51. Jorge's Drei Fragen

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Anscheinend kannte dieses Mädchen sich hier gut aus. Wäre dem nicht so, würde sie vermutlich nicht so selbstbewusst durch die angeketteten Cranks laufen. Wer auch immer sie war, sie wusste ganz genau, was sie dort tat.

Während die fremde Person also auf uns zu lief, reckten sich die umherstehenden Cranks nach ihr aus um sie in die Finger zubekommen. Vergebens. Sie schreckte nicht einmal zurück, wenn eins der Viecher nach ihr schnappte. Als sie näher kam, in den Schein einer Taschenlampe, konnten wir auch endlich ihr Äußeres sehen. Sie hatte kurze braune Haare und ebenso braune Augen. Das Mädchen hatte eine Augenbraue erhoben und schaute uns spöttisch. Ja, ihr Auftritt hat definitiv gesessen.

„Komm nicht näher!" sagte Thomas und drückte uns etwas von ihr weg. Sie musterte uns kurz, bis sie schließlich einen Satz sagte. „Ihr seht ja echt scheiße aus."

Ich konnte mir ein schnauben nicht verkneifen. „Wir kommen nicht gerade von Zuhause." konterte ich grinsend. „Red' nicht mit ihr." flüsterte Newt mir zu. Ich schaute ihn nur verwundert an, zuckte dann aber mit den Schultern. Das junge Mädchen, sie muss wohl in etwas in unserem Alter sein, grinste einfach. „Na kommt. Folgt mir." sagte sie und drehte sich dann um.

Ein Stück ging sie, drehte sich aber wieder zu uns und hob die Augenbrauen. „Aber wenn ihr doch lieber bei denen bleiben wollt...." Da hatte sie recht. Ich ging aus der Meute meiner Leute heraus und folgte ihr dann.

„Kommt schon. Ich will nicht bei den Cranks übernachten." sagte ich und zog dann Thomas, wenn auch wiederwillig hinter mir her.

Wir liefen durch die Tür aus der sie kam und folgten ihr dann einen Gang hinunter. Am Ende des Ganges, befand sich eine Schiebetür die sie mit Schwung aufschob. Direkt nach ihr schlüpfte ich durch die Tür, gefolgt von meinem Bruder und den anderen. Das was sich hinter dieser Tür befand, war ein riesiges Lagerhaus. Naja, jedenfalls das was noch davon übrig war.

Durch ein paar gelbe Lampen wurde der Raum hell gehalten, war ansonsten aber nicht gerade ordentlich. Eine Treppe weiter vor uns führte zu einer Erhöhung. Alles war aus Holz gebaut, also das was dazu gekommen war.

„Kommt. Bleibt zusammen." rief das Mädchen von vorne. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich etwas zurückgefallen war. „Jorge will euch kennenlernen." Weniger schauen, mehr fragen Joyce. „Wer ist Jorge?" fragte ich deshalb direkt nach. Berechtigte Frage. Sie taucht einfach so auf und will uns dann zu ihrem, äh vielleicht Anführer oder Boss bringen? „Wirst du gleich sehen." antwortete sie bloß und lief weiter.

Ein paar Mal kamen und Leute entgegen, die uns aber größtenteils ignorierten. Doch gerade als ich die Treppe hinauf gehen wollten, hinter dem Mädchen, hielt mich ein fremder Mann am Arm fest. Er hatte eine halbe Glatze und viele Tattoos auf der Haut. „So eine Süße." flüsterte er und packte meinen Arm fester. „Lass los, du Mistkerl!" zischte ich und zog an meinem Arm. Er wollte jedoch nicht loslassen. „Barkley! Lass sie los. Sie sollen zu Jorge." rettete mich das Mädchen schnell.

Dankbar nickte ich nur zu. Sie kommentierte es ebenfalls mit einem Nicken. „Alles gut?" flüsterte mein Bruder plötzlich hinter mir und legte eine Hand auf meine Schulter. „Klar." murmelte ich und stieg die Treppe weiter empor.

Ebenso wie unten, standen und saßen hier oben Menschen herum. Entweder gebeugt über ein Kartenspiel oder über eine Waffe. Überall standen ein paar Kanister mit Feuer herum, ebenfalls zur Beleuchtung. Vielleicht aber auch zur Wärme. „Wer ist Jorge?" fragte jetzt Thomas, diesmal mit mehr Druck. „Wirst du gleich sehen." Die gleiche Antwort wie bei mir.

„Durch die Brandwüste ist lange niemand mehr durchgekommen." sagte sie mit dem Rücken zu uns. Verwundert schaute ich Thomas an. „Ihr habt ihn neugierig gemacht. Und mich auch." sie sagte das letzte mit einem Seitenblick auf Thomas.

Was ging denn jetzt hier ab...

Ich ließ mich etwas nach hinten fallen, sodass ich nun neben Newt und Pfanne lief. In meinem Nacken spürte ich den Atmen von jemanden. Umdrehen wollte ich mich nicht, es war eh nur wieder irgendein Perverser. „Wie sieht's aus. Fühlt sich vielleicht jemand anderes noch unwohl hier?" fragte Newt in die Stille hinein. Ich packte einfach seinen Arm und hielt mich an ihm fest.

„Hör'n wir ihn einfach mal an. Mal sehen, was er zusagen hat." antwortete Thomas und drehte sich zu uns nach hinten. Wir liefen noch eine Treppe hoch und befanden uns schließlich auf der obersten Etage.

Dachboden.

Weiter hinten stand ein riesiger Tisch und an ihm saß wohl eine Person. Vermutlich dieser Jorge. Er hatte eine Lampe an seinem Tisch an und schien zu arbeiten. „Jorge. Sie sind da." kündigte das Mädchen uns an. „Shhshhshh." machte dieser bloß und hob nur die Hand. Ein leises Rauschen war zu hören, Stimmen auch. Hörten die jemanden ab?

Die Fremde setzte sich an den Rand auf eine zerfetzte Couch. Etwas unschlüssig stellten wir uns in eine Reihe auf. Ich hatte immer noch Newts Arm umklammert.

„Verdammt!" stieß plötzlich der ältere Herr aus. Jorge. Er nahm sich seine Brille an und knallte sie genervt auf den Tisch. Na, das wird ja heiter werden. Schließlich stand er auf und drehte sich mit den Händen in den Hüften zu uns um. Seine Haare waren leicht angegraut, Zeichen seines mittleren Alters. „Habt ihr auch manchmal das Gefühl, die ganze Welt wär' gegen euch?" brach er plötzlich hervor. Also damit hätt' ich jetzt nicht gerechnet.

Verwirrt schauten wir uns an. „Ich hab drei Fragen." begann Jorge erneut. Sofort wurde ich aufmerksam. „Na lass hören." murmelte ich unglaublich leise. Trotzdem bekam ich einen Stupser von Newt.

„Wo seid ihr hergekommen und wo wollt ihr hin? Und.... was habe ich davon?" Kurz überlegte ich ob ich es nicht einfach sagen sollte, hielt dann aber doch den Mund. Keiner antwortete. Jorge sah uns unschlüssig an. „Nicht gleich alle auf einmal." spottete er.

Schließlich trat ich ein Stück vor.

„Wir wollen zu den Bergen!" gestand ich mit fester Stimme. Jedenfalls versuchte ich es. „Wir suchen den rechten Arm." erklärte ich weiter. Leises Gelächter begann was ich einfach überhörte. Jorge schnaubte auf. „Ihr sucht nach Geistern meinst du wohl." witzelte Jorge. Er trank einen Schluck und schaute uns provozierend an.

„Frage Nummer 2." Jorge setzte sich in Bewegung und kam auf uns zu. „Wo kommt ihr her?" er deutete mit einem Finger auf uns. „Das geht keinen was an." funkte Minho sofort dazwischen.

Jorge machte nur eine traurige Geste, als wir plötzlich von Männern festgehalten wurden. Ich wurde auf einen Tisch gedrückt und konnte nur halb meinen Kopf oben halten. „Warte! Halt." sagte Thomas direkt. „Lasst mich verdammt nochmal los!" rief er aufgebracht. Ich hielt inne und schaute zu dem Mädchen. Sie war aufgestanden und hatte sich irgendwas gepackt womit sie auf Thomas zulief.

„Halt Stopp! Lass dir Finger von ihm." kreischte ich auf. „Beruhig dich, Mädchen." sagte Jorge bloß. „Was ist das?!" keuchte Thomas auf, als das Metallding über seinen Nacken ging.

„Du hattest recht." sagte das Mädchen, sie hatte ihn völlig ignoriert. Jorge zog sich seine Brille wieder an und schaute sich das Gerät an. „Wovon redet sie?" fragte Thomas verwirrt. Wir wurden übrigens immer noch festgehalten. Doch oh, wir wurden gerade losgelassen. „Es tut mir leid, hermano." fing Jorge an. Was ein komisches Wort. „Wie's aussieht wurdet ihr markiert."

Wovon sprach er denn bitte? „Du kommst von W.C.K.D." sagte Jorge die vernichteten Worte. Ich Schluckte schwer. Shit. „Und das bedeutet, ihr seid außergewöhnlich...... wertvoll." sagte er und betonte das letzte Wort sehr stark. Panisch schaute ich umher, als die Männer auf uns zu kamen.

Würden wir, ich, uns dagegen wehren, würde das alles nur schlimm ausgehen. Da es eh jetzt kein entkommen mehr gab, ließ ich mich einfach mitziehen.

𝐉𝐎𝐘 𝐢𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐀𝐙𝐄Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt