Kapitel 42: Wo ist er? (1.373)

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Seit zwei Tagen habe ich ihn mittlerweile schon nicht mehr gesehen. Nicht mal gehört habe ich etwas von ihm. Er hat sich nicht gemeldet und ist auch nie an sein Handy gegangen. Doch das, was mir bisher am meisten Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass nicht mal Namjoon weiß, wo er sich aufhält. Wenn nicht mal er weiß, wo er sich aufhält, kann irgendetwas absolut nicht mit rechten Dingen vor sich gehen.

Aus diesem Grund sind Namjoon und ich auch gerade auf den Weg zum Café, in dem er arbeitet. Wir beide laufen direkt zum Bestelltresen und Namjoon fragt ohne Umschweife: „Wo ist Jungkook? Wir beide haben jetzt schon seit zwei Tagen nichts mehr von ihm gehört." Bei dem letzten Satz weist Namjoon auf mich und ihn. Kookie's Chefin sieht uns überrascht an und stellt selbst eine Frage, ohne die unsere zu beantworten: „Was? Ihr habt auch nichts von ihm gehört?" Wir schütteln nur den Kopf und das ungute Gefühl in meiner Magengegend verstärkt sich. Auch das Atmen fällt mir mit einem Mal etwas schwerer.

Doch da Luna wieder weiter spricht, versuche ich mich wieder zu beruhigen und mich voll und ganz auf die folgenden Worte ihrerseits zu konzentrieren: „Das letzte Mal hat er hier vor drei Tagen gearbeitet. Ich dachte es würde ihm nicht so gut gehen, da er schon vor drei Tagen nicht sonderlich gut ausgesehen hat und mich gebeten hat, früher Schluss machen zu dürfen. Ich habe ihm das erlaubt und ihm angeboten, sich für einige Zeit frei zu nehmen. Auch wenn er sich nicht von der Arbeit abgemeldet hatte, habe ich mir nicht großartig was dabei gedacht, als er vorgestern, gestern und heute nicht zur Arbeit erschienen ist. Ich hab' mir natürlich Sorgen gemacht, aber ich dachte er bräuchte seine Ruhe, deswegen hab ich nicht nachgeforscht."

Mit jeder neuen Info, die dazu gekommen ist, zieht sich mein Herz mehr und mehr zusammen. Ich muss schnapp atmen, um wenigstens noch etwas Luft zu bekommen. Auch Namjoon's Augen weiten sich mit jeder neuen Info. „Wann...Wann hat e-er denn das Café dann ver-verlassen?" bringe ich stotternd hervor. „Etwa achtzehn Uhr. Geht es dir nicht gut, Taehyung?"

Nein. Nein, mir geht es absolut nicht gut. Im Gegenteil! Bei der Uhrzeit fällt mir das Atmen nur noch schwerer. Achtzehn Uhr. Nur fünfzehn Minuten später hab ich ihn das letzte Mal gesehen. Das letzte Mal von ihm gehört. Er sah absolut nicht gut aus. Seine sonst so beruhigende und wunderschöne Stimme wurde von dem Klang der Trauer erstickt. Seine Augen funkelten nicht mehr so, wie ich es gewohnt war. Nein, sie waren ebenfalls von Trauer überflutet. Und diese Worte, die er damals zu mir sagte, schwirren mir seit dem ununterbrochen im Kopf umher.

„Tae, versuch dich zu beruhigen. Bitte." redet Namjoon auf mich ein, während er seine Hände an meine Schultern gelegt hat. Es hilft mir nur leider nicht. Nein, es hilft nichts!

Ich entferne etwas unsanft die Hände des Älteren von meinen Schultern und stürme aus dem Café. An der frischen Luft angekommen, atme ich so viel dieser ein, wie es mir die Schnappatmung ermöglicht. Die Tränen kann ich nun nicht mehr zurückhalten. Nach Luft schnappend gehe ich etwas in die Knie und stütze meine Hände auf meinen Oberschenkeln ab, während die Tränen fast wie ein Wasserfall aus meinen Augen treten. Es ist mir vollkommen egal, dass mich alle Passanten anstarren, so als wäre ich verrückt. Es ist mir alles egal.

Alles, was er zu mir sagte, als ich ihn das letzte Mal sah, und das, was ich über sein Leben in Erfahrung bringen konnte, seit ich ihn kenne, fangen jetzt an sich wie Mauersteine zu einem unerzwingbaren Turm zusammenzufügen. Alles fängt an irgendwo einen Sinn zu haben. Doch um wirklich sicher zu sein, muss ich noch eine Sache überprüfen, weshalb ich noch immer mit Tränen, die ununterbrochen über meine Wangen laufen, den Gehweg entlang und in die Richtung seines Hauses renne. Auch dass mich hierbei alle Passanten anstarren ist mir vollkommen egal. Ich muss es endlich wissen.

Ohne Namjoon zu sagen, wo ich hin will, renne ich diesen gepflasterten Gehweg entlang, bis ich in eine der abgelegten Gassen einbiege. Auch den Berg, der direkt zu Jungkook's Haus führt, renne ich unter Tränen und lautem Schluchzen hinauf, bis ich oben bei dem roten Haus angekommen bin. Vollkommen außer Puste trete ich in den Vorgarten und denke nicht mal an Höflichkeiten. Nein, ganz im Gegenteil. Ich versuche die Haustür — ohne vorher zu klingeln — zu öffnen, doch vergebens. Immer noch von Tränen überströmt renne ich dann um das Haus bis zum Fenster zu Kookie's Zimmer. Dieses versuche ich zu öffnen.

You Are My Destiny {TaeKook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt