Kapitel 38

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Eve nimmt einen weiteren Schluck Kaffee aus ihrem To-Go-Becher. Wir sind zuerst zu einem kleinen Café in der Nähe gegangen und sitzen jetzt mit unseren Kaffees bei Eve Zuhause. Ihre Wohnung ist klein, aber da ihre Mitbewohnerin gerade nicht da ist, haben wir sie momentan für uns allein.

"Nächste Frage: die Pest wird oft direkt mit dem Mittelalter in Europa in Verbindung gebracht. Inwiefern ist das richtig beziehungsweise falsch?" fragt sie mich. Ich muss nicht lange überlegen, den Teil kenne ich.
"Das Mittelalter war etwa von 600 bis 1500. Die erste bestätigte Pestwelle in Europa begann aber erst 1347. Folglich hat die Pest zwar im Mittelalter begonnen, aber erst im letzten Drittel. Und sie war auch nicht vorbei als das Mittelalter in die Renaissance überging. Tatsächlich gibt es die Pest heute noch in einigen Gebieten der Erde, wenn auch nur noch in kleinem Ausmaß. Und ihren Namen hat die Pest erst um 1890 bekommen, wegen einer Pestpandemie in Südasien."

Eve nickt. "Dass das mit der Namensgebung so relevant ist, wage ich mal zu bezweifeln. 1890 ist definitiv nicht mehr Mittelalter." schmunzelt sie leicht.

"Ne, aber interessant ist es trotzdem." grinse ich. Eve schüttelt den Kopf.
"Du bist so was von nerdy! Ich finds niedlich! Und ich verstehe langsam, wieso ausgerechnet du die Gefährtin vom Alpha bist. Der ist nämlich mindestens genauso wissbegierig wie du." sagt sie neckend.

Ich hebe erstaunt die Augenbrauen. "Wirklich? Das habe ich bisher gar nicht bemerkt." sage ich leicht überrascht. Eve schmunzelt.

"Das kann möglicherweise daran liegen, dass er sich mehr für gesellschaftliche Dinge interessiert als für historische. Aber ich glaube, wenn man als Beispiel mal das Thema gesellschaftliche Probleme während der Renaissance aufbringen würde, könntet ihr beide wahrscheinlich tagelang dasitzen und nur noch miteinander quatschen." Während ihrer letzten Worte fängt sie an zu grinsen.

Ich erwiedere. Dann stelle ich ihr eine Frage, die mir schon seit einiger Zeit auf der Zunge brennt.
"Was ist eigentlich mit dir? Hast du auch einen Mate? Oder vielleicht einen Freund oder eine Freundin?"

Ihr Grinsen verschwindet. Sie sieht für einen Moment sehr melancholisch aus. Als würde sie um jemanden trauern. Bevor ich sie jedoch fragen kann, ob sie jemand besonderen verloren hat, sagt sie: "Nein, ich bin single. Und bisher hatte ich auch noch nie eine Beziehung. Aber darüber will ich nicht reden. Können wir stattdessen weiter lernen?"
Ich nicke. Eigentlich würde ich sie gerne fragen, was wirklich los ist, aber ich merke, dass sie nicht darüber reden will. Also nehme ich mir stattdessen vor, sie ein Andermal zu fragen.

***

Es ist schon fast Mitternacht als ich zurück nach Hause komme. Kurz bleibe ich vor dem Haus stehen und betrachte es. Es sieht toll aus im Mondlicht. Genau so hat es auch schon ausgesehen, als ich zum ersten Mal hier hergekommen bin. Allerdings war ich damals einfach nur müde, während ich mich jetzt eher gut fühle. Ich fühle mich sehr gut auf den Test vorbereitet. Und ich weiß, dass da in dem Haus mein Mate und Freund auf mich wartet. Okay, warten wäre vielleicht nicht so ganz das richtige Wort dafür. Vermutlich ist er einfach schon ohne mich ins Bett gegangen. Aber trotzdem.

Ich habe mich nicht geirrt. Blake liegt tatsächlich schon im Bett und schläft. Und meine Fresse, sieht der süß aus wenn er schläft!! So richtig niedlich! Ich setze mich vorsichtig auf die Bettkante und sehe ihn an. Der Anblick ist äußerst angenehm! Ich merke, wie sich ein sehr breites Lächeln auf meinem Gesicht bildet. Gerade überlege ich, ob ich diesem zum Auffressen süßen Typen durch die Haare streichen könnte ohne ihn aufzuwecken, da fängt selbiger plötzlich an zu reden.

"Guten Abend Mercedes. Wenn du fertig bist mit der Beobachtung darfst du dich mir gerne im Bett anschließen."
Während er das sagt, öffnet er die Augen und sieht mich an. Ohne zu blinzeln. Er hatte also noch gar nicht geschlafen.

"Danke für das großzügige Angebot. Ich werde es in Betracht ziehen. Aber ich dachte eigentlich, dass du schon schläfst." erwidere ich. Blake hebt die Augenbrauen und wartet ein bisschen ehe er antwortet. Schließlich sagt er: "Kannst du dich noch daran erinnern, was passiert ist, als du das letzte Mal versucht hast ohne mich einzuschlafen?"

Das kann ich sehr wohl. Das war die Nacht in der er mich gefunden hatte. Ich hatte stundenlang versucht einzuschlafen und nicht den leisesten Anflug von Erfolg gehabt. Wenn ich so drüber nachdenke, ergibt es also schon Sinn, dass Blake eben doch noch nicht am Schlafen war. Wo ich doch nicht da war.

"Okay, verstehe. Das hatte ich nicht bedacht. Aber jetzt bin ich ja da, jetzt können wir uns beide um unseren Schlaf kümmern." Mit diesen Worten hole ich ohne weiter nachzudenken meinen Pyjama unter meinem Kopfkissen hervor und ziehe mir meinen Pullover über den Kopf. Dann sehe ich aus den Augenwinkeln, dass Blake sich mit dem Ellbogen auf sein Kissen stützt und mich interessiert beobachtet. Als ich mich zu ihm hindrehe sagt er: "Und wenn du schlafen sagst, meinst was genau?"
Ich werde rot.
"Äähhh..." antworte ich unglaublich geistreich. "... ich glaube, ich gehe dann mal ins Bad. Zum Umziehen. Wie sonst auch." füge ich noch hinzu.

Blake kommentiert das nicht weiter. Ich gehe ins Bad und mache mich fertig. Als ich zurückkomme, ist das Licht ausgeschaltet. Ohne ein Wort zu sagen lege ich mich ins Bett und schmiege mich an Blakes Brust. Er sagt auch nichts und nimmt mich einfach in den Arm. Ich liebe solche Momente! Da fühle ich mich so richtig geborgen und zu Hause.

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