Kapitel 5

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Ich sitze auf meinem Bett in meinem Zimmer und sehe mir, sehr gelangweilt, eine weitere Folge Vampire Diaries an. Meine Laune liegt irgendwo im Keller und aus meinem Zustand wird es für die nächsten drei Tage keinen Ausweg geben.

Nach meinem Auftritt gestern Abend, als ich gehen wollte, wurde ich am Ausgang aufgehalten. Jack wollte sich auf mich stürzen, wurde aber von seinem besten Freund zurück gehalten. Unser Alpha hat sich währenddessen mit mir befasst. Er war stinksauer, hielt mir eine lange Strafpredigt und beschuldigte mich für so ziemlich alles. Ich sei respektlos, unverschämt und vorlaut. Wie ich es denn wagen könne, einen so angesehenen Gast des Rudels derart zu beleidigen; und dann auch noch zu schlagen! Ich solle ihm sofort aus den Augen gehen. Und wenn ich in den nächsten drei Tagen auch nur in die Nähe der Uni käme, würde ich von der Universität fliegen.

Danach wollte ich eigentlich zurück nach Hause, in die WG, in der ich wohne. Aber da wurde unser Alpha prompt von meinem Vater unterbrochen. Ich liebe meinen Vater sehr, und ich bewundere seine gelassene Art, aber manchmal passt es mir nicht, dass er dem Alpha immer gehorcht und ihm nie widerspricht.
Mein Vater hat sich beim Alpha für mich entschuldigt und beteuert, er würde die nächsten drei Tage persönlich dafür sorgen, dass ich mich benehme.

Lange Rede kurzer Sinn: statt in meinem winzigen, aber gemütlichen WG-Zimmer sitze ich jetzt in dem kleinen Zimmer, in dem ich schon als Kind gewohnt habe, bei meinen Eltern. Und die haben mir auch gleich verboten, unser Haus zu verlassen. Großartig, einfach nur großartig! Ich gehe ein vor Langeweile. Aufgeräumt habe ich schon, etwas zu kochen kommt nicht in Frage, weil kaum Zutaten da sind und meine Freunde sind alle in der Uni.

Ich seufze. Jade hat mir versprochen, gleich nach der Uni zu mir zu kommen, aber bis dahin muss ich mich irgendwie beschäftigen. Schließlich schalte ich meinen Laptop aus und stricke stattdessen ein bisschen. Auch nicht besonders aufregend, aber besser als nichts.

Um etwa 16:30 Uhr kommt endlich Jade. Sie schlägt erst vor, dass wir zusammen erst ins Kino und dann zu Abend zum Chinesen essen gehen. Das klingt so gut, dass ich seufzen muss. Dann erkläre ich ihr, warum das nicht geht. Hausarrest. Man sollte meinen, dass ich, mit 22 und nicht mehr bei meinen Eltern wohnend, meine Entscheidungen selbst treffen könnte. Normalerweise ist das auch der Fall. Aber wenn es um Situationen wie diese geht, die durchaus gefährlich für mich sein können, werden meine Eltern gelegentlich sehr energisch. Und da ich, vor allem was mein Studium betrifft, immernoch teilweise von ihnen abhängig bin, beschwere ich mich nicht. Schließlich machen sie sich im Grunde nur Sorgen um mich und ich kann sie ja verstehen.

Also bestellen wir stattdessen Pizza. Während wir auf den Pizzaboten warten, reden wir miteinander.

"Das du nicht zur Uni darfst, ist total doof. Du verpasst einiges. Außerdem habe ich jetzt niemanden mehr, mit dem ich in der Uni abhängen kann." Jade seufzt. Ich hebe überrascht die Augenbrauen. "Niemanden? Wirklich?" sage ich verwundert. Jade zuckt traurig mit den Schultern. "Mike ist mit Luís nach Portugal gegangen, Miranda mit Jack nach Tennesse und Jacob ist ja tot. Außer euch habe ich keine Freunde."

Stimmt. Ich auch nicht, mit Ausnahme von ihr. Klingt soweit logisch, aber ein Teil ihrer Aussage springt mir ins Auge. "Moment mal, Miranda ist mit Jack mitgegangen? Trotz der Sache mit Jacob? Wieso hat sie ihn nicht abgelehnt?" Völlig erstaunt sehe ich Jade an.
Sie hebt die Augenbrauen. Nach kurzem Zögern sagt sie schließlich: "Jack ist ein Alpha. Das bedeutet, sie darf ihn zwar ablehnen, muss ihm aber zuerst eine Chance geben. Sonst würde sie sich sowohl mit ihrem, als auch mit seinem Rudel anlegen. Außerdem war es ja immer ihr Traum, die Mate eines Alphas zu sein. Und man kriegt im Leben nur einen Mate. Also ist sie erstmal mit ihm mitgegangen."

Ich schüttele den Kopf. Ich hätte den Kerl trotzdem nicht begleitet. Aber gut, ihre Sache.

"Aber jetzt mal Schluss mit Trübsal blasen! Es gibt auch gute Neuigkeiten." meldet sich Jade wieder zu Wort. Skeptisch sehe ich sie an. "Ich bin für die nächsten drei Tage in diesem Haus eingesperrt, habe es mir mit dem Alpha verscherzt und drei meiner Freunde verloren. Obwohl, na gut, Jacob war eigentlich nicht mein Freund, aber trotzdem. Da bin jetzt aber gespannt; gute Neuigkeiten?"

Jade grinst. "Heute ist Mittwoch. Das heißt, am Samstag darfst du wieder raus. Und just an diesem Samstag findet auf der Sportwiese der Uni ein kleines Open Air Kino statt. Sie zeigen Das Schweigen der Lämmer."

Langsam breitet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Wenn es unter all den Veranstaltungen der Uni ein Highlight gibt, dann ist es definitiv das Kino. Okay, momentan habe ich Hausarrest. Aber jetzt habe ich etwas, worauf ich mich freuen kann, wenn ich hier wieder rauskomme.

Jade sieht mein Lächeln und fügt noch schnell hinzu: "Es wäre allerdings gut, wenn du dich zurückhalten könntest, falls irgendwas ist. Jetzt, wo einige der jungen Alphas noch geblieben sind, um Geschäftsbeziehungen zu besprechen, werden in den nächsten Tagen auch ein paar ältere Alphas anreisen. Für sie ist das sehr günstig, so sparen sie im Grunde ihre nächsten zehn Geschäftsreisen, indem sie gerade jetzt nur eine unternehmen. Unter anderem sollen auch ein paar kommen, die relativ bekannt sind für ihre Kaltblütigkeit. Carlos Rodriguez und Blake Arterton, zum Beispiel. Sei also bitte vorsichtig, Merry."

Ich ziehe einen Mundwinkel nach oben. Wie hoch wäre wohl die Wahrscheinlichkeit, einem dieser Alphas zu begegnen? Meiner Einschätzung nach, eher gering. Also, was soll schon schiefgehen?

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