81. Geschäfte mit einem Crank

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Joyce' Sicht:

„Wer sind unsere Besucher?" fragte der Mann vor uns, zu dem Gally uns gebracht hatte. Ich zog scharf die Luft ein, als mir etwas bei ihm auffiel. Ich sah zwar, dass er gerade an einer Blume roch, nur war da, wo normalerweise die Nase saß, keine Nase mehr. „Warum sind die hier?"

Ich trat ein kleines Stückchen nach vorne und stand somit neben Gally. „Wir wollen zu W.C.K.D." antwortete ich. „Gally sagte, dass Sie wissen wie man reinkommt." erklärte ich und guckte den größeren Jungen an.

Lawrence sah von seinen Blumen auf und guckte zu uns rüber. Ich musste schlucken. „Gally sollte besser nichts versprechen, was er nicht halten kann." antwortete Lawrence und fasste einen Gehstock zu seiner rechten. Nochmal guckte ich kurz hoch zu Gally. „Abgesehen davon ist die Mauer nur das halbe Problem." schilderte Lawrence weiter, während er seinen Tropfständer in die freie Hand nahm und neben sich her schob. „Bei W.C.K.D einzudringen ist unmöglich." Lawrence drehte sich ganz zu uns um.

Ich konnte sein Gesicht aufgrund der Lichtverhältnisse noch immer nicht genau erkennen. Es war einfach zu dunkel. Aber, ob ich das Gesicht wirklich sehen will?

Er hatte schließlich keine Nase mehr...

„Es gibt jetzt vielleicht einen Weg." sagte Gally neben mir. „Aber dazu brauchen wir Joyce und Thomas." Er nickte auf mich und hinter mich. Ich schaute kurz über die Schulter. Ja, Thomas stand da. „Hmhhmmm. Ist das so?" fragte Lawrence röchelnd. Es quietschte laut auf, als er mit dem Tropfständer über den Boden kratzte und näher auf uns zu kam. „Wisst ihr was ich bin? Joyce, Thomas?" fragte Lawrence und trat schließlich in eine Stelle mit Licht.

Mein Mund klappte erschrocken auf und ich schnappte nach Luft. Seine rechte Gesichtshälfte war fast komplett entstellt, ein Auge war milchig trüb, Haaren waren ihm ausgefallen und durch komische Wucherungen ersetzt. Doch was mich persönlich am meisten schockte, war die Tatsache, dass er tatsächlich keine Nase mehr hatte. Dort waren bloß die Löcher vom Schädel. Angewidert trat ich ein Stück nach hinten und stieß gegen Thomas. Beruhigend drückte er meine Hand.

Jetzt wo Lawrence fast direkt vor uns stand, konnte, besser gesagt, hatte ich keine andere Wahl, als ihn anzustarren. Dort wo die Wucherungen waren, war die Haut bläulich lila verfärbt.

Lawrence beugte sich zwischen Thomas und meinem Kopf hindurch und hielt dort an. Ich schloss mit angehaltenem Atem meine Augen und drückte Thomas Hand noch fester als vorher. Diese Cranks rauben mir wirklich den letzten Nerv.

„Ich bin Geschäftsmann." säuselte Lawrence uns plötzlich ins Ohr, weshalb ich leicht einatmete. Dennoch öffnete ich meine Augen und starrte einfach nur zu Lawrence hoch. Eindringlich guckte er erst mich und dann Thomas an. „Was bedeutet ich gehe..... keine.... unnötigen Risiken... ein." sagte er bedrohlich. Wieder musterte er Thomas und mich. „Wieso sollte ich dir vertrauen." Diesmal blieb sein Blick länger an mir hängen. Hätte ich doch nicht schon wieder so eine große Klappe gehabt. Immer wenn wir wo neu sind, mache ich uns direkt erstmal unsere möglichen Verbündeten zu Feinden.

„Weil wir Ihnen helfen können." antwortete Thomas für uns beide. Lawrence musterte meinen klugen Bruder. „Wenn Sie uns hinter die Mauer bringen, besorgen Joyce und ich was Sie brauchen." fügte er ruhig aber bedrohlich hinzu. Genau, das Heilmittel.

Lawrence betrachtete Thomas eindringlich aber neugierig. „Und was wär das? Eurer Ansicht nach." fragte dieser. Diesmal schaltete ich mich wieder mit ein. „Zeit. Lawrence." sagte ich, ließ Thomas Hand los und deutete auf seinen fast leeren Tropfbeutel. Nur noch eine kleine Menge blauer Flüssigkeit war dort drin und würde nicht mehr lange reichen. Lawrence guckte mich, Thomas und dann seinen Tropf an. Dann vom Tropf weiter, von sich aus, nach links zu Gally.

„Ist es das, was ich brauche?" fragte Lawrence und guckte wieder zu Thomas und mir. Irgendwie müssten wir doch diesen alten Crank überzeugen können. Lawrence lachte mit einem Hauch Lächerlichkeit auf.

Ich schnaubte aus und hielt den Blick mit dem Crank stand. „W.C.K.D hat etwas, was mir beide wollen." sagte ich mit erhobenem Kinn und probierte mutig zu wirken. Doch das leichte Zittern in meiner Stimme war dennoch etwas zu hören. Als Lawrence sich zu mir drehte, biss ich mir nervös auf die Zähne. „Ich sag dir was, Kleine. Drei von euch können gehen. Alle anderen, bleiben hier." ausdruckslos starrte ich Lawrence innerlich fassungslos an. Das ist doch jetzt nicht sein Ernst oder? „Nur eine kleine Absicherung." fügte Lawrence gleichgültig hinzu. Ja. Es war todernst gemeint. „Nur damit ihr den Weg zurückfindet." Meine Augenbrauen zuckten hoch. Er hatte jedes Recht uns zu misstrauen, aber das ist doch ein bisschen zu hoch gestapelt.

Leise seufzend drehte ich mich zu Thomas um und gemeinsam schauten wir auf unsere Begleiter. Richtige Begeisterung war was anderes. Ich drehte mich wieder zurück zu Lawrence.

„Sind wir im Geschäft?" fragte dieser abwartend. Er hatte mir seine eine Hand ausgestreckt. Angewidert schaute ich auf sie und dann ihm wieder ins Gesicht. Wirklich scharf darauf, seine Hand zu schütteln war ich nicht. Aber es dient dennoch den Zweck. Mit Kraft schlug ich ein und guckte Lawrence ernst in die Augen. Dieser schmunzelte einfach nur, ohne ein einziges Mal zu blinzeln.

Schließlich blinzelte er doch und deutete auf Gally. „Gally wird euch den Weg zeigen." Dankend nickte und ich ließ dann seine Hand los. Jetzt müsste ich Thomas erstmal davon überzeugen, dass ich mit durfte....

𝐉𝐎𝐘 𝐢𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐀𝐙𝐄Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt