Kapitel 14

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Eigentlich ist es normal, dass wir im selben Bett schlafen und ich mich dabei an seine Brust schmiege. Aber heute Nacht habe ich dabei ein komisches, warmes Gefühl im Bauch. Blake sieht mich irgendwie anders an als sonst. Irgendwie... intensiver. Zärtlicher.
Ich versuche, diese Gedanken zu ignorieren. Genauso wie das Gefühl in meinem Bauch, als würde da drin irgendetwas mit winzigen Flügeln flattern. Ignorieren! Schließlich will ich hier schlafen, nicht herumsinnieren, das wäre ja noch schöner!

Ich schaffe es irgendwann, trotz dieser verwirrenden Gefühle einzuschlafen, aber es dauert lange. Bis ich endlich wegdämmere, ist Blake schon längst am Schlafen. Was mich ebenfalls ein wenig wachgehalten hat; Blake sieht so schön und friedlich aus, wenn er schläft. Aber letztendlich schlafe ich doch ein.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, sehe ich gerade noch, wie Blake seine Jacke nimmt und das Zimmer verlassen will. "Hey, du! Wohin denn so eilig?"
Er hält an und dreht sich um. "Habe ich dich geweckt? Entschuldige, das war nicht meine Absicht. Ich gehe gerade, weil die Arbeit ruft."
Das klingt vernünftig. Allerdings habe ich, wie mir gerade auffällt, gar keine genaue Vorstellung davon, wie seine Arbeit eigentlich aussieht. In meinem alten Rudel bin ich dem Alpha und allen anderen Wölfen meistens einfach aus dem Weg gegangen. Aber hier... und jetzt, wo ich darüber nachdenke, werde ich natürlich neugierig. "Sag mal, was hat ein Alpha eigentlich so zu tun?"

Blake starrt mich verblüfft an. "Das weißt du nicht? Was hast du denn die letzten 22 Jahre in deinem Rudel gemacht?" Ich zucke mit den Schultern. Er schüttelt den Kopf und guckt auf die Uhr.
"Also gut, für eine Kurzfassung reicht die Zeit. Der Alpha eines Rudels besitzt eine Art inneres Navigationssystem, mit dem er alle Mitglieder seines Rudels orten kann. Auf diese Weise ist er oder sie in der Lage, den Überblick zu behalten und für Ordnung zu sorgen. Da Werwölfe von Natur aus impulsiv sind, ist das auch notwendig. Wenn es irgendwelche besonderen Angelegenheiten innerhalb des Rudels gibt, müssen sie vom Alpha genehmigt werden, wenn sie nicht direkt vom Alpha organisiert werden. Wie du daraus schon hören kannst, könnte man sagen, ein Alpha ist im Grunde der Bürgermeister des Rudels. Und da der Job so naheliegend ist, weil Alphas quasi ihre Tage mit Bürgermeisterpflichten für den Werwolfanteil der Bevölkerung ihres Territoriums verbringen, ist der Alpha eines Rudels meistens Bürgermeister von der Stadt, in dem sein Rudel lebt. Schließlich ist der Anteil an Werwölfen oft sehr hoch. In dieser hier, zum Beispiel, beträgt er etwa 82%. Und bevor du fragst: ja, ich bin der Bürgermeister. Und du bist, als Luna, so etwas wie die First Lady des Rudels.
So, ich hoffe, das reicht jetzt soweit mit den Erklärungen, ich muss nämlich los. Bis heute Nachmittag. Und nicht vergessen, heute Abend sind wir bei meiner Familie zum Essen eingeladen."

Damit dreht er sich um und geht. Na toll! Und was mache ich jetzt so, den ganzen Tag?

Letztendlich finde ich doch Einiges, das sich tun lässt. Ich räume meine Sachen, die ich aus meinem alten Zuhause mitgebracht habe, in die Regale und Schränke meines neuen Zuhauses. Zwischendurch esse ich ein Sandwich. Danach backe ich Kekse und mache einen Spaziergang. In der Stadt herrscht eine beschäftigte Athmosphäre. Sie ist voller Leben. Das löst im Normalfall gute Laune bei mir aus, aber ein Detail ruiniert das. Die Blicke. Sobald die Leute mich sehen, hören sie auf zu lächeln und sehen mich abschätzig oder misstrauisch an. Ich grüße ein paar der Leute, an denen ich vorbeikomme, aber niemand reagiert darauf.
Okay. Bevor mir diese Hanswurste den Tag völlig verderben, gehe ich lieber wieder zurück zu meinem neuen Zuhause und lese ein bisschen. Zum Tag-ruinieren wird Blakes Familie heute Abend noch genug Zeit haben.

Als ich gerade unter der Dusche stehe, höre ich, wie die Haustür aufgeschlossen und anschließend wieder zugeschlagen wird. Das heißt dann wohl, dass Blake wieder da ist. Wenig später bekomme ich ihn auch zu sehen. Als ich nur mit einem Handtuch bekleidet ins Schlafzimmer tapse und er dort sein Hemd wechselt.  Bei meinem Anblick hebt er die Augenbrauen und grinst. "Hattest du vor, in diesem Aufzug zu meiner Familie zu gehen?" erkundigt er sich. Ich werfe ihm einen schiefen Blick zu. "Ach halt doch die Klappe! Das ist Frauenmode, davon verstehst du nichts.". Beim letzten Teil grinse ich. Er gibt ein leises Lachen von sich.

Kurze Zeit später stehe ich in wollenen Strumpfhosen und einem dunkelgrünen Strickkleid vor dem Haus, das Blakes Eltern gehört. Dieser nimmt meine Hand, drückt sie kurz und schliesst dann die Tür auf.

Dann mal los!

Die LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt