Heute ist der Test. Ich sitze im Zug, der alle paar Stunden zur Uni fährt, zusammen mit vielen anderen Studenten. Die meisten beachten mich nicht. Aber gut, ich beachte sie ja auch nicht. Ich höre stattdessen Musik. Das mache ich immer beim Zugfahren, auch wenn ich selten Zug fahre.Die Uni ist groß und eher altmodisch. Nicht so schön wie meine und Jades schöne Uni in Idaho, aber okay. Zum Glück ist es nicht schwer hier irgendwelche Räume zu finden. Ich finde den Hörsaal 5 sofort. Und kaum dort angekommen sehe ich auch schon Aiden. Er steht mit Tom an eins der Pulte gelehnt. Ich gehe zu ihnen rüber.
"Hey ihr beiden. Tom, ich wusste gar nicht, dass du auch heute hier bist. Schreibst du den Test auch mit?" begrüße ich die zwei.
Aiden sieht mich nur mürrisch an. Tom wirkt etwas verlegen, antwortet mir aber. "Nein, ich schreibe apäter einen anderen Test. Jetzt gerade bin ich nur hier um noch kurz mit Aiden zu reden." sagt er, wobei er mich nur kurz ansieht."Ich hoffe du bist bereit eine Wette zu verlieren, Luna." sagt Aiden. Er macht einen zuversichtlichen Eindruck. Wahrscheinlich hat er auch wie verrückt für die Klausur gelernt. Ich mache mir leicht Sorgen. Das könnte schwierig werden. Aber das muss er ja nicht erfahren.
"Solange du dazu bereit bist, bin ich beruhigt. Als Luna will ich schließlich nicht, dass du wegen deiner Niederlage Depressionen kriegst." antworte ich also diplomatisch. Aiden zieht eine Grimasse und Tom muss sich ein Grinsen verkneifen. Einen gewissen Sinn für Humor scheinen die beiden also doch zu haben.
"Ich glaube, ich gehe dann mal besser. Euer Test fängt gleich an. Viel Glück." sagt Tom jetzt, wobei er den letzten Satz hauptsächlich an Aiden richtet.
Als Tom weg ist sieht Aiden mir nochmal unverwandt in die Augen. Wir liedern uns spontan ein etwa zweiminütiges Anstarr-Battle. Welches er letztendlich verliert. Ich lächle verbindlich, werde aber schnell wieder ernst.
"Dann viel Glück auch von mir. Möge der oder die Bessere gewinnen." sage ich selbstsicher. Dann drehe ich mich ohne auf eine Antwort zu warten um und gehe zu einem freien Platz. Im hinteren Teil des Raumes schließt eine dunkelhaarige Dozentin gerade die Tür. Der Test kann also anfangen.***
Drei Stunden später gehe ich in die Mensa der Uni. Der Test ist gut gelaufen. Ich habe jede Antwort gewusst und war mir auch bei fast allem 100% sicher. Und jetzt erlebe ich eine angenehme Überraschung. Die Auswahl an Essen in dieser Mensa ist sogar noch besser als in Idaho. Gut, Brownies gibt es heute nicht, aber dem Speiseplan nach wird sich das in den nächsten Tagen ändern. Dafür gibt es heute beim Nachtisch Käsekuchen. Der absolut klasse aussieht! Ich hole mir mein Essen und setze mich allein an einen freien Tisch. Es macht mir nichts aus, alleine zu essen, in Idaho habe ich das auch manchmal gemacht, wenn meine Freunde keine Zeit hatten.
Plötzlich sehe ich Aiden zusammen mit Tom ein paar Meter entfernt von mir. Für einen Moment sieht es so aus, als würde Tom überlegen, ob er sich mit Aiden vielleicht zu mir gesellen möchte. Aber dann wendet er den Blick ab und die beiden setzen sich etwas entfernt von mir hin. Während des Essens ignorieren sie mich voll und ganz. Ich entscheide, dasselbe zu tun und tu so, als wären sie gar nicht da.
Der Rest des Mittags verläuft ohne dass etwas besonderes passiert. Ich beende mein Mittagessen und fahre anschließend mit dem Zug wieder zurück nach Hause. Dort angekommen lege ich meine Unitasche zu Hause ab und gehe dann zu Eve. Sie ist zwar noch im Laden, aber erstens wollte ich mir sowieso eine neue Jacke holen (meine alte ist für das Wetter in Alaska nicht robust genug) und zweitens will ich ihr unbedingt erzählen, wie der Test gelaufen ist.
Im Laden ist sowieso nichts los. Ich bin die einzige Kundin. Eve sieht von ihrer Zeitschrift auf als ich reinkomme und fängt an zu schmunzeln.
"Na, Merry? Wie ist dein Test gelaufen? Ach was, warum frage ich eigentlich; ich wollte sagen: bist du hier hergekommen um dir schonmal ein passendes Outfit für die Siegerehrung zu besorgen?" Bei den letzten Worten fängt sie an, breit zu grinsen.
Ich lache. Ihre Art ist ansteckend.
"Der Test ist gut gelaufen, danke der Nachfrage. Aber nein, ich bin hier, weil ich eine neue Jacke brauche. Obwohl das mit dem Siegeroutfit auch gut klingt." sage ich, ebenfalls grinsend."Okay, dann komm mal mit! Jacken gibt's da drüben." sagt sie und will vorausgehen.
Da höre ich, wie hinter mir die Ladentür geöffnet wird. Ich drehe mich nicht um, aber Eve wirft einen Blick über ihre Schulter.
Dann bleibt sie so ruckartig stehen, dass ich fast in die reingelaufen wäre. Verblüfft sehe ich sie an.
Sie wirkt auf einmal aufgewühlt und zerbrechlich. Ich habe fast den Eindruck als würde sie Tränen zurückhalten.
Und ihr Blick ist starr auf die Person gerichtet, die gerade den Laden betreten hat.
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Die Luna
WerewolfAls Mensch inmitten eines Werwolfsrudels hat man es wirklich nicht leicht. Aber ich komme damit klar. Und das werde ich auch in Zukunft. Zumindest hatte ich das geplant. Und außerdem noch echt gut durchdacht! Aber dann hat einer dieser Wölfe festges...