Wie Katz' und Maus

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Wie Katz‘ und Maus

Victor

Victor hörte Andres Schrei hinter sich, als er sich gerade durch das verbogene Gitter des Raubtierhauses zwängte. An einer scharfen Kante des Metalls schnitt er sich den Arm auf und er spürte, wie das warme Blut über seine Haut lief. Er wollte umdrehen und seinem Freund helfen, doch hinter sich hörte er, wie die Krallen der Löwin über den Boden kratzten. Es gab keinen Weg zurück. Hinter ihm lag nur der Tod. So schnell Victors Beine ihn trugen hetzte er durch das zerfallene Raubtierhaus, weiter durch den Dschungel, der früher einmal ein Tiergarten gewesen war und versuchte sich krampfhaft an den Weg nach draußen zu erinnern, denn alle Hinweisschilder, die ihm hätten helfen können waren bedeckt von einem grünen Teppich aus Schlingpflanzen. Würde er hier sterben? Es war nicht unwahrscheinlich. Die Angst krallte sich, zusammen mit der Löwin in seinen Nacken, wie sie es schon damals in Köln getan hatte und genau wie damals rannte er jetzt auch um sein Leben. Jedes einzelne Atom Sauerstoff, das er einatmete schien seine Lunge zu verätzen, als er schließlich den Eingang zu der Tiefgarage entdeckte. Iblali könnte sich nur zu gut an den verschlossenen Eingang erinnern, doch er hatte nur zwei Möglichkeiten : Entweder blieb er an der Oberfläche, suchte weiter nach dem weg von dem sie gekommen waren, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis seine Beine müde werden würden, er stolperte und als Mittagessen enden würde. Oder er ging in die Tiefgarage und hatte die verschwindend geringe Chance das Tor irgendwie von innen zu öffnen. Iblali hatte nicht viel Zeit sich zu entscheiden. "Na, stirbst du lieber mit dem freien Himmel über dir, oder unter der Erde, Victor? " Die Stufen waren von unzähligen Füßen ausgetreten worden. Von Familien, die ihren Sonntag hier verbracht hatten. Bevor sie alle gestorben waren. Noch hatten es die Pflanzen nicht hier herunter geschafft, die Betonwände schienen zu dick zu sein, daher war der Anblick, der sich Victor bot beinahe eine Erleichterung. Es wirkte alles so normal... Beinahe kam es ihm vor, als würden Cengiz, Andre, Ju und alle anderen hinter ihm um die Ecke kommen. Lachend und am Leben, als wäre nie etwas passiert. Wie sehr er sich das wünschte... Eine Träne sammelte sich in seinem Augenwinkel und er blieb eine Sekunde lang stehen. Der erste Schlag ihrer Pfote traf Victor genau an seinem rechten Bein. Mit einem panischen Schrei knickte er ein und landete auf dem kühlen Beton. Ein weiterer Hieb drehte ihn auf den Rücken. Die Löwin stand über ihm, eine Pfote auf seine Brust gesetzt, die sich immer noch rasselnd auf und ab bewegte. Ihre Schnauze war keine Hand breit von seinem Gesicht entfernt und der faulige Atem strich heiß über seine verschwitzte Haut, während der Speichel, vermischt mit Blut von den Messerscharfen Zähnen auf die Lippen der Raubkatze lief. Victor konnte jedes einzelne Äderchen sehen, dass ich in den weißen Augen der Löwen verzweigte ,die ihn gierig anstarrten. So würde es also enden? So würde ER also enden? Langsam, fast bedächtig nahm das, Raubtier die Pfote von seiner Brust. Der widerliche Gestank ihres Atems verschwand, als die Löwin einen Schritt von ihm weg machte und ein erwartungsvolles Knurren in ihrer Kehle aufstieg. Katzen, liebe Leser, sind grausame Tiere. Das kann ich aus Erfahrung sagen. Sie töten nicht nur, um zu essen, sondern aus Spaß. Wenn eine Katze eine Maus mit nach Hause bringt, in ihr Revier, muss diese nicht immer tot sein. Oft baumelt das kleine, graue Fellknäul in ihrem Maul, vor Angst und Schock gelähmt, doch sobald sich die tödlichen Zähne lockern und das kleine Ding auf den Boden fällt rappelt es sich auf, fiepst panisch und versucht das Weite zu suchen, krabbelt auf seinen kleinen Pfötchen davon, vor diesem riesigen Wesen, das nach seinem Blut lächzt. Gütig, wie das Raubtier ist gibt es der Beute einen Vorsprung. Die Katze bleibt ruhig liegen und beobachtet mit scheinbaren Desinteresse wie die Maus um ihr Leben rennt, ein Versteck sucht, in das die Pfote mit den nadelspitzen Krallen nicht herein reicht. Manchmal funktioniert es und manchmal eben nicht.

Wenn ich euch jetzt schonen wollte würde ich euch verschweigen, wie hoch das angsterfüllte Fiepsen ist, wenn die nadelspitzen Krallen sich doch durch das graue Fell bohren, um das kleine Ding aus ihrem Versteck zu zerren. Ich würde euch nicht erzählen, dass es kling, wie ein verzweifelter Hilferuf, wenn die Maus durch den Raum geschlagen wird, als wäre sie aus Stoff und ich würde nicht beschreiben, wie die Katze schließlich die Pfote über ihre Beute legt, das graue Ding darunter panisch zappelt, während das Raubtier den Kopf senkt, ein letztes Mal kurz inne hält und schließlich die weißen Zähne in den Nacken der Maus gräbt, bis die Schreie verstummen und der graue Kopf mit den schwarzen Knopfaugen nicht länger auf ihren Schultern ruht. Aber ihr kennt mich. Ich will euch nicht schonen und deshalb sage ich euch, dass anständige Katzen mit ihrem Essen spielen.

Bis zum letzten Tropfen BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt