mich nicht bereuen." sagte sie und sah mich bittend an. Ich nickte.

„Ich hab dich auch lieb, Kurze." und es war die Wahrheit. Sie war wie eine Schwester, die ich nie hatte.

„Komm heute mit Mikey, Alex und mir zusammen in den Nachbarort. Wir wollen uns ein paar Orte angucken und Fotos machen." bat sie mich und ich stimmte zu.
Dann stand sie auf, drückte mir noch einen Kuss auf die Wange und ging zur Tür. Als sie sie öffnete, ging sie jedoch erstmal ein paar Schritte zurück. Erst war meine Sicht durch ihren Rücken versperrt, doch dann drehte sie sich verzweifelt zu mir um und ich konnte an ihr vorbei gucken. Dort stand Jack.

Er starrte uns abwechselnd an und ich sah, wie Michelle tief durchatmete, um nicht in Tränen auszubrechen.

„Wie lange stehst du da schon?" fragte ich ihn und er ließ seine Blick zu mir schweifen.

„Lang genug, denke ich." krächzte er etwas überfordert. Ohne dass ich reagieren konnte, rannte Michelle aus dem Zimmer und ließ Jack und mich in dieser unfassbar unangenehmen Situation allein zurück.

Drama, Baby. Drama... irgendwelche Fragen, Wünsche, Anmerkungen?