Kälte und Tod

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Kälte und Tod

Das Wetter hatte sich eindeutig abgekühlt, seit der Virus ausgebrochen war. Herr Bergmann konnte sich noch gut daran erinnern, als Simon ihn hatte zum Flughafen bringen wollen. Das T-Shirt war ihm vor Schweiß an der Haut geklebt, doch jetzt war ihm kalt, obwohl in den letzten Wochen keine Wolke am Himmel gestanden hatte. Doch hier, in diesem Tunnel schien es noch 10 Grad kälter zu sein. Die Dunkelheit schien die beste Freundin der Kälte zu sein, denn beides kroch ihm unter die Haut und brachte ihm dazu sich die Arme um die Brust zu schlingen. Caty fror genau so, wie alle anderen, wenn nicht noch mehr. Immer wieder kroch die Übelkeit ihr vom Magen in den Hals, doch sie kämpfte tapfer dagegen an. "Würdest du den anderen nicht viel Arbeit ersparen, wenn du einfach aufgeben würdest? Geh zu Annika, warne sie, damit sie ihr Messer ziehen kann und dann lass los! Mach den Schmerzen, der Qual ein Ende, Caty. Du bist den anderen ein Klotz am Bein. Sie wären gleich zu Fuß weiter gelaufen, wenn du nicht gewesen wärst! Andre wäre noch am Leben! " Eine Träne sammelte sich in ihrem Augenwinkel, doch die junge Frau hatte nicht die Kraft sie weg zu blinzeln. Erst, als diese über ihre blasse Haut lief, ihre Wange herunter und ihre Lippen traf bemerkte Sie, dass es Blut war. "Du hältst nicht lange genug durch, Caty... " Die Kälte kroch immer hartnäckiger in Catys Körper, als wollte der Tod sich selbst ankündigen. Simon war schon bei ihr gewesen, um ihr seinen Hoodie zu geben, aber sie hatte ihn wieder verscheucht. Simon brauchte ihn dringender. Langsam begann Catys Sichtfeld vor ihren Augen zu verschwimmen. Es wurde dunkler und dunkler, bis sie stolperte und... sie jemand auffing. Schnell versuchte sie wieder auf die Beine zu kommen, sammelte Kraft und holte Luft, um Simon anzufahren. Er hätte sie nicht anfassen dürfen, hätte nicht ihr Leben für sie riskieren dürfen, aber es war nicht ihr Freund, der sie davor bewahrt hatte auf den kalten, staubigen, harten Boden zu fallen. Sie hätte es wohl nicht mehr geschafft aufzustehen. Caty sah in Annikas blaue Augen. "Du bist ganz kalt. " stellte das Mädchen fest und rieb etwas über Catys eisige Hände, als wäre es etwas ganz alltägliches, als würde sie nicht mit jeder Berührung ihr Leben riskieren. "Annika... du solltest nicht... " Versuchte sie schwach zu wiedersprechen, doch das Mädchen im Rollstuhl schüttelte nur den Kopf. "Als wäre ein Zombie mit gelähmten Beinen ein Problem für die anderen. Es würde viel mehr Menschen das Herz brechen, wenn du stirbst, Caty. Ich bin nur das Mädchen im Rollstuhl, das Simon aufgelesen hat. Warte... halt' dich hier fest… " Annika führte Catys Hände vorsichtig zu der Lehne ihres Rollstuhls, woran sie sich dankbar festkrallte, um wieder aufrecht stehen zu können. Sobald Annikas Hände wieder frei waren begann das Mädchen schnell ihren Pulli auszuziehen, sodass sie nur noch in ihrem dünnen, schwarzen Top dasaß. "Nimm ihn. Mir wird so wie so nicht so schnell kalt... " Das war eine Lüge und Caty wusste das. Trotzdem nahm sie den Pullover dankbar an und aus irgendeinem Grund erschien es ihr, als wäre der Tod plötzlich ein großes Stück von ihr abgerückt.

Bis zum letzten Tropfen BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt