Kapitel 64

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"Ich hör wohl nicht richtig! Denkst du allen Ernstes, ich würde mein Studium komplett aufgeben um Hausmütterchen zu spielen?? Bist du mir mal begegnet? Nein, nein, mein Lieber! Ich werde mein Studium bestenfalls unterbrechen, aber abbrechen kommt nicht in die Tüte!!" sage ich verärgert, nachdem ich Russells Worte wahrgenommen habe. Der Kerl sollte mir jetzt besser zustimmen! Wenn er hier kein totales Disaster provozieren will!

Was aber tatsächlich sein Ziel zu sein scheint. "Hör mal, Mädchen! Ich weiß, bei Menschen aus deinen Verhältnissen müssen manchmal auch die Frauen arbeiten. Aber Fakt ist: Frauen sind einfach nicht zum Arbeiten geschaffen! Sie sind zarter und schwächer als Männer. Damit sind sie perfekt für die Kinderpflege und die leichte Hausarbeit geeignet. Aber im Grunde sind Frauen wie Blumen: zart und zerbrechlich. Wenn sie wollen, dass es ihnen gut geht, brauchen sie dafür einen anständigen Mann an ihrer Seite. Sieh dir dein Leben an, wenn du mir nicht glaubst! Du bist voll und ganz von Blake abhängig! Oder denkst du allen Ernstes, dein altes Rudel würde erlauben, dass du ihn verlässt? Ha! Niemals! Sie würden dafür sorgen, dass dein Vater gefeuert wird und keiner von euch je wieder Arbeit findet." erwidert Russell verächtlich.

Johanna nickt zustimmend. Blake scheint wütend. "Dad!" beginnt er. Er sieht so aus, als ob er seinem Vater jetzt die Leviten lesen will.

Aber ich komme ihm zuvor.
"Du bist vermutlich der sexistischste, arroganteste Mistkäfer, der mir je untergekommen ist! Dass DU es nötig hättest, deiner Mate derart zu drohen, wundert mich nicht! Warum sollte sie sonst bei dir bleiben! Aber bei deinem Sohn ist das anders! Ich bleibe bei Blake nur aus dem einen Grund: weil ich bei ihm sein WILL!! Wenn ich das nicht wollen würde, könnte ich auch einfach zu meiner Großmutter gehen! Sie hat mir nämlich angeboten bei ihr zu leben, am selben Tag an dem Blake mich entdeckt hatte!"

Für meine letzten Worte ernte ich erstaunte Blicke. Von allen Anwesenden. "Ach ja, und bevor du fragst: Nein, sie arbeitet nicht mehr, ihre Rente ist gesichert und sie lässt sich auch garantiert nicht von dir einschüchtern!! Sie ist nämlich genau so ein Hitzkopf wie ich, nur krasser!" füge ich noch hinzu.

Russell starrt mich völlig perplex an. Er muss sich mit der neuen Erkenntnis auseinandersetzen, dass meine Anwesenheit hier offenbar doch nicht garantiert ist. Ich glaube, damit kann er nicht umgehen.
Johanna hingegen schüttelt ungläubig den Kopf und sagt: "Damit ich das richtig verstehe: deine eigene Großmutter? Hat dir angeboten zu ihr zu ziehen? Als sie erfahren hat, dass du deinen Mate gefunden hast? Das kann doch gar nicht sein!! Mate bedeutet Lebensgefährte!! Keine Großmutter, der etwas an ihrer Enkelin liegt, würde davon abraten, für immer bei ihrem Mate zu bleiben!"

Ich schürze die Lippen. Jetzt betreten wir hier ein kompliziertes Feld.
Nach kurzem Überlegen sage ich: "Grandma hat mir nicht gesagt, ich soll nicht mit ihm gehen. Sie sagte, ich zitiere: 'Hör mal, Kleine, das mit dem Matesein ist eine schwierige Sache! Am besten, du machst ihm von Anfang an klar, dass du eine selbstdenkende Person bist und nicht sein Eigentum! Das raffen diese Hohlköpfe nämlich meistens nicht! Und wenn du feststellst, dass du den Kerl nicht willst, kannst du jederzeit zu mir kommen! Du weißt ja, Familie passt immer aufeinander auf!'"
Als ich fertig mit reden bin, fängt Blake an zu grinsen. "Deine Großmutter scheint eine ziemlich robuste Frau zu sein." meint er schmunzelnd.

Ich grinse zurück. "Das ist sie auch! Sie ist zäh und gleichzeitig total warmherzig! Oh, und bevor ich es vergesse: Russell, du sagtest doch vorhin, Frauen seien zart und zerbrechlich? Tja, ich glaube, ich würde dir gerne meine Großmutter vorstellen und dann einen der örtlichen jungen Werwölfe im 1-1 Fußballmatch gegen sie antreten lassen. Sie würde ihn so was von wegfegen!" Bei der Vorstellung davon, wie Grandma Ryan beim Fußball im Staub lässt, muss ich wieder lachen.

Meine Großmutter ist eine sehr talentierte Frau, das wusste ich schon. Aber heute erfahre ich, dass sie sogar Johanna und Russell Arterton zum Schweigen bringen kann, ohne überhaupt selber anwesend zu sein. Ich mache eine geistige Notiz, sie definitiv demnächst mal einzuladen. Und da wir gerade schon mal beim Thema sind, erzähle ich als Nächstes meine persönliche Lieblingsgeschichte über meine Großmutter.

"Was ich dir schon länger mal erzählen wollte, Blake: als ich geboren wurde, waren sich meine Eltern noch nicht einig, wie sie mich nennen würden. Sie schwankten zwischen Lily, Daisy und Mercedes. Da hat meine Großmutter ihnen ihre Meinung gesagt. Sie sagte, ich würde in einer Welt voller Wölfe aufwachsen, also bräuchte ich einen starken Namen. Lily und Daisy sind ja Blumennamen, also hat meine Großmutter meinen Eltern gesagt, das würden sie mir doch bitte nicht antun wollen. Und als sie von der Idee gehört hat, mich Mercedes zu nennen, sagte sie: Das ist goldrichtig! Blumen sind fragil und können nichts außer hübsch aussehen. Aber in einem anständigen Mercedes stecken gut und gerne 300 PS. DAS ist doch mal ein starker Name!! Natürlich war ich nicht persönlich dabei, als sie das gesagt hat. Aber meine Mom kriegt diesen Satz bis heute nicht aus dem Kopf." sage ich.

Blake lacht. Johanna und Russell stehen auf, murmeln eine Entschuldigung und flüchten.

Als Blake und ich wenig später im Bett liegen, streicht mein Mate mir durchs Haar und fragt: "Sag mal, deine Großmutter scheint ja viel über Mateverbindungen zu wissen, Merry. Woher weiß sie von der besitzergreifenden und eifersüchtigen Natur eines neugefundenen Mates?"

"Sie hat Erfahrungen gesammelt mit ihrem eigenen Mate." antworte ich.

Erstaunt lässt Blake seine Hand sinken. "Moment mal! Deine Großmutter hat einen Mate? Heißt das, du bist ein Viertel Werwolf?" sagt er entgeistert.

"Nein, bin ich nicht. Aber das ist eine lange Geschichte. Ich erzähle sie dir ein andermal." antworte ich schläfrig.

Blake gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Wir werden morgen weiterreden. Ich kuschele mich an ihn und höre wie er noch ein "Gute Nacht, Süße!" flüstert, bevor ich einschlafe.

Ihr Lieben,
Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel! Wie immer gilt, haltet euch bitte nicht zurück wenn es um Kommentare geht! 😅

Und es gibt Neuigkeiten: ich habe vor, eine Geschichte über Merrys Großmutter zu schreiben. Die wäre dann nicht so lang wie diese hier, aber (höchstwahrscheinlich) trotzdem lesenswert. 😊 Was haltet ihr davon?

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