Forty-three

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POV Rye

~ 20.10. Rye Beaumont

Heute habe ich mit Andy telefoniert und wir haben beschlossen, dass wir nur Freunde sind. Einerseits bin ich froh, dass er noch mit mir befreundet sein will, nach allem, was ich gemacht habe und bin froh, weiterhin in seiner Nähe sein zu können. Aber trotzdem ist ein Teil von mir enttäuscht, dass wir nicht mehr als Freunde sein können. Irgendwie hatte ich es mir gewünscht. Ich bin mir nämlich sehr sicher, dass er der Richtige wäre. Es ist einfach meine eigene Schuld. Ich bin selbst dafür verantwortlich, dass es jetzt so aussieht. Ich habe Andy zwar nicht genau gesagt, wann ich wieder komme, aber ich denke, ich werde schon bald zurück gehen. Ich vermisse die Jungs einfach. Selbst Brook fehlt mir, auch wenn das noch nie vorgekommen ist und ich ihn ja bis vor ein paar Tagen noch bei mir hatte. Lange werde ich es sicher nicht mehr alleine aushalten.


Abends wurde mir dann doch zu langweilig im Hotel und ich beschloss in eine Bar zu gehen. Ich kannte hier ein paar in der Nähe und steuerte direkt auf eine kleine, etwas unscheinbare Bar zu.

Die Luft dort war stickig und es lag eine leichte Rauchwolke in der Luft.

Ich setzte mich direkt an die Theke und bestellte mir Whiskey- Cola. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen und blieb an einer mir bekannten Person hängen. Hinten in der Ecke entdeckte ich Ally mit einem Jungen. Sie unterhielten sich angeregt und Ally fuchtelte mit ihren Armen in der Luft herum. Als sie kurz die Augen verdrehte und einen Blick an dem Kerl vorbei warf, fiel ich ihr auf und sie winkte mir kurz zu.

Ich nickte nur als Antwort und ließ meinen Blick kurz zu ihrem Begleiter schweifen, der mich misstrauisch musterte und mich von oben bis unten abcheckte. Ich hielt seinem Blick jedoch stand und zog nur eine Augenbraue hoch, als sich unser Blick kreuzte.

Zu meiner Überraschung schaute er schnell weg und ich meinte gesehen haben, dass er errötet war, aber ich konnte mich auch versehen haben.

In dem Moment, als ich meinen Blick von den Beiden nahm, spürte ich einen Windstoß neben mir und schaute in die Richtung, aus der er gekommen war.

Auf den Hocker neben mir setzte sich gerade eine junge, eher unscheinbare Frau. Aus ihrem strengen Zopf hatten sich einige Strähnen gelöst und standen wild von ihrem Kopf. Ihre Wangen waren dunkelrot und sie wirkte sehr gestresst. Die Handtasche, die sie bis gerade in der Hand hatte, ließ sie achtlos auf den Boden fallen und sie zog sich mit ein paar schnellen Bewegungen ihren Blazer aus, bevor sie die Ärmel ihrer Blusehoch krempelte, sodass ein kleines Tattoo zum Vorschein kam. Dann nahm sie sich ein Taschentuch, rubbelte den lila Lippenstift von ihren Lippen und seufzte erleichtert.

Cola- Korn, bitte." sagte sie zum Barkeeper und wartete geduldig, bis er es vor ihr abstellte. Sie nahm direkt einen großen Schluck und schloss kurz die Augen, als sie das kühle Getränk runter schluckte.

Erst als sie mich mit ihren großen blauen Augen neugierig ansah, bemerkte ich, dass ich sie die ganze Zeit beobachtet hatte und errötete ein wenig. Normalerweise war ich etwas diskreter, aber sie hatte etwas Spannendes an sich, sodass ich nicht wegschauen konnte.

Hey, ich bin Meranda." stellte sie sich dann plötzlich vor und lächelte freundlich.

Rye..." sagte ich nur und zog kurz einen Mundwinkel hoch.

Sie nickte daraufhin und ihre Augen scannten mein Gesicht ab. Ihr schien zu gefallen, was sie sah, denn sie schmunzelte leicht und schaute dann schnell auf das Glas in ihren Händen.

Da wir uns jetzt gegenseitig angestarrt haben, können wir uns ja ein wenig unterhalten..." schlug ich vor und nahm einen weiteren Schluck aus meinem Glas.

Ich bin nicht gut in Smalltalk." widersprach sie und ich zog eine Augenbraue hoch.

Wir können auch über das Wetter reden, da fällt dir bestimmt was ein." schlug ich scherzhaft vor und sie verdrehte die Augen.

Alles, nur nicht das." stöhnte sie und rieb sich über die Stirn.

Okay, dann frag ich dich, wieso du den Job machst, den du machst, obwohl du total gestresst bist und es nicht abwarten konntest, dich abzuschminken und deine Jacke auszuziehen." wagte ich den ersten Schritt und sah sie abwartend an.

Ich sah, dass sie langsam den Kopf schüttelte und leise seufzte.

Weil ich es schon seit Jahren mache und ich gut verdiene." sagte sie wenig überzeugend.

In anderen Jobs verdient man auch gut..." bemerkte ich und sie drehte ihren Kopf in meine Richtung.

Ja, ich weiß... vielleicht liegt es auch daran, dass ich von meinem Chef gezwungen werde, dort zu bleiben." murmelte sie und leerte ihren Drink. Ich bestellte direkt zwei neue und sie sah mich dankbar an.

Und wieso lässt du dich bedrohen?" fragte ich vorsichtig und sie seufzte erneut.

Weil ich mit seinem Sohn geschlafen habe und er mich unter Druck setzt. Wenn ich kündige, lässt er seine Kontakte spielen und es wird unmöglich für mich, einen anderen Job zu finden." erklärte sie leise und spielte mit ihrem Armband.

Ich würde trotzdem kündigen... dein Privatleben geht ihn überhaupt nichts an." sagte ich und stupste sie leicht an. „Als was arbeitest du denn?"

Ich bin Sekretärin in der Gesamtschule im Nachbarort." sie warf mir einen kurzen Blick zu. „Was machst du so?"

Ich singe in einer Boyband..." erwiderte ich schlicht und trank einen großen Schluck.

Das muss total cool sein. Auch wenn ich mir niemals vorstellen könnte, ständig in Gesellschaft zu sein und so gut wie keine Zeit für mich zu haben." grübelte sie und ich nickte zustimmend.

Ich nehme mir momentan eine Art Auszeit. Deshalb wohne ich gerade in einem Hotel. Es ist alles nicht immer so toll, wie es aussieht oder wie es sich anhört." warf ich ein und dann blieb es ein paar Minuten still.

In den folgenden Stunden redeten wir über ihre Kollegen und die Situation mit ihrem Chef und dessen Sohn. Außerdem erzählte ich ihr von den Jungs und die Geschichte, wie wir eine Band geworden sind. Wir berichteten von unseren Familien und unserer Kindheit. Während des Gesprächs wurde mir nicht ein einziges Mal langweilig und ich hatte auch keine Probleme, ihr alles zu erzählen, was sie wissen wollte.

Vielleicht lag es daran, dass wir eine ganze Menge Alkohol intus hatten, aber vielleicht lag es auch einfach daran, dass sie sehr aufmerksam und interessiert wirkte, sodass man sich in ihrer Gegenwart gar nicht unwohl fühlen konnte.

~

Als wir um 1 Uhr die Bar verließen, begleitete sie mich noch ins Hotel. Ich war mir sicher, dass man es nicht 'gehen' nennen konnte, denn wir schwankten eher, aber wir kamen beide heile an und fanden unverletzt den Weg zu meinem Zimmer. Zuerst ließ sie sich erschöpft auf einen Stuhl sinken, während ich mich auf das Bett warf und kurz tief durchatmete. Ich hoffte einfach, dass es nicht so endete, wie mit Brooklyn. Eine weitere Nacht im Bad würde mein Rücken wahrscheinlich nicht ertragen.

Nach ein paar Minuten verschwand sie im Bad, da sie kurz duschen wollte. Sie schaffte den Weg ohne sich zu verletzten oder etwas umzuwerfen, sodass ich erleichtert aufatmete. 

Allerdings hatte mein mit Alkohol zugedröhntes Gehirn, als sie im Badezimmer verschwand eine in dem Moment ausgesprochen fabelhafte Idee, sodass ich ihr ein paar Sekunden später folgte und die Dusche somit etwas länger dauerte, als ursprünglich geplant.

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