Man sieht sich im Leben immer zwei Mal

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Man sieht sich im Leben immer zwei Mal

Nähe Mannheim                Tag: 13

Felix zitterte und schob sich noch etwas näher zu Izzi. Tim war tot… Das alles kam ihm vor wie ein böser Albtraum. Simon hatte nicht geweint, aber er hatte seit Taddl ihn von der Leiche seines Freundes weg gezogen hatte auch kein Wort gesagt. Nicht einmal zu Caty, die seit dem Tunnel sich immer dicht bei Annikas Rollstuhl hielt. Auf Dners Lippen brannte die Frage, warum es so wichtig gewesen war Simon von Bergi weg zu schaffen, doch bis jetzt hatte er nicht gewagt sie zu stellen. Irgendwie hatte er Angst vor der Antwort.

 „Wann werden wir sterben?“

Felix schluckte schwer, als eine Hand ihn plötzlich am Arm packte.

„Fängst du jetzt auch noch an?“ Fauchte Izzi ihn an. „Wir werden zum Bodensee gehen, Caty wird geheilt und alles wird wieder gut! Wir werden ALLE ZUSAMMEN dort ankommen. Niemand wird…“

„Sag‘ es nicht, wenn du es selbst nicht glaubst, Izzi.“

Die gefrorene Erde knackte unter ihren dünnen Schuhsohlen, als das Laub den Boden immer spärlicher bedeckte. Vor einer Weile waren sie noch neben dem Fluss her gewandert, doch schließlich hatte er sich zwischen den Bäumen verloren. Niemand hatte es bemerkt.

Die befestigte Straße hatten sie auch schon lange verlassen, auch wenn Victor sich eindeutig dagegen ausgesprochen hatte durch den Wald zu gehen. Er hatte zetern können, so viel er wollte. Es war besser, als durch die nächste Stadt.

Ein leises Rascheln ließ sie zusammen zucken. Victor war der Erste, der den Kopf hob und es ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Aus dem Gebüsch schlich etwas, das er gehofft hatte nie wieder zu sehen: Die Löwin.

„Scheiße…“ zischte Victor und machte hastig einen Schritt zurück.

„Leute…“ Mit aller Kraft versuchte er seine Stimme nicht lauter werden zu lassen, obwohl das mittlerweile auch keinen Unterschied mehr gemacht hätte.

Köpfe hoben sich, Luft wurde erschrocken eingezogen, dann rannten sie los.

Mit federnden Schritten  glitt die Löwin den Abhang hinunter, ihre weißen Augen an Victor geheftet. Sie kümmerte sich nicht einmal um Annika und Caty, die sie schon nach wenigen Sekunden eingeholt hätte. Die beiden wären eine viel leichtere Beute gewesen, doch die Löwin war nachtragend.

Hier hatte das kleine Menschlein keine Autos zwischen denen es sich verstecken konnte. Das hier war die Natur. Es war ihr Revier… Ein Sprung, ein Biss, ein Schrei und sie hatte sein warmes Blut endlich auf der Zunge. Hiermit hatte es sich bewahrheitet. Sie gewann jede Jagd. Ausnahmslos.

Abschätzend musterte sie die übrigen Menschen, die zitternd da standen und auf ihren Freund starrten, der Blutend und keuchend vor ihr lag. Würde es die Mühe wert sein?

Sie entschied sich dagegen. Fürs erste hatte sie genug Fleisch. Wenn sie wieder Hunger haben sollte konnte sie den Rest ja immer noch verfolgen…

Und so grub die Löwin ihre Zähne in Victors Arm und zerrte mit sich. Es würde noch Stunden dauern, bis er genug Blut verloren hatte, um endlich nichts mehr zu spüren.

Bis zum letzten Tropfen BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt