Kapitel 13: Die Apfelplantage (1.223)

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Ich lächle Jungkook an und auch er schenkt mir dann ein süßes Lächeln. „Na komm, lass uns weiter gehen." sage ich dann und nicke mit meinem Kopf in die Richtung, in der die Apfelplantage liegt.

„Wie bist du denn dann bei deinen jetzigen Eltern gelandet?" fragt Jungkook mich dann. „Naja, als ich zwölf war, konnte ich es einfach nicht mehr aushalten, deswegen bin ich dann von zuhause weggerannt. Ich lief orientierungslos durch die Straßen Seouls und bin irgendwie auf eine der Hauptstraßen getaumelt. Ein LKW, der gerade dort lang fuhr, hätte mich beinahe überfahren, doch konnte noch rechtzeitig stoppen. Mein jetziger Vater war es, der dann vollkommen aufgelöst aus dem LKW stieg. Er sah meine blauen Flecken und schaltete das Jugendamt ein. Meine Eltern versuchten schon seit dem Beginn ihrer Ehe Kinder zu bekommen, doch es klappte alles nicht. Sieben Jahre versuchten sie es. Vergebens. Sie wollten so dringend ein Kind haben, damit sie sich als Familie fühlen, dass sie die Ersten waren, die mich adoptieren wollten. Sie gaben mir ein Zuhause und ich gab ihnen das Gefühl einer Familie und als Bonus hatte ich endlich Eltern, die sich auch wie welche verhielten."

Ich halte kurz inne und lächle bei diesen Gedanken. „Das muss ein schönes Gefühl sein." sagt Jungkook dann mit einer etwas bedrückten Stimme und so leise, dass man es kaum verstehen kann. Das MUSS eins sein? Hat er selber es etwa nicht? Dieses Gefühl ein Zuhause, eine Familie und Eltern zu haben? „Und dann? Wie war es dann in deiner neuen Familie?" fragt Jungkook dann wieder in einer normalen Lautstärke und reißt mich somit aus meinem Grübeln. „Es war schön, doch wirklich glücklich konnte ich nicht werden. Ich hatte zwar endlich Eltern, die mir nicht das Gefühl gaben wertlos zu sein, jedoch hatte ich immer noch das Gefühl, eine Last zu sein. Meinen Eltern ging es schon vor meiner Adoption finanziell nicht so gut und jetzt mussten sie auch noch für ein Kind sorgen."

Wieder halte ich kurz inne. Mittlerweile passieren Jungkook und ich sogar das gelbe Haus, in dem ich bis zu meinem zwölften Lebensjahr lebte. „Ich bezweifle, dass deine Eltern dich als Last empfinden. Und wenn sie nicht genügend finanzielle Mittel gehabt hätten, hätten sie dich ganz sicher nicht adoptiert. Ich denke sie wussten schon, was sie taten." sagt Jungkook ermutigend und tatsächlich muntert mich das etwas auf.

„Aber weißt du was mir dadurch klar geworden ist, Jungkook? Die Welt ist unfairer, als ich erwartet hatte. Meine Eltern sind nette und fürsorgliche Menschen und müssen hart arbeiten, um die Wohnung, das Essen und die Kleidung finanzieren zu können, während meine genetischen Eltern alles hinterher getragen bekommen, mehr als genug Geld haben und dabei solche Persönlichkeiten besitzen. Und auch alle anderen Familien, mit denen ich damals noch verkehrte, da sie genug Geld besaßen, waren nicht besser. Sie verwöhnten ihre Kinder zu sehr und verzogen sie somit zu kleinen eingebildeten Zicken oder zu protzigen und aufbrausenden, dummen Machos. Ich kann Menschen mit so viel Geld nicht ausstehen."

Ich spüre wie sich Jungkook's Griff in meiner Hand mit einem Mal verkrampft, was mich dazu veranlasst, ihm in sein Gesicht zu sehen. Er presst seine Lippen aufeinander und sieht auf den Boden, doch ich habe das Gefühl etwas in seinem Gesicht glitzern zu sehen, so als würde ihm erneut eine Träne die Wange hinunter laufen. „Alles okay, Jungkook?" Er antwortet nicht, sondern hält seinen Blick durchgängig auf den Boden.

Ich bleib stehen und da ich nach wie vor Jungkook's Hand halte, zwinge ich ihn gleich auch dazu, stehen zu bleiben. Noch immer hat er seinen Blick auf den Boden gerichtet, weshalb ich meine freie Hand nehme und meinen Zeige- und Mittelfinger an seinem Kinn platziere und es so hochdrücke, sodass er mir in mein Gesicht und ich in das seine sehen kann.

Tatsächlich hat er einige Tränen in den Augen. „Was ist denn?" Als sein Blick nun wieder nach oben gerichtet ist, weiten sich seine Augen. „Lass uns bitte sofort weiter gehen." bittet er mich mit panischer Stimme. „Was? Wieso denn?" Ohne eine Antwort auf meine Fragen zu bekommen, zieht mich Jungkook einfach weiter die Straßen entlang und rennt schon fast, bis er kurz vor der Apfelplantage endlich langsamer wird. Doch stehen bleibt er immer noch nicht, sondern geht schnellen Schrittes die Wiese entlang, bis er bei dem Baum stehen bleibt, unter dem meine Eltern zusammen gekommen waren.

„Was war denn los? Was hast du denn?" frage ich ihn dann, als er anhält. Er antwortet immer noch nicht sondern weicht meinem Blick aus. Deshalb löse ich dann meine Hand von seiner und umrahme mit beiden Händen sein Gesicht. Somit zwinge ich ihn dazu, mich anzusehen, doch wenn ich seinen Blick suche, weicht er immer noch aus. Die Tränen kullern ihm ununterbrochen aus den Augen. Dieser Anblick zerbricht mir mein Herz. Was hat er denn? „Warum weinst du?"

Immer noch keine Antwort. Ich nehme meine Daumen und wische Jungkook alle Tränen von den Wangen, die ich wegwischen kann. „Bitte hör auf zu weinen. Das zerbricht mir das Herz." Überrascht über meine Aussage hört Jungkook auf meinem Blick auszuweichen und sieht nun direkt in meine Augen. Ich weiß nicht, was in diesem Moment über mich gekommen ist, doch ich habe mit einem Mal das Verlangen, Jungkook's Lippen auf den meinen zu spüren, weshalb ich meinen ganzen Mut zusammen nehme und ihm sachte einen Kuss auf seine weichen Lippen drücke. Zu meiner Überraschung erwidert der Jüngere etwas zögernd den leichten Druck.

Nachdem ich ihn löse, schließe ich den Jüngeren einfach in eine Umarmung, denn mein Gefühl sagt mir, dass Jungkook das gerade braucht und mein Gefühl hat mich bisher noch nie getäuscht. Der Braunhaarige erwidert die Umarmung und ich merke, wie er seinen Gefühlen, die sich wohl eine ganze Zeit lang angestaut haben müssen, nun endlich freien Lauf lässt und leicht aufschluchzt.

Nach einiger Zeit merke ich wieder, dass er sich langsam beruhigt. Er entfernt sich langsam aus der Umarmung und wischt sich nochmal über das Gesicht, ehe er mich anlächelt und sagt: „Danke, Tae." Als er meinen Spitznamen zum ersten Mal seit ich ihn kenne in seinen Mund nimmt, wird mir irgendwie wohlig warm ums Herz. Mein Spitzname klingt mit seiner Stimme tausendmal schöner als bei anderen. „Wirst du mir irgendwann sagen, was los war?" frage ich ihn dann so ruhig ich kann und nehme dabei seine beiden Hände in die meine. „Bestimmt, aber bitte nimm es mir nicht übel, wenn ich es nicht jetzt sofort sage. Ich brauch noch ein bisschen Zeit." beantwortet mir der Braunhaarige mit auf den Boden gerichteten Blick meine Frage.

„Nein, das nehme ich dir nicht übel. Ich versteh das." beruhige ich ihn und bei meinen Worten richtet er seinen Blick wieder auf und lächelt mich leicht an. „Wir sind übrigens da. Hier, unter diesem Baum, wollen meine Eltern morgen ihren Hochzeitstag feiern." wechsle ich dann das Thema, da ich weiß, dass Jungkook jetzt nichts mehr zu dem vorherigen sagen würde. „Hier sind sie zusammen gekommen." füge ich noch an meine letzten Worte an.

„Das ist ein schöner Ort. Ich kann verstehen, warum sie hier feiern wollen. Ich bin auch immer hierher gekommen, wenn ich ein bisschen abschalten wollte." sagt Jungkook dann und ich sehe ihn fragend an: „Du kennst diesen Ort schon? Warum kannte ich ihn denn nicht, obwohl ich hier in der Nähe sogar mal gewohnt habe?"




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Happy New Year Everyone!🥳

Auf dass das Jahr 2021 besser wird.😉

You Are My Destiny {TaeKook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt