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Tag: 0   Opfer: 1

Berlin                     Tag: -1

Jede Nacht, wenn Flo die Augen schloss sah er das Blut auf Ricks Gesicht, als hätte sich das groteske Muster auf die Unterseite seiner Augenlider eingebrannt. Die leeren, blassen Augen sahen Tag und Nacht hinter jeder Ecke erneut durch ihn hindurch. Aber er musste seine Freundin schützen. Wenn sie auch noch aus seinem Leben gerissen wurde... Flo wusste nicht, ob er das verkrafen konnte. Steve hatte seit einer knappen Woche seine Wohnung nicht mehr verlassen. Egal wer an der Tür klopfte - Er öffnete nicht. Auf Spacefrogs war kein Video mehr gekommen und die Abonnenten spielten verrückt. Florian war sich sicher, dass Steve auch dort gewesen war. Hatte er Rick sogar sterben sehen? "Worüber denkst du nach?" Er zuckte zusammen, als seine Freundin ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. "Ich mache mir Sorgen um Steve." Gab er zu "Wir machen uns alle Sorgen um ihn und natürlich auch um Rick. Ob Steve weiß, wohin er verschwunden ist?" "Vielleicht..." Er vermied es ihr in die Augen zu sehen. Wie konnte er sie nur anlügen? Immer wieder musste er sich die SMS ins Gedächtnis rufen und bei jedem Mal bekam er mehr Angst. "Schatz... du musst bald los, wenn du heute noch nach Köln willst. Frodo warte bestimmt..." Weiter kam sie nicht, denn Flos Freundin stolperte und er fing sie hastig auf, bevor sie sich verletzte. "Was..." sie schüttelte verwirrt den Kopf und krallte sich erschrocken in sein T-Shirt. Ihr Versuch selbst wieder auf die Füße zu kommen war vergeblich. "Schatz, was ist?" Mit aufkommender Panik spürte Flo, wie ihre Brust sich immer schneller hob und senkte. "Ich... ich bekomme keine Luft..." Vorsichtig kniete er sich mit ihr in den Armen auf den Boden. Ein weiteres Mal versuchte seine Freundin sich aufzurappeln, doch nicht einmal ihre Arme konnten ihr Gewicht noch halten. "Ich rufe einen Krankenwagen." Zweimal fiel Flo das Handy aus den zitternden Fingern, bevor er es endlich schaffte die Nummer des Notrufs zu wählen. Die ganze Zeit ruhten ihre Augen auf ihm, mit einem quälenden Schleier der Angst und plötzlich rann ein roter, schimmernder Tropfen Blut aus ihrer Nase. Tränen der Verzweiflung stiegen heiß in seiner Kehle auf und Floid nahm ihre blass gewordene Hand, als könnte er sie so in dieser Welt halten. Als könnte er es so verhindern... "Flo..." sie keuchte "... ich muss dir noch etwas sagen..." "Nein, nein du kannst mir das immer noch sagen, wenn alles wieder in Ordnung ist... " "Florian!" Es kam nur selten vor, dass sie seinen kompletten Namen aussprach. Eigentlich nur, wenn sie wirklich Wert darauf legte, dass sie ihm zuhörte. Sofort verstummte er. "Florian, ich will, dass du weißt, dass ich dich liebe. Egal, was jetzt passiert, hast du verstanden?" Er schluckte, seine Hände zitterten "Ich liebe dich auch... mehr als alles andere! Bitte..." Sie blinzelte und eine Träne aus Blut rann ihr über die Wange. "... bitte lass mich nicht alleine... Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun soll..." So gut sie noch die Kraft hatte schüttelte seine Freundin den Kopf. "Du bist stark, Flo. Das weiß ich... aber... sollte das passieren was ich befürchte... vergiss mich nicht!"

Ihr Herz schlug noch, als der Krankenwagen endlich ankam, doch da war das selbe Netzt von Blut auf ihrem Gesicht. Das Selbe Muster, wie bei Rick. Die ganze Zeit über konnte er an nichts anderes denken, wie dieses Bild. Mit jeder weiteren Sekunde ritzte sich das blutige Netzt in sein Her und ließ es langsam absterben. Als Flo im Krankenhaus neben ihrem Bett saß, künstlich beatmet, eine Notoperation hinter sich, mit Blut versorgt und im künstlichen Koma passierte es endlich. Der hohe Piepton fraß sich durch seine Ohren, durch sein Trommelfell mitten in seinen Kopf. Ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen und egal, was die Ärzte versuchten. Es war vergebens. Sie war tot.

Berlin

Zeitpunkt des Todes: 2:15 Uhr

Tag: 0

Opfer: 1

Bis zum letzten Tropfen BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt