Adlerschwingen
Die Geschichte, wie sie hierhergekommen waren, war Taddl nicht leicht über die Lippen gekommen, selbst mir vollem Magen.
Ardy, Dner und Annika hatten sich schon längst ins zweite Stockwerk verzogen und versuchten zu schlafen.
Schließlich war er mit mehreren Pausen, in denen er den Tränen nahe war, doch am Ende ihrer Geschichte angelangt.
Der Knulf sah ihn für ein paar Augenblicke schweigend an und schluckte schwer. Besonders, als Taddl von Simon und Caty erzählt hatte war der Junge blasser geworden als er sowieso schon war.
„Ich war auf einer Klassenfahrt, als es angefangen hat…“
Begann er schließlich leise und der Blick seiner sturmblauen Augen senkte sich auf seine Hände.
„Schon als der erste an den Scheiben unseres Busses gekratzt hat wusste ich, was los war. Ich mein, welcher Jungendliche hat das nicht sofort erkannt, nur hat keiner gewagt es auszusprechen, geschweige denn zu glauben. Sie sind alle drauf gegangen, außer mir. Als ich es dann endlich geschafft habe zurück in meine Heimatstadt zu kommen war das Haus meiner Familie allerdings verlassen. Aber sie sind nicht tot. Ich meine… würde ich es nicht spüren, wenn sie gestorben wären? Deshalb klappere ich jede Gruppe an Überlebenden ab, egal wie krank sie auch sind. Ich weiß, dass ich sie finden werde! Es ist nur eine Frage der Zeit…“
Plötzlich brach die Stimme des Jungen ab.
Hastig wischte der Knulf sich mit dem Handrücken über die Augen und strich sich schnell die rot- braunen Haare aus dem Gesicht. Als er den Kopf wieder hob war das ironische Funkeln in seine Augen zurückgehkehrt.
„Verdammt, die Wahrheit ist anstrengend! Vielleicht sollte ich dem nächsten, der nach meiner Geschichte fragt wieder sagen, dass ich einen Bruder habe, der mir überhaupt nicht ähnlich sieht…“
Ein zaghaftes Lächeln stahl sich in sein Gesicht.
„Oh Gott, ich glaube die liebe After hat es mir damals wirklich übel genommen…“
Ein lautes Kreischen ließ die beiden jungen Männer zusammenzucken. Der Knulf entspannte sich sofort wieder, doch auf Taddl Gesicht herrschte das pure Entsetzen.
Der Schrei war nicht menschlich gewesen.
Etwa ein Tier?
Seelenruhig stand der Junge auf mit den widerspenstig gelockten Haaren auf, öffnete ein großes Fenster und pfiff einmal leise in die Nacht hinaus.
Taddl wollte aufspringen und ihn von dem Fenster wegzerren!
Die Löwin, die Spinne… Er wollte sich gar nicht erst ausmalen, was draußen, in der Dunkelheit, um die Häuser schlich.
„Auch, wenn das eine Zombie- Apokalypse ist ist…“
Sagte der Knulf, ohne sich umzusehen.
„… bist du einfach zu schreckhaft, Taddl.“
Gerade, als er auf diese Worte etwas erwidern wollte hallten kraftvolle Flügelschläge durch die Nacht. Es hörte sich an, als würde etwas die Luft zerschneiden. Plötzlich landete auf Knulfs ausgestrecktem Arm der größte, prächtigste und majestätischste Adler, den Taddl jemals gesehen hatte.
„Wenn ich vorstellen darf: Der Grund weshalb ich Vollidiot noch lebe. Griffin.“
Mit ruckartigen Kopfbewegungen und stechenden Augen musterte der Adler erst Taddl, dann den Rest der Küche. In seinem spitzen, Hornschnabel baumelte ein dunkelgraues, pelziges etwas, das plötzlich ein panisches Fiepen von sich gab.
Eine Maus.
Der Adler warf das kleine, hilflos zappelnde Ding einmal in die Luft, nur um sie anschließend wieder aufzufangen und ihr, mit seinem kraftvollen Schnabel, das Genick zu brechen.
Zwar war das Knacken leise, doch es ließ einem trotzdem das Blut in den Adern gefriern.
Angeekelt verzog der Knulf sein Gesicht.
„Katzen und Mäuse…“ murmelte er leise, während der Adler damit beschäftigt war seine Beute hinunter zu schlingen.
Taddl wollte schon nachfragen, was er damit meinte, doch sobald Griffin die Maus verschluckt hatte hüpfte er auf die Schulter des Knulfs, tippelte unruhig von einem Bein auf das andere und flatterte immer wieder hastig mit seinen Flügeln, als wollte er gleich losfliegen.
„Wir müssen weg.“
Sagte der Junge plötzlich und begann, nicht von Angst getrieben, aber doch zügig, seine Sachen zusammen zu suchen.
„Und warum?“
„Griffin hat es mir gesagt.“
„Dein Adler hat es dir gesagt…“
„Ja, Taddl und jetzt schau mich bitte nicht so an, als hätte ich dir gerade erzählt der Goldfisch aus dem Nachbarteich würde mich Nachhilfe in Mathe geben! Wenn du mir nicht glauben willst, dann ist das deine Sachen, aber ich werde jetzt verschwinden, denn dieser Adler hat mir schon oft genug das Leben gerettet. Mir liegt etwas daran nicht als Untoter zu enden!“
Der Junge zog sich den noch mit Vorräten gefüllten Rucksack auf die Schulter und sah Taddl, der gut einen Kopf größer war, als er selbst, mit allem Ernst, den er aufbringen konnte in die Augen.
„Du kannst mir glauben, oder nicht, aber ich habe keine Zeit stundenlang auf euch zu warten. Entweder ziehst du deine Freunde jetzt alle aus dem Bett und wir verschwinden so schnell wie möglich von hier, oder ihr könnte hier bleiben, hoffen dass das, was da draußen herum schleicht kein Senf ist und die Türen halten.“
Als Taddl schwieg schüttelte der Knulf nur den Kopf und huschte an ihm vorbei aus der Küche. Nur wenige Sekunden später hörte Taddl, wie die Haustür zufiel.
So stand der Knulf in dem dunklen, verlassenen Dorf, sah nach rechts und links, wandte schließlich dem Hof zu seiner linken den Rücken zu und wanderte, mit Griffin auf der Schulter nach rechts, den steilen Berg hinauf.
Er lief ohne Eile, doch dachte auch zu keiner Sekunde daran stehen zu bleiben. Er verschmolz einfach mit der Dunkelheit der Nacht. Das einzige, was man von dem Knulf noch mitbekam war das Geräusch seiner Schritte eine leise, tiefe Melodie, die der Wind von seinen Lippen pflückte und durch die Stille trug.
„Far over the misty mountains cold
To dungeons deep and caverns old
We must away ere break of day
To seek the pale enchanted gold…“
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Bis zum letzten Tropfen Blut
FanfictionBerlin (Lefloid, Frodo, Steve, Rick) Köln (Taddl, Ardy, Ungespielt, Dner, Herr Bergmann, Izzi, CatyCake, iblali, Tc, Andre) Essen (GermanLetsPlay) „Du versuchst sie zu retten, das ist edel. Du willst deine Freunde retten, aber der Wille allein rei...