2. Die Läuferin

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Mit schierbarer Leichtigkeit, hob mich der Junge leichtfüßig aus der mysteriösen Box heraus. Er übergab mich an einen dunkelhäutigen Jungen mit vollen Lippen und einem sehr freundlichen Lächeln. Ganz anders als der mit den Wurm-Augenbrauen. Er setzte mich auf den Boden ab und ging ein Stück von mir weg, um mich wahrscheinlich zu mustern.

Allerdings war er nicht der einzige der das tat. Rings um mich herum standen ungefähr 15 junge Männer. Sie sahen ab geackert, verschwitzt und verwirrt aus. Alle von ihnen trugen abgenutzte Kleidungsstücke mit Dreck. Unter ihren Blicken wurde mir merkwürdig warm. Peinlichkeit machte sich in mir breit als mir plötzlich ein Licht aufging.

Ich war umringt von pubertierenden jungen Männern, welche mich alle mit diesem seltsamen Blick musterten. Hilfesuchende nach einem anderen Mädchen, schaute ich mich um und ging einen Schritt zurück, nachdem ich mich aufgerappelt hatte. Ich konnte ja nicht das einzige Mädchen sein. „Du wirst hier kein anderes Mädchen finden. Du bist die Erste." sagte ein schmächtiger, wenn auch großer Junge mit einem jungen Gesichtsausdruck. Er hatte eine dunkle Augenfarbe, Blonde verstrubbelte Haare und hielt einen aus Holz gemachten Speer in der Hand.

Ich wich noch einen Schritt zurück. „Es gibt keinen Grund dafür, dass du Angst haben musst." beruhigte mich der dunkelhäutige Junge wieder.

Doch, den gab es, sogar mehrere die meiner Meinung nach sehr einleuchteten:

1. Ich war das einzige weibliche Lebewesen weit und breit (abgesehen von einer vielleicht weiblichen Ziege die ich im Hintergrund sah)
2. Die Jungs waren mit spitzen Speeren bewaffnet
3. War ich ein Mädchen

Mein Fluchtinstinkt setzte ein. Ich drehte mich blitzschnell um und rannte los. Ohne nach hinten zu schauen, raste ich quer über den Rasen. „Da ist sie! Unsere erste Läuferin!" grölte einer der Jungs laut auf. Moment, Läuferin? Ich blieb mit einem Fuß in einer Kuhle hängen, knickte mit meinem Knöchel um und fiel der Länge nach hin. Ich rappelte mich trotzdem wieder auf und richtete meinen Blick hoch. Doch ich sah etwa, was mich mehr erschreckte als eine Horde Jungs. Es waren die wirklich riesigen Mauern eines Was-Auch-Immer.

Geschwind drehte ich mich um und lief, obwohl mein Knöchel schmerzte auf die Gruppe zurück. Mit meinem Zeigefinger deutete ich auf das Ungetüm von einer Wand. „Was zur Hölle ist dieses Ding dort?!" schrie ich aufgekratzt. Der schmächtige Junge, der mit den Wurm-Augenbrauen und der dunkelhäutige standen mir am nächsten, sodass ich auf sie zuschritt.

„Wo bin ich hier?!" ich tippte dem dunkelhäutigen auf die Brust.
„Was ist das für eine Mauer?!" nun war der mit den Wurm-Augenbrauen dran.
„Und wie kann es sein das ich das einzige Mädchen bin?!" zischte ich zuletzt den schmächtigen Jungen an.

Ehe ich ihm mit einem Finger auf die Brust tippen konnte, hielt er blitzschnell meine Hand fest. Er übte einen leichten Druck auf sie aus, um sie von sich zuschieben.

„Wir können dir deine Fragen beantworten. Beantworte du nur erst meine Frage. Wie ist dein Name, Frischling?" fragte der Typ der mich aus der Box gehoben hatte. Ich wollte gerade meinen Mund aufreißen um sie ihm zu beantworten, als mir die Antwort im Hals steckenblieb.

Ich hatte keine Ahnung wie mein Name war.

„W-Warum weiß ich meinen Namen nicht?" stotterte ich aufgebracht und fuhr mir über das Gesicht, dabei rutschte ich langsam zu Boden. Der dunkelhäutige ging, mir viel auf das es sehr vorsichtig war, langsam auf mich zu und streckte mir seine Hand auffordernd entgegen, um mir aufzuhelfen. „Ich bin Alby." sagte er. „Ich bringe dich jetzt erstmal zu Jeff und Clint, unsere Sanis. Sie werden sich deinen Knöchel anschauen. Das sah ja ziemlich gefährlich aus." witzelte er.

Ich ignorierte seine Hand einfach. Er seufzte auf und lief in einem langsamen Tempo voraus. Leicht humpelnd folgte ich ihm über die große Wiese, mit dem hohen Rasen, zu einer Hütte aus Holz. Sie sah selbstgebaut aus und bestand aus aneinander gestellten Holzstämmen. Ich stöhnte schmerzhaft auf als ich wieder leicht umknickte.
Nun tat der Knöchel erstrecht weh.

„Soll ich dir helfen?" bot Alby mir an. Er hatte sich zu mir umgedreht und schaute mich besorgt an. Dankbar nickte ich und legte meinen linken Arm um seine Schulter. Mit seinen rechten Arm an meiner Taille stützte er mich. Gemeinsam humpelten wir dann zu den Sanis. Wer auch immer sie waren. „Der Typ mit dem grimmigen Gesichtausdruck scheint ja nicht gerade der Freundlichste zu sein." grummelt ich. „Ach, du meinst Gally. Sieh es ihn nicht übel. Er ist immer misstrauisch wenn ein neuer Frischling mit der Box hinauf kommt."

Stutzig schaute ich zu ihm hoch. „Also bin ich nicht die Erste die mit dieser Box hinauf kam?" fragte ich und biss mir auf die Zunge um nicht nochmal auf zu stöhnen. „Nein. Jeden Monat bekommen wir von den, nun, wir nennen sie Schöpfer, Lebensmittel und immer einen neuen Frischling. Sie haben uns hier rein gesteckt und lassen uns als Erinnerung nur unseren Namen." sagte Alby missmutig.

„Wer war der Erste?" fragte ich vorsichtig. Er machte eine wegwerfende Handbewegung und deutete auf die Tür, ebenfalls aus Holz, vor uns. „Wir sind da." Er stieß die Tür auf. Im Inneren war es wesentlich dunkler als draußen und man sah kleine Staubfussel durch die Luft fliegen. Wir traten ein. „Clint! Kommst du mal?" sagte Alby laut.

„Klar, Mann." ertönte die Stimme, vermutlich von Clint. Der braunhaarige mit einem rundlichen Gesicht versehene Clint kam aus einem anliegenden Zimmer heraus. Er blieb wie angewurzelt stehen als er mich erblickte. Danach schaute er Alby an.

„Du musst Clint sein. Hallo. Ähm, Alby sagte mir das du dir meinen Knöchel anschauen kannst. Ich bin eben umgeknickt." sprach ich nun. Clint drehte sich zu mir um, schüttelte leicht den Kopf und setzte ein leichtes und freundliches Lächeln auf. „Dann komm mal mit." Er ging voran in das Hinterzimmer aus dem er kam. Dort war eine Liege aufgebaut und massenweise Medikamente und Verbandszeug lag dort herum. Er bot mir mit einer Hand mich zu setzten.

Ich nahm Platz, zog meinen Schuh aus und die darunter liegende Socke. „Du bist also unser neuer Frischling." sagte Clint während er mir eine kühle Salbe auf den Fuß schmierte. „Ja, der Namenlose Frischling." seufzte ich auf. Der Sani verband meinen Fuß und zog mir vorsichtig den Schuh wieder an.
„Warte. Ich mach das." sagte ich und zog mir vorsichtig den Schuh an.

„Weißt du, Kleines. Jedem von uns erging das. In ein paar Tagen wirst du dich wieder an deinen Namen erinnern." versicherte er mir. Ich nickte. „Sag mal, Clint. Wer ist der große, schmächtige Junge mit den braunen Augen?" fragte ich ihn. „Das ist Newt. Ehm, wenn du willst kannst du hier schlafen. Dann hast du deine Ruhe. Wir sehen uns dann morgen."

Ich winkte ihm anwesend zu. Newt also, irgendwo hatte ich diesen Namen schon gehört. Generell, mir kamen alle Namen bekannt vor. Gally, Alby nur der von Clint nicht so ganz. Doch wann nur, werde ich meinen eigenen Namen wieder wissen.
Seufzend legte ich mich hin, deckte mich mit der dünnen Decke zu und schloss die Augen.

𝐉𝐎𝐘 𝐢𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐀𝐙𝐄Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt