Kapitel 12: Das Reichen-Viertel (1.301)

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Die Tage vergingen erneut wie im Flug. Morgen feiern meine Eltern bereits ihren Hochzeitstag. Die Planung ist so weit abgeschlossen und Namjoon fragte TXT bereits, ob sie den CEO des Big Hit Entertainments irgendwie ablenken und im Entertainment behalten können. Sie sind wirklich sehr hilfsbereit, denn laut Namjoon zögerten die fünf Jungs gar nicht erst, sondern stimmten direkt zu ohne auch nur irgendeine Gegenleistung erwartet zu haben.

Solche Menschen sind mir doch die liebsten.

Jedenfalls befinde ich mich aktuell wieder im Café Del Luna um den ganzen Stress rund um die Planung des Hochzeitstages etwas zu verarbeiten. In letzter Zeit schaffte ich es dummerweise nur immer abends in das Café und da hat Jimin meistens eine Verabredung mit Areum, weshalb ich öfter alleine hier ausharrte. Nur Jungkook kam ab und an zu mir, um sich mit mir zu unterhalten, doch da er meistens direkt nach seiner Schicht im Café zu seinen Trainingseinheiten im Big Hit musste, hatte auch er nicht sonderlich viel Zeit.

Plötzlich geht mir ein Gedanke durch den Kopf: Wenn er spät abends immer seine Trainingseinheiten im Big Hit hat und von mittags bis abends im Café arbeitet, wann kann er dann studieren und auch für die Uni lernen?

„Hey, Taehyung." reißt mich die freundliche und beruhigende Stimme des Braunhaarigen aus meinen Gedanken. Wenn man vom Teufel spricht (beziehungsweise an ihn denkt)... „Hey, Jungkook." begrüße ich den Jüngeren dann zurück. Dann fällt mein Blick auf die Uhr, die mir mitteilt, dass Jungkook jetzt wohl Dienstschluss haben muss. „Na? Ist Jimin immer noch mit Areum beschäftigt?" Ich nicke das einfach nur ab. „Ich habe ihn aber heute Vormittag in der Vorlesung gesehen. Es geht ihm ausgezeichnet in seiner Beziehung mit ihr." schmunzle ich vor mich hin. Die ganze Vorlesung über, hat er zu ihr gestarrt und sie zu ihm. Sie scheinen echt glücklich zu sein.

„Apropos Vorlesung. Sag mal, Jungkook, wenn du von mittags bis abends arbeitest und nach deiner Schicht im Café Trainigseinheiten im Big Hit absolvieren musst, wann findest du denn dann Zeit zum Studieren und zum Lernen?" „Naja, die Vorlesungen finden eigentlich immer vormittags statt und zum Lernen hab ich am Wochenende, vor und nach meiner Arbeit, Zeit." Also hat er ja tatsächlich so gut wie kein Privatleben. Luna hatte vollkommen Recht. Jungkook's Zeitplan ist ganz schön vollgepackt. Das sein Körper den ganzen Stress überhaupt mitmachen kann, scheint mir nicht ganz logisch.

Deshalb sah er auch oft ziemlich müde und erschöpft aus, wenn ich ihn angetroffen habe. Das kann doch nicht gut für einen Menschen sein, wenn man ständig auf Achse ist. „Und dein Körper macht das alles mit? Das ist schon echt mega viel für dein junges Alter, Jungkook. Pass auf, nicht dass du dich überanstrengst." Als mein Blick dann wieder auf die Uhr fällt, frage ich Jungkook: „Na? Heute kein Training?" „Nope. Die gleiche Lehrerin, wie auch beim letzten Mal, ist noch immer krank. Also kein Modeln möglich." beantwortet er meine Frage und danach bleibt es eine Zeit lang still zwischen uns.

„Ähm...Taehyung...Wo ist denn morgen eigentlich die Feier deiner Eltern?" Oh man, ich bin ja mega verpeilt. Wieder gebe ich mir eine Facepalm. Wie konnte ich denn bloß vergessen, dem Live-Act zu sagen, wo er auftreten soll? „Warum schlägst du dich denn nur immer selbst? Das solltest du echt unterlassen. Das ist nicht gut für deinen Kopf." sagt Jungkook dann witzelnd und mit einem breiten Lächeln, was ihn so unfassbar niedlich wirken lässt.

„Ja, entschuldige. Auch, dass ich vergessen habe, dem Live-Act zu sagen, wo die Feier überhaupt stattfindet. Wenn du das nicht angesprochen hättest, wäre das morgen eine einzige Katastrophe geworden. Es ist hier ganz in der Nähe. Wenn du willst, zeige ich es dir." Jungkook nickt nur. Ich lege das Geld noch auf den Tisch und dann verlassen Jungkook und ich das Café.

Ich gehe vor und ich merke, wie mir Jungkook langsam hinterher trottet. Als wir dann bei der Gasse ankommen, die ins Reichen-Viertel und zur Apfelplantage führt, gehe ich bereits hinein. Als ich merke, dass keine weiteren Schritte mehr zu hören sind, drehe ich mich um und sehe, dass Jungkook wie angewurzelt vor der Gasse stehen geblieben ist. „Was hast du denn?" „D-der Ort der Feier i-ist beim Re-Reichen-Viertel?" stottert er und sein Gesicht wurde mit einem mal etwas bleicher als es so schon ist. „Naja, in der Nähe. Warum? Was ist denn?" „E-es ist nur..." stoppt er mitten im Satz.

„Es ist nur was?" frage ich, aber bekomme keine Antwort. „Magst du das Reichen-Viertel nicht?" „Nicht...Nicht w-wirklich..." stottert er weiter. So langsam macht mir das Sorgen, doch ich frage nicht. Mittlerweile weiß ich, dass er schon reden würde, wenn er es will und es sich auch anbietet. Doch da sich der Braunhaarige noch immer nicht von der Stelle bewegt, gehe ich einfach auf ihn zu und nehme seine Hand, um ihn hinter mich her zu ziehen.

Das erste Mal, dass ich ihn wirklich gewollt berühre.

Bisher saßen wir uns immer nur gegenüber oder hatten uns halt aus Versehen berührt, da er in mich hinein gelaufen war. Doch in dem Moment, in dem ich seine Hand berühre, kribbelt es auf einmal in der meinen und dieses Kribbeln braucht auch nicht lange, ehe es in jedem einzelnen Muskel und in jeder einzelnen Zelle meines Körpers zu spüren ist. Doch es ist ein angenehmes Kribbeln. Eines, was ich sehr gerne und so lange wie möglich spüren will.

Zu meiner Überraschung wehrt sich Jungkook auch nicht gegen diese Aktion meinerseits, sondern lässt mich ihn einfach hinter mich her ziehen und übt sogar noch ein bisschen Druck auf meine Hand aus. Irgendwie wirkt die Stille, die zuvor noch angenehm war, mit einem Mal erdrückend, weshalb ich ohne groß nachzudenken zu reden anfange:

„Ich kann das Reichen-Viertel auch nicht leiden. Weißt du, ich bin hier sozusagen aufgewachsen. Ich sagte dir ja mal, dass ich es nicht sonderlich leicht als Kind hatte. Meine 'Eltern' verhielten sich mir gegenüber nie wirklich als Eltern. Sie brachten mich zwar auf die Welt, aber das war's schon. Für sie war ich einfach nur eine Last, mit der sie sich rumschlagen mussten. Vorne herum taten sie immer als liebevolle Eltern, doch hinten herum behandelten sie mich wie einen Boxsack."

Ich werde ein bisschen zurück gezogen und auch etwas gedreht, als Jungkook abrupt stehen bleibt. Nun sehe ich ihm in seine wunderschönen Rehaugen, die mich besorgt und bemitleidend ansehen. „Das...Das tut mir leid, Taehyung." „Du brauchst dich doch nicht für etwas zu entschuldigen, mit dem du gar nichts zu tun hast." entgegne ich und wische ihm eine Träne von der Wange, die hinunter kullert. Keine Ahnung, was an diesem Abend mit mir los ist. So viel Körperkontakt hatte ich noch nie mit einer Person. Nicht mal mit Jimin oder meinen Eltern. Klar umarmte ich sie mal, doch sowas wie Hände halten oder einfach random jemandem eine Träne aus dem Gesicht wischen tat ich noch nie.

Auch dass ich so offen spreche, sieht mir nicht gerade ähnlich. Wie lange kenne ich Jungkook jetzt? Etwa fünf Monate, doch ich habe nach wie vor dieses Gefühl von damals, als ich ihm half das Café sauber zu machen, in meinem Bauch. Noch immer glaube ich, dass er mein Leben und ich das seine verändern würde. Doch damit das geschehen kann, müssen wir beide erstmal unsere Masken fallen lassen. Meine fällt bereits und die von Jungkook hatte ich immerhin schon mal zum Schwanken gebracht. Er braucht einfach seine Zeit, das weiß ich jetzt. Ich bin zuversichtlich und auch ziemlich sicher, dass er sich mir irgendwann anvertrauen wird.

Ich lächle Jungkook an und auch er schenkt mir dann ein süßes Lächeln. „Na komm, lass uns weiter gehen." sage ich dann und nicke mit meinem Kopf in die Richtung, in der die Apfelplantage liegt.




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So, da wäre auch Kapitel Nummer zwei des Tages.

Und euch nun noch einen schönen Morgen, Tag, Abend oder Nacht.
Je nachdem, wann ihr das hier lest.^^

You Are My Destiny {TaeKook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt