Kapitel 9

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Das Frühstück ist köstlich. Allerdings fühle ich mich ein bisschen unwohl in der Gesellschaft. Womit nicht Blake gemeint ist. Wir befinden uns im nobelsten Hotel des Rudelterritoriums. Ich kenne die meisten Anwesenden und sie mich großteils auch. Allerdings sind es keine angenehmen Bekanntschaften. Die meisten kennen mich, weil ich mich mal mit ihnen oder ihren Freunden oder Verwandten angelegt habe. So wie die Sache mit Malcolm. Das ist hier relativ oft passiert.

Blake spürt meine Nervosität und fragt, ob etwas nicht stimmt. Ich antworte nur, dass ich hier einige der Leute kenne und diese nicht mag. Blake scheint mir das nicht ganz abzukaufen, aber er belässt es vorerst dabei.

Die Packerei in meiner WG dauert kaum eine Stunde. Was vor allem daran liegt, dass mein Zimmer winzig ist und ich nicht viele Dinge besitze, die es wert wären, mitgenommen zu werden. Die Möbel habe ich großteils von meiner Vormieterin übernommen und hinterlasse sie jetzt meiner Nachmieterin. Den anderen Mädels aus meiner WG sage ich nur kurz Lebwohl. Besonders viel hatten wir nie miteinander zu tun.

Zu Mittag gehen Blake und ich zu meinen Eltern. Jade ist auch da. Ich fühle mich ein wenig unsicher und da bin ich nicht allein. Jade hat sich offenbar an den Gedanken gewöhnt, aber zuweilen wirkt sie immernoch etwas besorgt. Schließlich hatte sie mich vor Blake gewarnt bevor er auftauchte. Sie hatte gemeint, er sei für seine Kaltblütigkeit bekannt. Ein Gerücht, das ich bisher wirklich nicht nachvollziehen kann.

Meine Eltern verhalten sich auch ungewöhnlich. Meine Mutter scheint Angst zu haben und ist ganz blass. Mein Vater hingegen betrachtet Blake aus zusammengekniffenen Augen abschätzig. Ihn lässt die Tatsache, das Blake ein Alpha ist, sowie sein Ruf völlig kalt. Er versucht einzuschätzen, ob Blake auch gut genug für mich ist.

Blake bemerkt das alles recht schnell und benimmt sich vorbildlich. Er ist freundlich, witzig und charmant zu allen, was die Spannung beim Essen zumindest etwas mildert. Meine Mutter und Jade werden schließlich geselliger und unterhalten sich mit ihm.

Ich beteilige mich nur wenig an ihren Gesprächen. Irgendwann gehe ich zu meinem Zimmer und packe noch ein paar Kleinigkeiten ein, die ich mit in mein neues Zuhause nehmen möchte. Da kommt mein Vater in mein Zimmer. Er sieht mich besorgt an. Dann seufzt er. "Nimm's mir nich übel, aber ich mach mir echt Sorgen. Der Kerl da unten scheint ja ganz okay, soweit, aber trotzdem. Pass bloß auf! Mit deinem Temperament hast du schon genug Ärger gekriegt. In diesem anderen Rudel werd ich dann nicht mehr da sein um dich aus der Patsche zu holen." Er rümpft die Nase. "Außerdem ist dieser Kerl zu alt für dich! Der soll sich gefälligst Eine in seinem Alter suchen." Ich muss grinsen. Allerdings nicht lange. Dann kommen mir plötzlich die Tränen. Es stimmt. Ich werde heute von hier wegfliegen und von nun an weit entfernt von hier wohnen. Ich werde meine Eltern und Jade nur noch selten sehen können.
Mein Vater umarmt mich. "Ist ja gut, kleiner Fratz. Es ist ja kein Abschied für immer. Denn wenn der Kerl versucht, mich von dir fernzuhalten, dann schwör' ich bei Gott, ich zerleg' dem das Haus!" Bei der Vorstellung muss ich kichern.

"Gut zu wissen." höre ich in diesem Moment Blakes Stimme an der Tür. Er steht im Türrahmen und wirkt leicht amüsiert. Ich grinse ihn diabolisch an. "Mal sehen, ob du immernoch so lächelst, wenn du erfährst, wie gut mein Dad Häuser zerlegen kann. Er arbeitet nicht umsonst seit Jahren als Hausmeister." Blake lacht nur. Dann kommt er auf mich zu und legt einen Arm um mich. "Bist du dann fertig? Wir sollten langsam mal los, ich will nicht erst heute Nacht losfliegen." Damit ist meine gute Laune auch schon wieder weg und ich bin wieder kurz davor zu weinen. Blake bemerkt es und umarmt mich. Dann sagt er:"Nimm dir Zeit, um dich zu verabschieden. Ich warte draußen im Auto auf dich." Und mit diesen Worten verlässt er das Zimmer.

Ich umarme meine Eltern und Jade minutenlang. Die Tränen versuche ich dabei gar nicht zurück zu halten. Ich bin traurig darüber, meine Familie und meine Freundin zu verlassen. Und dafür schäme ich mich nicht. Schließlich begleiten mich alle drei nach draußen und ich steige in das schwarze Auto, in dem Blake schon auf mich wartet.

Auf dem Weg zum Flughafen nimmt Blake meine Hand in seine. Er sieht wohl, dass ich geweint habe. Aber ich möchte jetzt kein Mitleid. Deswegen beeile ich mich, ihm zuerst eine Frage zu stellen, um ihn abzulenken. Damit er jetzt bloß nicht auf meine Familie zu sprechen kommt. Außerdem hätte ich ihm diese Frage schon viel früher stellen sollen. "Wo befindet sich dein Rudel eigentlich?"

Blake ist ein bisschen überrascht, antwortet mir aber: "Am Yukon, in Alaska.". Dabei sieht er mich etwas unsicher an, als ob er erwarten würde, dass mich die Vorstellung, in einer so abgelegenen und kalten Gegend zu leben, stören wird.

Aber als er mein Gesicht sieht, verschwindet seine Unsicherheit.

Ich strahle bis über beide Ohren. Auf der Liste mit Orten, die ich gerne einmal sehen möchte, befindet sich Alaska sehr weit oben.

Meine Reaktion auf seine Worte verläuft dementsprechend. "Wann sind wir da?"

Die LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt