Kapitel 57: Hoffnung (1.230)

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Als ich spüre, dass der Druck erwidert wird und sehe, dass Jungkook seine Augen geöffnet hat, drücke ich, wie schon so oft in den vergangenen Wochen, den Notknopf. Doch dieses Mal sollte es das letzte Mal sein.

Wie auch die Male zuvor schon, kamen nach kurzer Zeit ein Arzt und eine Krankenschwester in den Raum und baten mich wiedermal den Raum zu verlassen, während sie Jungkook untersuchen.

Ich weiß noch ganz genau, wie viel Hoffnung ich hatte, als Jungkook zum ersten Mal die Augen öffnete, nur, damit sie mir kurze Zeit später wieder genommen werden konnte. Auch die ganzen Male danach hatte ich die Hoffnung, dass er seine Augen nun endgültig offen ließ, doch immer wieder wurde sie mir genommen, weshalb ich immer weniger Hoffnung hatte.

So auch dieses Mal.

Doch wir alle klammern uns doch an dieses kleine Licht, das sich Hoffnung nennt. Wenn man Hoffnung nicht hat, so lebt man in völliger Dunkelheit und die Schönheit der Welt kann man so gar nicht mehr für voll nehmen.

Natürlich gab ich Jungkook noch immer nicht auf, aber es ist dennoch immer ähnlich wie ein Messerstich ins Herz gewesen, wenn er seine Augen wieder schloss.

Doch als ich merke, dass der Arzt und die Krankenschwester länger im Krankenzimmer sind, als die Male zuvor, weiß ich nicht, ob ich das als gutes oder als schlechtes Zeichen sehen soll. Doch wie immer überwiegt mein Pessimismus.

Ist es gut oder schlecht, dass sie länger als sonst drinnen sind?

Mit steigender Nervosität, die in mir hochkommt, beginne ich im Flur auf und ab zu gehen. Es fühlt sich bereits so an, als wären mehrere Stunden vergangen, als sich endlich die Tür von Jungkook's Krankenzimmer öffnet und der Arzt und die Krankenschwester heraustreten.

Schnellen Schrittes gehe ich auf sie zu und frage: „Was ist mit ihm? Warum waren Sie länger drinne, als die Male zuvor? Geht es ihm nicht gut? Hat sich sein Zustand verschlechtert?" „Mister Kim. Bitte beruhigen Sie sich wieder. Nein, im Gegenteil. Herr Jeon ist nun vollständig und endgültig aus dem Koma erwacht." beantwortet der Arzt schließlich meine Frage und ich atme deshalb erleichtert aus und spüre, wie sich wieder Tränen einen Weg nach draußen bahnen.

„Wir mussten testen, wie es um seine motorischen und verbalen Fähigkeiten steht. Schließlich lag er jetzt einen Monat ununterbrochen im Bett und das übt sich auch auf die Sachen aus, die eigentlich vollkommen normal sind." „Was bedeutet das?"

„Es bedeutet, dass Herr Jeon wieder lernen muss ordentlich zu gehen und dass eventuell einige grammatikalische Fehler in seinem Satzbau auftauchen könnten. Da er jetzt einen Monat lang nicht gesprochen hat und auch nicht laufen konnte, hat sich das alles ein bisschen zurückentwickelt und er muss es erst wieder ordentlich lernen. Ansonsten scheint sein Körper sich weitestgehend erholt zu haben, doch da die Bleiwerte in seinem Körper noch immer viel zu hoch sind, muss er auch noch in diesem Bereich eine Therapie durchlaufen. Doch nun, da er aus dem Koma erwacht ist, sieht seine Prognose direkt viel besser aus."

Glücklich lächle ich den Arzt an, während ich mir einige Freudentränen von den Wangen wische. „Darf ich zu ihm?" Diese Frage von mir nickt der Arzt lediglich ab. Dankend verbeuge ich mich kurz vor dem Arzt und der Krankenschwester, ehe sie sich vom Zimmer entfernen und ich die Tür langsam öffne und in das Zimmer hineinsehe.

Jungkook sitzt auf dem Bett und hat in seiner rechten Hand das Buch, aus dem ich ihm zuvor vorgelesen habe und streicht mit der anderen Hand über den Einband, während er breit lächelt. Als ich dann an die Tür klopfe, um mich bemerkbar zu machen, sieht Jungkook vom Buch auf, ohne sein Lächeln abzulegen.

Mein Herz schlägt bei diesem Bild gefühlt um ein Fünffaches schneller. Ich spüre es ganz stark gegen meine Brust hämmern. Aus diesem Grund schaffe ich es gerade nicht mich sonst irgendwie zu bewegen. Ich starre einfach nur Jungkook an, während mir ein paar wenige Freudentränen über die Wangen laufen.

Auch er starrt mich erst eine Zeit lang an, ehe er seinen Blick wieder auf das Buch lenkt und sagt: „Robinson Crusoe. Kaum zu glauben, dass du dir das gemerkt hast." Nachdem ich seine Stimme nach einem Monat wieder vernommen habe, kriege ich es tatsächlich auf die Reihe mich wenigstens wieder ein bisschen einzukriegen. „Wieso sollte ich mir das nicht gemerkt haben? So oft, wie du von diesem Buch geschwärmt hast." entgegne ich mit zitternder Stimme.

„Kommst du endlich zu mir oder willst du noch länger vor der Tür stehen bleiben?" sagt Jungkook dann wieder, nachdem er das Buch auf das Tischchen gelegt hat und wir uns wieder erst einige Zeit angestarrt und angeschwiegen haben. Auch ihm kullern ein paar wenige Tränen aus den Augen. Nach diesen Worten muss ich kurz lachen, aber kann mich nun endlich wieder bewegen und laufe direkt auf Jungkook zu.

Nach nur wenigen Schritten bin ich endlich bei seinem Bett angekommen und schließe ihn direkt in eine feste Umarmung, während ich die Tränen nun nicht mehr zurückhalten kann. „Ich hab dich so sehr vermisst, Kookie." „Dich auch ich." Ein kurzes Lachen kann ich mir nicht verkneifen. „Wie bitte?" frage ich, als ich die Umarmung gelöst habe. „Ich dich auch, meinte ich." beantwortet er meine Frag ebenfalls lachend. Nochmal muss ich schmunzeln und verbinde unsere Lippen zu unserem ersten Kuss, nach einem Monat, ehe ich ihn wieder in eine Umarmung ziehe.

„Bitte mach nie wieder eine so riskante Aktion und rufe beim nächsten Mal bitte gleich die Polizei." sage ich unter Freudentränen in seine Schulter. „Ich hoffe ja, dass es kein nächstes Mal geben wird. Ich will einfach nur bei dir sein. Alles andere ist mir egal." entgegnet er und vergräbt seinen Kopf weiter in meine Schulter.

Nach seinen Worten drücke ich ihn einfach näher an mich und hinterlasse einige Küsse in seine Halsbeuge.

„Was ist eigentlich passiert nachdem ich, naja..." Ich drücke ihn aus der Umarmung und beantworte seine unbeendete Frage: „Nachdem Siwon dich vergiftet hat, habe ich den Krankenwagen gerufen. Als er da war, brachte er dich ins Krankenhaus, wo Jin eine Magenspülung bei dir gemacht hat und somit einen Großteil des Bleis in deinem Körper entfernt hat. Jedoch musste er dich ins Koma versetzen, um deine Regenerierung voranzutreiben."

Ich kann nicht verhindern, dass mir erneut Tränen aus den Augen kommen, jedoch zeugen diese nicht von Freude, sondern eher davon, weil es für mich nicht so einfach ist, diesen ganzen Albtraum nochmal durchleben zu müssen. Ich hatte so eine verdammte Angst, Jungkook für immer zu verlieren. Das Ganze war quasi ein wahr gewordener Albtraum für mich.

Den ganzen letzten Monat über erschien mir in so gut wie jeder Nacht immer wieder dieses Bild in meinen Träumen. Dieses Bild, wie Jungkook ununterbrochen am ganzen Körper zusammenzuckt. Dieses Bild, wie der Schaum aus seinem Mund kam, als Zeichen, dass sein Leben bald ein Ende finden würde, wenn er nicht schnell behandelt werden würde.

„Es...Es tut mir leid, Tae. Ich hab nicht damit gerechnet, dich jemals wiederzusehen, nur deshalb..." „Es ist alles okay, Kookie. Hauptsache ist, dass es dir gut geht." unterbreche ich ihn und schließe ihn wieder in eine kurze Umarmung. Als wir sie lösen, fragt er weiter: „Und was ist mit Siwon und meinem Vater?"

„Siwon ist seit ein paar Tagen in U-Haft und die Polizei hat das Jugendamt eingeschaltet. Da du wieder wach bist, wird es wohl auch bald zu dir kommen."




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You Are My Destiny {TaeKook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt