„Tae, bitte komm endlich mal da raus und iss was." ertönt die Stimme meines besten Freundes durch meine Zimmertür. „Du bist jetzt schon ewig in deinem Zimmer. Nicht mal für die Vorlesungen hast du dieses Zimmer verlassen. Ich mach mir echt Sorgen. Das geht jetzt schon über einen Monat so." Da hatte er Recht. Seitdem mich Namjoon aus Jungkook's Zimmer geholt hat, habe ich mich sofort in das Nächste verschanzt. Schon über einen Monat ist das bereits her.
Ich dachte, mit der Zeit legt sich der Schmerz wieder oder Jungkook taucht wieder auf, aber es ist bereits über ein Monat vergangen und nichts dergleichen ist passiert. Im Gegenteil. Der Schmerz und die Leere in meinem Herzen sind sogar noch stärker und größer geworden. Mit jedem vergangenen Tag füllte sich diese Kluft in meinem Herzen nicht, sondern sie wurde stattdessen nur noch größer.
Ich versuchte mich nicht ganz von meinen sozialen Kontakten abzuschotten, doch es gelang mir einfach nicht. Jimin ist der Einzige, mit dem ich noch Kontakt habe. Das aber auch nur, weil er mit mir in einer Wohnung wohnt. Auch Jin und Namjoon antwortete ich nicht. Nicht mal meinen Eltern antwortete ich auf ihre Nachrichten und Anrufe. Ich wollte und konnte einfach niemanden mehr sehen. Zumindest eine Zeit lang. Ich musste erstmal meine Gedanken sortieren und meine Gefühle unter Kontrolle bekommen, doch ich schaffte es bis heute nicht.
Und genau das wird mir langsam leid. Mit Jungkook's Verschwinden ist auch ein Teil von mir verschwunden.
Er ist einfach verschwunden und hat mich alleine gelassen. Einfach so. Ich habe mir innerhalb dieser Zeit schon so oft gesagt, dass es an der Zeit ist einen Schlussstrich unter das Ganze zu setzen. So oft habe ich mir vorgenommen, Jungkook endlich zu vergessen. Schließlich war er es, der mich alleine gelassen hat und nicht umgekehrt.
Doch mittlerweile bricht bereits der Frühling an, doch es hat immer noch nicht funktioniert.
Ich habe sogar versucht, alles von ihm zu vernichten, das ich noch besitze, damit ich endlich damit abschließen kann. Doch immer wenn ich den Brief, den er geschrieben hatte, in meiner einen Hand und ein Feuerzeug in der anderen hatte, bereit ihn endlich abzubrennen, habe ich gezögert und ihn mir stattdessen noch dutzendmal durchgelesen.
Jedes Bild, das ich von ihm auf meinem Handy habe, wollte ich löschen. Doch bevor mein Daumen über dem Mülleimer war, bereit seine Aufgabe zu erfüllen und diese Bilder endlich zu löschen, habe ich gezögert. Ich habe gezögert und sie mir stattdessen einfach nur angesehen und noch mehr geweint.
Denn die Wahrheit ist, dass ich ihn nicht vergessen kann und auch nicht vergessen will. Ich will einfach nicht wahrhaben, dass das mit uns wirklich schon zu Ende sein soll. Dass ich wirklich einen Schlussstrich ziehen soll.
Ich vermisse ihn.
Es heißt immer: 'Menschen weinen nicht, weil Liebe endet, sondern weil sie weiter besteht, obwohl es vorbei ist.'
Doch bei mir ist das nicht der Fall.
Ich weine, weil ich das Gefühl habe, in einem furchtbaren Albtraum gefangen zu sein. Denn genau genommen, hat weder Jungkook sich von mir, noch ich mich von ihm getrennt. Unsere Liebe ist nicht vorbei. Wir sind noch zusammen, so wie auch vor Silvester, nur mit dem Unterschied, dass er nicht mehr persönlich bei mir ist.
Er hat in seinem Brief auch mehr als deutlich gemacht, dass er nicht gehen will, sondern muss. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er auch nicht gesagt, dass er mich nicht mehr liebt. Im Gegenteil. Er sagte diese drei Worte sogar nochmal zu mir und hat es mir mit diesem Kuss gezeigt. Mit seinen Worten gezeigt. Mit seinen Augen gezeigt.
Ihm fiel das ganze unermesslich schwer. Wenn er es wirklich gewollt hätte, dann hätte er nicht wie ein Häufchen Elend auf der Erde gesessen.
Warum mussten fast zwei Monate vergehen, bis ich wieder klar denken kann? Jungkook hätte mich niemals freiwillig verlassen. Das hätte er auf keinen Fall. Irgendwas muss sein Vater getan haben, damit Jungkook zustimmt, Seoul und mich zu verlassen.
Jungkook ist ein Gefangener seines Vaters.
Als mir das klar wird, schlage ich die Decke beiseite und springe so schnell aus meinem Bett, dass vor meinem inneren Auge ganz viele schwarze Punkte entstehen und mir etwas schwindelig wird. Doch ich kümmere mich nicht darum, sondern flitze die paar wenigen Schritte bis zu meinem Schreibtisch, öffne auf meinem Laptop Google und gebe in die Suchleiste seinen Namen ein.
Anfangs komme ich nur auf einen typischen Wikipedia-Eintrag. Wo und wann er geboren wurde, seine Schulbildung und der Beginn seiner Musikkarriere. Also alles Sachen, die ich bereits weiß. Doch dann komme ich auf eine Information: Jungkook ist für die Korean Music Awards in der Kategorie Newcomer des Jahres nominiert. Die Veranstaltung findet jährlich hier in Seoul statt also muss Jungkook auch hierher kommen.
Als ich das gelesen habe, eile ich zur Tür und reiße sie auf. Jimin, der noch immer vor meiner Zimmertür steht, sieht mich überrascht an.
„Wo ist mein Handy?" frage ich ihn und eile bereits ins Wohnzimmer, da ich glaube, es dort hingelegt zu haben, als ich es das letzte Mal in meiner Hand hatte. Und tatsächlich. Da liegt es ganz alleine auf dem Wohnzimmertisch. Ich entsperre es sofort und reagiere gar nicht auf die Worte von Jimin. Dann suche ich die Nummer von Namjoon und als ich sie finde, drücke ich auf seinen Kontakt und rufe ihn an.
„Namjoon, können wir uns treffen?" frage ich sofort, als ich höre, dass er den Anruf angenommen hat. „Ähm, na klar. Wo und wann?" „So schnell wie möglich im Café Del Luna." beantworte ich. „Weißt du bis wann Jin arbeiten muss?" stelle ich dann noch eine Frage. „Er ist hier bei mir. Er hat heute frei." „Perfekt, dann bring ihn bitte auch mit." „Okay, wir sind auf dem Weg." „Super. Danke." entgegne ich dann noch, ehe ich auflege und zurück in mein Zimmer renne, nur um mich umzuziehen.
„Tae, was hast du vor?" fragt mich mein bester Freund, der mich immer noch irritiert ansieht. „Ich werde Jungkook da raus holen." beantworte ich seine Frage, während ich mir bereits meinen Mantel anziehe. „Wovon redest du bitte?" fragt mich mein bester Freund weiter und versperrt mir den Weg zur Tür.
„Ich habe sieben Wochen gebraucht, um endlich wieder klar denken zu können. Jungkook würde mich niemals freiwillig verlassen. Irgendwas muss sein Vater getan oder gesagt haben." bei diesem Gedanken läuft mir eine Träne über die Wange, die ich aber sofort wieder wegwische. „Von Anfang an hätte mir das klar sein sollen. Jungkook ist nicht so. Ich muss ihn furchtbar enttäuscht haben und das kann ich nur wieder gutmachen, indem ich ihn endlich aus den Fängen seines Vaters befreie." „Tae, bist du dir da sicher?"
„Natürlich bin ich mir sicher. Es ergibt alles Sinn. Nach Neujahr hat er den Kontakt zu mir verringert, um ihn komplett abreißen lassen zu können. Er wollte, dass es für mich nicht zu plötzlich kommt, dass er nicht mehr da ist. Bereits an Silvester war ihm klar, dass er sich von mir trennen muss. Deshalb war er nach diesem Anruf auch so anders und so fertig. Ich gehe fest davon aus, dass er bei diesem Anruf von seinem Vater erpresst wurde. Jungkook wollte sogar, dass ich wütend auf ihn werde, damit es mir nicht so scheiße geht, nachdem er weg ist. Es hätte auch alles geklappt, wenn er an seinem letzten Tag hier in Seoul nicht mit mir geredet hätte und ich diesen Brief nicht gefunden hätte. Verstehst du das denn nicht?"
„Ganz ehrlich? Nein, ich versteh das nicht. Tae, was ist, wenn du dich da zu sehr hineinsteigerst? Ich will nicht, dass du wieder so am Boden bist." sagt mein bester Freund. „Ich schätze deine Sorge sehr, Jimin. Aber du hast gesehen, wie am Boden zerstört ich war, als Jungkook plötzlich nicht mehr da war. Endlich habe ich mich wieder im Griff, nur weil ich endlich darüber nachgedacht habe. Ich hab mich zu sehr in Selbstmitleid ertränkt und deshalb einfach nicht das gesehen, was eigentlich klar auf der Hand liegt. Er hat nicht einmal gesagt, dass er mich nicht mehr liebt. Nein, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er mir sogar nochmal gesagt, dass er mich liebt. Er ist auf keinen Fall freiwillig gegangen, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Ich muss ihn da raus holen und dabei brauche ich die Hilfe von Namjoon und Jin, aber besonders dringend brauche ich deine Unterstützung. Bitte, Hyung."
Nach meinen Worten kommt er auf mich zu und schließt mich in eine feste Umarmung. Noch in der Umarmung sagt er: „Ich werde dich immer und bei allem unterstützen. Das weißt du. Du bist mein bester Freund, Tae. Ich will nur nicht, dass du dich wieder in dein Zimmer verschanzt und nicht mehr mit mir redest."
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You Are My Destiny {TaeKook}
FanfictionGlaubt ihr an sowas wie 'magische Verbindungen'? Kim Taehyung, ein zwanzigjähriger Student, hat noch nie an sowas geglaubt. Er war immer für sich. Er hatte sonst niemanden, außer seinen besten Freund. Doch als er eines Tages auf einen braunhaarigen...