Die Lasagne riecht köstlich, als Blake sie schließlich aus dem Ofen zieht. Ich stehe dabei neben ihm und als er sie rausholt, hole ich hinter meinem Rücken eine Gabel hervor."Ich finde, es sollte auf jeden Fall jemand testen, ob die Lasagne auch gut ist. Und da ich zufälligerweise gerade eine Gabel parat habe..."
"Vergiss es!". Leider funktioniert mein genialer Plan nicht. Blake bringt die Lasagne sofort aus meiner Reichweite raus und geht dann mit ihr zum Esszimmer. "Auf gar keinen Fall wirst du hier die Lasagne vernaschen, bevor sie überhaupt am Tisch angekommen ist." bestimmt Blake.Ich seufze theatralisch. Na gut, dann halt auf die zivilisierte Art. Aber wenn der Kerl versucht, mir meinen Anteil der Lasagne wegzunaschen, kriegt er es mit mir zu tun!
Wir setzen uns an den Tisch. Das Esszimmer befindet sich direkt neben der Küche und ist, vom Stil her, genauso gehalten wie selbige. Die Wände sind weiß und die Einrichtung ist hauptsächlich in grau, silber oder schwarz gehalten. Stilvoll und modern, mit viel Platz. Nicht übel.
Nachdem wir uns jeweils die erste Portion Lasagne genommen haben, merke ich, dass Blake mich nachdenklich ansieht. Ich frage: "Ist was?"
Er zögert einen Moment, sagt dann aber was los ist."Ich frage mich schon seit Tagen, wie dein Umgang mit den Werwölfen in deinem alten Rudel vonstatten gegangen ist. Ich weiß, du kannst ein ziemlicher Hitzkopf sein; wenn du irgendetwas nicht in Ordnung findest, legst du dich mit den Verantwortlichen an. Ich kann mir vorstellen, dass es viele Schwierigkeiten gegeben hat. Erzähle mir davon, bitte."
Das ist es also. Hmm. Gut, ich gebe zu, logisch ist das irgendwie schon. Also erzähle ich.
"Ich bin, wie du dir sicher denken kannst, oft in Schwierigkeiten geraten. Das fing schon mit diesem Werwolfmädchen an, die mir mein Springseil weggenommen hatte. Nachdem ich sie geschlagen hatte, ist sie heulend zum Lehrer gerannt. Der war auch ein Werwolf. Und er hat mich für mein Verhalten ausgeschimpft und bestraft, ohne sich meine Rechtfertigungen anzuhören. In etwa so lief es seither regelmäßig ab. Ich habe etwas unfair gefunden, ich habe mich mit den Idioten angelegt, die das verzapft haben, ich habe meistens den Kürzeren gezogen und wurde hinterher fast immer dafür verantwortlich gemacht.
Meistens war es etwas Nebensächliches, sodass sich selten jemand dafür interessiert hat. Ich habe die Leute zurechtgewiesen, die über jemanden lachten und lästerten, weil derjenige keine drei Bierkästen stemmen konnte, was im Grunde bei allen Menschen der Fall ist, aber bei den wenigsten Werwölfen. Oder ich habe die Teenagergang in unserer High School angemotzt, sie sollen die Omega in Ruhe lassen, als sie gerade dabei waren, sie zu mobben. Das ging natürlich nach hinten los. In beiden Fällen wurde ich verprügelt. Bis ich dreizehn war oder so, habe ich mich noch manchmal bei irgendwelchen Erwachsenen beschwert. Aber das hat nie etwas gebracht. Die Werwölfe in meinem ehemaligen Rudel hielten sowieso alle zusammen, sie kümmerten sich nicht um ein kleines Menschenmädchen wie mich. Und alle erwachsenen Menschen haben sich nach den Wölfen gerichtet und sich nicht getraut, sich ernsthaft mit ihnen anzulegen.
Die heftigste Auseinandersetzung, die ich bisher hatte, war vor einem Jahr. Kyle, der Sohn des Alphas, feierte seinen 24. Geburtstag. Eigentlich hatte ich damit nicht viel zu tun, aber blöderweise fingen er und seine Freunde schon Mittags in der Uni an, zu randalieren. Sie waren schon angetrunken und erzählten überall herum, dass es später eine Riesenparty geben würde und jeder eingeladen sei. Dann blieb Kyle bei mir und Jade stehen und verzog angewidert das Gesicht. Er verkündete laut, dass jämmerliche Menschen und schwache Missgeburten, wie ich und Jade, natürlich nicht eingeladen wären. Er lachte uns mit seinen Freunden aus und machte sich darüber lustig, dass wir zwei so schwach und hässlich seien. Mir machte das zwar etwas aus, aber zuerst konnte ich mich noch beherrschen. Nur Jade wirkte von Kyles Beleidigungen verletzt. Kyle sah das und begann, noch schlimmer auf ihr rumzuhacken.
Da ist mir der Kragen geplatzt! Ich habe ihm eine runtergehauen und ihm ordentlich die Leviten gelesen! Unter anderem bezeichnete ich ihn in meiner Strafpredigt als oberflächlich, bekloppt und... ähh... 'selber hässlich'."
Blake versucht, sein breites Grinsen hinter seiner Hand zu verstecken. Umsonst, ich sehe es ja doch.Beim nächsten Teil meiner Erzählung vergeht ihm allerdings das Lachen.
"Nach ein paar Schreckenssekunden hat Kyle sich wie ein Irrer auf mich gestürzt. Dabei verwandelte er sich sogar. Und als Wolf war er noch gefährlicher als sowieso schon, das wussten auch alle Umstehenden. Deshalb zogen sie ihn von mir weg. Aber da war es für meinen linken Arm schon zu spät. Kyle hatte mich so fest in den Arm gebissen, dass der Knochen brach und ich eine Menge Blut verlor. Er tobte und war völlig außer sich.
Der Vorfall wurde dem Alpha gemeldet. Der bestellte uns beide in sein Büro. Kyle jammerte seinem Papa etwas vor, zum Thema es sei alles nur meine Schuld. Er wusste, dass jeder sehen konnte, dass das nicht stimmte. Aber er wusste auch, dass sein Vater trotzdem lieber mich bestrafen würde als ihn. Zu dem Zeitpunkt mochte mich der Alpha nämlich schon nicht, weil ich schon öfter durch mein bockiges Benehmen aufgefallen war. Also behauptete er, Kyle zu glauben und bestrafte mich. Die Narbe kann man immernoch sehen.
Auch wenn sie im Moment von einem blauen Fleck verdeckt wird. Den habe ich vor etwa einer Woche vom Betassohn bekommen, weil ich ihm meinen Brownie nicht geben wollte."Jetzt sieht Blake mich bedauernd an. Er nimmt meine Hand und sagt: "Es tut mir leid, dass du so behandelt wurdest. Wenn ich mir das so anhöre, klingt es richtig abstrus. Es muss sehr schwer für dich gewesen sein."
Ich lächele schief. "Ja, das meiste war übel, aber einige Sachen hatten auch was Gutes." Blake hebt fragend die Augenbrauen.
"Seit ich mich für sie eingesetzt habe, sind die Omega und ich die besten Freundinnen der Welt! Du kennst sie übrigens. Jade."
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Die Luna
WerewolfAls Mensch inmitten eines Werwolfsrudels hat man es wirklich nicht leicht. Aber ich komme damit klar. Und das werde ich auch in Zukunft. Zumindest hatte ich das geplant. Und außerdem noch echt gut durchdacht! Aber dann hat einer dieser Wölfe festges...