Kapitel 15

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Das Haus von Blakes Eltern sieht von innen noch größer und protziger aus, als von außen. Vermutlich würde die Atmosphäre ziemlich steif sein, wenn da nicht ein paar gewisse Personen wären, die sie auflockern.
Mit diesen 'Personen' sind Blakes Schwester Julia und ihre zwei süßen Kinder gemeint. Zwei total niedliche kleine Jungs kommen uns im Hausflur entgegengerannt. Blake lacht und umarmt die Kleinen. Dann wendet er sich mir zu. "Darf ich vorstellen? Das sind Simon und Dylan, meine Neffen.". Die beiden Jungs sehen mich kurz an. Dann stecken sie die Köpfe zusammen und tuscheln kurz, wobei sie immer wieder zu mir rüber blicken. Schließlich scheinen sie sich einig geworden zu sein und kommen auf mich zu. Ich grinse sie an. "Und? Wie sieht's aus? Habe ich bestanden?" frage ich sie. Dylan kichert und Simon grinst zurück. Dann nicken die beiden und umarmen auch mich.

"Da seht ihr! Ich habe euch doch gesagt, sie ist süß!" tönt mir jetzt Julias Stimme entgegen. Mittlerweile sind wir in einem sehr weiträumigen Wohnzimmer angekommen, welches direkt an ein fast ebenso großes Esszimmer grenzt. Dort stehen Julia, zwei ältere Leute, die ich für Blakes Eltern halte, und eine augenscheinlich sehr alte Frau. Wobei, 'stehen' ist in Julias Fall nicht wirklich der richtige Ausdruck. 'Freudig auf uns zurennen' trifft es eher. Im Gegensatz zu den anderen drei Personen, die stehen einfach nur da und sehen uns ernst an.

Als Julia bei uns ankommt, habe ich das Gefühl, von einem verliebten Hundewelpenschwarm überfallen zu werden. Sie knuddelt Blake und mich stürmisch und redet so begeistert auf uns ein, dass ich ihr kaum folgen kann.

Aber das muss ich auch nicht, weil wir sehr schnell unterbrochen werden. Die etwas ältere und sehr streng wirkende Dame kommt auf uns zu. Sie umarmt Blake kurz zur Begrüßung und wendet sich dann mir zu.
"Du willst also Blakes Mate sein. Hmm... Blake hatte nicht erwähnt, dass du ein Mensch bist."
Eisige Stille.
"Na, dann wissen Sie es eben jetzt. Und das Beste daran: Blake hatte Ihnen diese Überraschung nicht im Vornherein verdorben." strahle ich gut gelaunt zurück. Genau so ist es bisher fast immer mit mir und Werwölfen gelaufen. Sie sehen auf mich herab, weil ich ein Mensch bin und ich provoziere sie. In Situationen wie dieser habe ich sogar Spaß daran. Ich fühle mich wie Zuhause. Meine gute Laune kommt also nicht von ungefähr.

Blöderweise scheint außer mir und Julia, die über meine Bemerkung kichert, niemand amüsiert zu sein. Der Blick der Dame mir gegenüber ist noch kälter geworden. In dem Moment fällt mir wieder ein, dass das hier ja Blakes Familie ist und ich ja eigentlich will, dass sie mich mögen. Also schalte ich einen Gang zurück, höre auf sie anzugrinsen und fange nochmal an. "War nur ein Scherz. Also, nochmal von vorn: Guten Abend, ich bin Mercedes Taylor. Es freut mich, Sie kennen zu lernen.". Beim letzten Satz habe ich zwar ein etwas unangenehmes Gefühl im Bauch, weil der irgendwie gelogen ist, aber ich finde, das war doch ein sehr netter Anfang von mir.

Mein Gegenüber rümpft kurz die Nase und sagt dann, von oben herab: "Johanna Arterton. Ich bin Blakes Mutter. Und ich hoffe während des Abendessens zu erfahren, dass du für die Position der Luna und Ehefrau meines Sohnes auch taugst."

"Mom!" Blake sieht seine Mutter mahnend an. "Würdest du bitte aufhören, sie unter Druck zu setzen? Abgesehen davon ist es ja wohl meine Entscheidung, ob ich sie eines Tages heiraten möchte, und nicht deine."

Johanna hebt die Augenbrauen, sagt aber nichts weiter dazu.
Wir setzen uns alle an den großen Tisch. Ich sitze zwischen Blake und der ziemlich alt aussehenden Frau. Diese entpuppt sich schnell als Johannas Mutter und Blakes Großmutter. Sie hat langes, graues Haar und mustert mich aus braunen Augen wie ein Falke eine Maus. Der etwas ältere Mann stellt sich als Russell Arterton, Blakes Vater, vor.

Und, ich habe es kommen sehen! Sobald wir sitzen werde ich ausgequetscht wie eine reife Orange. Julias Fragen sind dabei noch die angenehmsten. Sie fragt nach meinen Hobbies und Lieblingssängern. Tatsächlich stellen wir dabei fest, dass sie und ich einige gemeinsame Freizeitbeschäftigungen haben. Tanzen zum Beispiel. Und Shakira und das Kino.

Aber die Fragen von Blakes Eltern und seiner Großmutter sind alles andere als angenehm. Die meisten davon regen mich tierisch auf. Sie fragen mich, als was meine Eltern arbeiten und sehen mich leicht angeekelt an als ich Hausmeister und Putzfrau sage. Anschließend werde ich über meine Bildung und Erziehung  ausgefragt. Dazu werden beim Essen meine Tischmanieren genauestens unter die Lupe genommen. Und ständig sehen sie auf mich herab! Mittlerweile koche ich innerlich vor Wut. Gleichzeitig bin ich verletzt, weil ich weiß, dass die Chance, doch noch von ihnen akzeptiert zu werden, sehr gering ist. Ich würde Blake zwar nicht direkt heiraten wollen, aber ich mag ihn sehr gerne. Dass seine Familie so auf mich herabsieht, versetzt mir einen Stich.

Zum Glück setzt sich Blake während des Essens für mich ein. Ein paar Mal wird er sogar wütend, als seine Mutter und sein Vater ein paar abschätzige Bemerkungen machen. Ich freue mich, dass er sich für mich einsetzt.

Nach dem Essen verabschieden sich Julia und ihre zwei Jungs, mit dem festen Versprechen, dass wir uns bald wiedersehen. Ich werde kurz darauf von Johanna und Margaret Arterton (der Großmutter) in ein kleineres Wohnzimmer im Erdgeschoss geführt. Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich davon halten soll.

Aber es wirkt harmlos. Margaret wendet sich mir zu und sagt: "Du und Blake, ihr werdet heute Nacht hier schlafen. Es ist schließlich schon spät. Und so können wir morgen früh auch alle gemeinsam frühstücken.".
Damit nimmt sie meinen Arm und zieht mich hinter sich her. Johanna folgt uns. Okay, das ist dann offenbar beschlossene Sache. Eventuell hätte man mich natürlich auch vorher fragen können, aber noch kann ich mich zusammenreißen und raste nicht aus.
Und überhaupt!
Eine Nacht im Haus von Blakes Eltern. Wie schlimm kann das schon werden? Obwohl... jetzt, wo ich drüber nachdenke... aber nein, Blödsinn! So zu denken bringt gar nichts! Ich werde einfach mal hoffen, dass die Dinge nicht noch schlimmer werden.

Die LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt