Kapitel 28

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Nach dem Essen gehe ich ins Wohnzimmer und überlege, was wir wohl mit dem Rest des Abends machen könnten. Immerhin ist es gerade mal 9 Uhr. Fernsehen? Nein, das wäre zu langweilig. Wobei... wenn man es mit Kuscheln verbinden würde, wäre es vielleicht wert, in Betracht gezogen zu werden... oder vielleicht doch lieber Spielen? Karten oder so? Oder Lesen? Hmm... klingt beides nicht besonders spannend.

Da kommt Blake ins Wohnzimmer. Er setzt sich neben mich. Ich sehe ihn an und frage: "Sag mal, hast du eine Idee, was wir jetzt noch machen könnten?"
Er grinst. "Ich freue mich, dass du fragst. Ja, ich hätte da tatsächlich eine Idee. Erinnerst du dich noch an die Jungs von vorhin? Philipp und seine Freunde werden heute Abend noch ins Rudelhaus gehen, genau wie viele Andere aus dem Rudel. Es wird Musik und Getränke geben. Hättest du Lust, auch da hin zu gehen?"
Der Gedanke gefällt mir. Außer Blake und seiner Familie kenne ich hier bisher eigentlich niemanden so richtig. Das heißt, wenn man Elena nicht dazuzählt. Gesichter habe ich schon viele gesehen. Es wäre schön, zu diesen Gesichtern ein paar Namen zu kriegen. Also sage ich: "Gerne, bin dabei. Was soll man bei so einem Zusammenkommen anziehen? Die in meinem Rudel habe ich immer gemieden."

***

Eine Stunde später stehe ich in Jeans und rot-blau kariertem Hemd im Rudelhaus. Wieder starren mich viele Leute an. Aber Blake ignoriert sie und führt mich zielstrebig zur Bar. Hinter der Theke steht eine große, stark tätowierte Blondine, die etwa in Blakes Alter zu sein scheint. Blake lächelt sie an. "Hi Tori, wie geht es dir? Darf ich dir meine Mate vorstellen?"
Tori hebt die Augenbrauen und betrachtet mich interessiert. Dann sagt sie: "Und ob du das darfst! Immerhin spricht seit Tagen die ganze Stadt von ihr. Es wurde auch höchste Zeit, dass ich sie mal kennen lerne." Sie baut sich vor mir auf und scannt mich mit ihren Augen einmal ganz genau ab. Dann sagt sie: "Hey Kleine. Tori Henderson. Ich arbeite in der Westernbar in der Stadt. Nur an Wochenenden bin ich hier und verdiene mir 'n bisschen was nebenbei. Ist ganz cool hier Sonntags."

Ich lächele sie an. "Hey Tori. Ich bin Mercedes, Mercedes Taylor. Freut mich sehr, dich kennen zu lernen."
Sie lächelt auch ein bisschen, hört aber sofort wieder damit auf und sieht mich neugierig an. "Und du bist also tatsächlich Blakes Mate?" Ich nicke. Sie wirkt plötzlich sehr nachdenklich als sie fortfährt: "Das ist schon gewaltig! Normalerweise wundert man sich, wenn jemand seine Mate doch noch findet im Alter von 25. Aber mit Ende 30... von sowas hab' ich wirklich noch nie gehört. Aber", an der Stelle fängt sie wieder an zu lächeln, "sobald sich die Anderen an den Gedanken gewöhnt haben, werden sie auch weniger zurückhaltend sein und dich auch mal begrüßen kommen. Keine Sorge Kleine, das wird schon! Was zu trinken?"

Ich entscheide mich für einen Vodka Martini. Blake nimmt einen Scotch. Er  führt mich zu einer kleinen Gruppe von Leuten im Alter zwischen 30 und 40. Julia befindet sich unter ihnen. Sie steht da, Arm in Arm mit einem blonden Mann, der etwa so alt zu sein scheint wie sie.
"Hey, ihr zwei! Mann, Blakey, ich dachte schon, du bringst sie nie mit! Bedenke, du kannst uns deine Süße nicht ewig vorenthalten." begrüßt uns Julia, fröhlich wie immer. Ich umarme sie. Aber bevor ich etwas sagen kann, redet sie weiter: "Das hier ist mein Mate und Ehemann, Julian. Kennst du schon die Geschichte, wie wir uns kennen gelernt haben? Nein, warte, ich will das erzählen.

Also: Früher sind Julian und ich auf dieselbe Schule gegangen. Wir fanden es damals schon witzig, dass unsere Namen sich nur durch einen Buchstaben voneinander unterscheiden. Und das ich nur einen Tag nach ihm Geburtstag habe! Wir sind also fast gleich alt und heißen fast gleich! Irgendwann wurden wir ein Paar, mit fünfzehn, glaube ich. Von unseren Eltern haben wir aber erfahren, dass wir aufhören würden, einander zu lieben, wenn wir unsere Mates finden. Das fanden wir sehr traurig. Aber dann haben wir an Julians 18. Geburtstag festgestellt, dass ich seine Mate bin! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich wir waren!!! Und wir sind es auch immer noch! Nur, dass wir mittlerweile zwei Kinder haben. Ich fand es immer traurig, dass Blake seine Mate damals nicht gefunden hat, während Mickey und ich so glücklich wurden. Aber jetzt hat er dich ja doch noch gefunden!! Darauf müssen wir anstoßen!"
Sie wirkt dezent angetrunken.

Ihr Mann Julian lacht mit ihr und stützt sie. Dann nickt er mir freundlich zu und sagt: "Freut mich, dich kennen zu lernen."
Außer Julia und Julian steht noch ein braunhaariger Mann da. Er sieht aus wie Anfang 30 und hat Ähnlichkeiten mit Blake und Julia. Ich traue mich zu fragen: "Bist du Michael?" Der Mann lacht und nickt. "Schuldig im Sinne der Anklage! Bist offenbar nicht ganz dumm, Mädchen."
Ich verdrehe leicht die Augen bei dem Wort 'Mädchen', muss aber trotzdem lächeln. Immerhin scheint Michael sonst ganz okay zu sein.

Wir quatschen eine Weile lang über Belanglosigkeiten. Irgendwann entschuldige ich mich und suche den Weg zur Toilette. Dabei stoße ich auf Philipp und seine Freunde. Ersterer grüßt mich gut gelaunt. Christopher und Tom nicken kurz und Ryan und Aidan tun so, als würden sie mich gar nicht bemerken.
Ich überlege einen Moment, dann entscheide ich, dass ignorieren keine Lösung ist. Also gehe ich zu ihnen hin.

"Hey, Leute! Gut, dass ich euch hier treffe. Ich wollte euch fragen, ob ihr zufälligerweise auch studieren geht, an der Uni hier in der Nähe?!?" beginne ich das Gespräch. Gemessen an der Art, wie Aidan und Ryan mich ansehen, wusste ich auf die Schnelle keinen besseren Gesprächsanfang.
Es ist Christopher, der mir antwortet. "Ja, wir studieren alle an der Uni. Aber was meinst du mit 'auch'?". Er wirkt verwundert. Ich kläre ihn auf: "Damit meine ich, dass ich auch da studieren werde. Ich habe mich für das kommende Semester eingetragen."

Die Jungs sehen mich verblüfft an. Schließlich bricht Ryan die Stille: "Was, DU willst mit an die Uni? Schlimm genug, dass du jetzt offenbar die Luna bist, aber das? Wenn ich schon mit einem kleinwüchsigen Menschen als Luna leben muss, hätte ich wenigstens an der Uni gern etwas Auszeit davon!!"

Na super, jetzt geht DAS wieder los! Genau wie in meinem alten Rudel! Und da hat man mir gesagt, mein Leben würde sich durch diese 'Mate des Alpha'-Sache ändern!
Ganz offensichtlich Quatsch mit Soße!

Die LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt