Kapitel 64: So Far Away (1.233)

51 1 0
                                    

Nachdem Jungkook vor drei Monaten nach Tokio gezogen ist, habe ich es tatsächlich auf die Reihe bekommen, wieder mein normales Leben zu leben. Mein Leben, wie es war, bevor ich Jungkook kannte.

Ich hatte vieles nachzuholen. Schließlich habe ich sieben Wochen Uni verpasst, weil ich mich nach Jungkook's Verschwinden zu sehr in Selbstmitleid ertränkt habe. Außerdem war ich, nachdem Jungkook erneut im Krankenhaus lag, nicht voll und ganz bei der Sache und meine Noten verschlechterten sich.

Ich benahm mich einfach nicht so, wie ich hätte sollen, schließlich durfte ich nur aufgrund eines Stipendiats überhaupt Kunst studieren. Zum Glück hat sich meine Mutter so für mich eingesetzt, dass sie den Direktor klarmachen konnte, wie schwer ich es hatte. So einigten meine Mutter und der Direktor sich darauf, dass es für mich besser wäre, wenn ich das Semester wiederhole, was ich nun auch tue.

Nun hing ich mich also voll rein, um meinem Stipendiat alle Ehre zu machen, aber auch um mich davon abzulenken, dass mein Freund so weit von mir entfernt lebt. Tausend Kilometer sind nach wie vor kein minimaler Katzensprung, aber ich habe mich damit arrangieren können und Jungkook und ich telefonierten jeden Abend um die selbe Zeit.

Dieses Mal blieben wir in Kontakt.

Ich war zwar unendlich froh, dass er mit mir telefonierte und wir auch in Kontakt blieben, jedoch erinnerten mich diese ganzen Anrufe nur wieder daran, wie weit entfernt Kookie nun von mir ist.

Ohne, dass ich die Möglichkeit habe, seine Hand in meiner zu spüren, ihn zu umarmen und ihn um seinen letzten Verstand zu küssen. Ohne, dass ich die Möglichkeit habe, ihm zu zeigen, wie sehr ich ihn liebe und wie viel er mir bedeutet. Wie sein Gesicht immer fast kocht, wenn ich ihm eben dies zeige.

Das alles fehlt mir und ich freue mich so sehr, dass er morgen wieder nach Seoul kommt und auch hier bleibt. Zumindest wenn nichts dazwischen kommt.

Als mein Blick kurz auf die Uhr huscht, stelle ich fest, dass es bereits fast neunzehn Uhr ist. „Ja!" entfällt es mir, während ich meinen Stift achtlos auf den Schreibtisch werfe und so schnell ich kann die wenigen Schritte zu meinem Bett renne und meinen Laptop öffne.

Als hätte er trotz der tausend Kilometer Entfernung gesehen, was ich mache, erhalte ich just in diesem Moment einen Skype-Anruf von meinem süßen Keks. Sofort nehme ich den Anruf entgegen und genauso schnell erscheint Kookie's wunderschönes Gesicht auf meinem Bildschirm.

„Hey, Liebling. Wie geht's dir?" frage ich direkt. „Naja, nicht sehr gut." „Was ist denn los?" „Du weißt ja, dass ich morgen Geburtstag habe und eigentlich nach Seoul kommen wollte." Ich nicke und versuche mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Wieso benutzt er das Wort 'eigentlich'?

„Das Problem ist, dass sie meinen Flug gecancelt haben, weil eine Taifun-Warnung ausgesprochen wurde." „Ein Taifun?" frage ich ungläubig. „Ja, ein Taifun. Diese tropischen Wirbelstürme, die eine Windgeschwindigkeit von zweihundert Kilometer pro Stunde erreichen können." „Ich weiß was ein Taifun ist, Kookie." sage ich leicht lachend, was auch meinen Freund zum Lachen bringt.

„Und was heißt das jetzt? Du kommst morgen also nicht?" „Nein. Tut mir leid, Tae. Aber ich kann auch nichts daran ändern. Ich versteh bis heute nicht, warum meine Mutter unbedingt in ein Land ziehen wollte, in dem so viele Naturkatastrophen vorherrschen. Seit ich hier bin habe ich bereits drei Erdbeben zu spüren bekommen. Zum Glück waren diese aber vollkommen normal für Japan und nicht schwerwiegend."

Stimmt ja. Japan ist von vielen Naturkatastrophen betroffen. Südkorea zwar auch, aber in Japan gibt es mehr und da es eine Inselgruppe ist, treten dort mehr Überschwemmungen, Tsunamis und Taifune auf. Glaube ich zumindest. Wissen tu ich es nicht.

„Und was ist so in Südkorea los?" „Eigentlich gar nichts. Ich muss mich jetzt echt zusammenreißen und mich auf mein Studium konzentrieren, da achte ich nicht so sehr auf die Nachrichten. Sonst war alles, was meine Mutter gesagt hat, vollkommen umsonst." beantworte ich seine Frage, während ich mich in meinem Bett auf meine Seite lege und den Laptop so hinstelle, dass es fast so wäre, als würde Jungkook tatsächlich neben mir liegen. Denn auch er liegt bereits in seinem Bett.

„Wann kannst du denn dann eigentlich nach Seoul kommen, Kookie?" „Naja, ich hoffe ja, sobald der Taifun vorrübergezogen ist. Sie verschieben den Flug bisher nur um etwa einen Tag, also wenn er tatsächlich nicht so schlimm wird, wie es die Nachrichten sagen und auch wirklich keine verheerenden Schäden anrichtet, dann könnte ich von der Nacht vom ersten auf den zweiten September mit dem Flugzeug nach Seoul fliegen."

„Dann hoffe ich mal, dass es so kommen wird. Ich freu mich nämlich schon seit drei Monaten darauf, dich wieder zu umarmen. Aber bitte pass auf dich auf. Ein Taifun ist nicht so ohne." „Das weiß ich auch, TaeTae. Ich habe schon einige miterlebt. Sowohl hier in Japan, als auch in Südkorea. Pass du auch auf dich auf. Es könnte nämlich sein, dass sich auch ein Taifun auf Südkorea zu bewegt." „Keine Sorge, ich pass schon auf mich auf, Kookie."


Eine ganze Weile reden wir miteinander, bis es schließlich fast Mitternacht ist. „Oh, es ist ja schon so spät. Also wirklich, Kim Taehyung. Du musst doch darauf aufpassen, wann du schlafen gehst. Du musst doch morgen zur Uni und da musst du ausgeschlafen sein. Das ist jetzt schon das zehnte Mal, dass du die Zeit vergisst." „Ja, da hast du Recht. Es ist eben echt schön mit dir zu reden, Kookie." entgegne ich.  „Es ist auch schön mit dir zu reden, aber jetzt musst du schlafen. Bis hoffentlich übermorgen, Tae. Ich liebe dich." „Ich dich auch, Kookie. Ruf..." doch bevor ich zu Ende sprechen kann, hat er bereits aufgelegt.

Nanu? Wieso hat er einfach aufgelegt, ohne mir noch bis zum Schluss zuzuhören?

Aber da ich viel zu müde bin, um mir noch irgendwie großartig Gedanken zu machen, lasse ich es einfach darauf beruhen, klappe den Laptop zu und lege ihn sachte auf mein Nachttisch. So, als wäre er das wertvollste, was ich besitze.

Denn nur dank diesem kleinen viereckigen Ding konnte ich mit Jungkook über Skype in Kontakt bleiben und übermorgen wird er endlich wieder bei mir sein. Vorausgesetzt der Taifun richtet wirklich nicht all zu große Schäden an und ist wirklich bis dahin vorbeigezogen.


Es dauert gefühlt eine Ewigkeit, bis der erste September vorbei geht. Anscheinend will mich das Schicksal extra lange auf die Folter spannen, bis ich Jungkook dann endlich gegen drei Uhr vom Flughafen abholen kann. Drei Uhr nachts, wohlgemerkt. Jedoch lasse ich die ganze Lesung über mich ergehen. Seit ich nicht mehr mit Jimin den selben Kurs belege, weil ich ja ein Semester wiederholen muss, sind die Vorlesungen echt langweilig geworden.

Wie oft habe ich ihn darum gebeten, dass er bitte aufhören soll mich ständig vollzuquatschen. Wie oft habe ich mir innerlich gewünscht, dass er bitte den Kurs wechseln soll, damit ich mich auf die Vorlesungen konzentrieren kann.

Doch jetzt, wo es soweit ist, fehlt mir das alles unermesslich. Ich gab es vorher nie gerne zu, aber mit Jimin vergingen die Vorlesungen wesentlich schneller. Das fiel mir während der letzten drei Monate des Häufigeren auf. Sie dauern gefühlt mindestens doppelt so lange, seit Jimin nicht mehr mit mir im Kurs ist.

Nachdem nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die Vorlesung zu Ende ist, stürme ich schon fast aus dem Saal und begebe mich zu meinem Arbeitsplatz in der Bibliothek der Universität.




—————————————————————————————————

You Are My Destiny {TaeKook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt