30. Die Veränderung

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Mit klopfenden Herzen schaute ich auf Gally. Doch plötzlich machte Chuck neben mir ein würgendes Geräusch „Thomas." sagte er und drehte sich zu ihm um.

Ich zuckte fürchterlich zusammen, als ich einen stetig größer werdenden Fleck auf Chucks Brustkorb sah. Keuchend atmete ich ein und schlug mir die Hand vor den Mund. Er fiel um und Thomas fing ihn auf und drückte währenddessen seine Hand auf die Wunde. Ich rutschte zu Boden und saß so direkt neben Thomas.

Nein, Chuck konnte jetzt nicht sterben. Dafür waren wir zu weit gekommen.

„Oh shit." sagte Thomas vor mir und drückte noch stärker auf die Wunde. Erstickte Laute kamen aus Chucks Mund heraus, welche mir die Luft aus den Lungen drückte. „Chuck sieh mich an, ok?" Thomas rüttelte an den Schultern des kleinen Jungen.

Ich musste doch irgendwas tun! Ich riss mir unüberlegt einen Streifen Stoff von meinem großen Oberteil ab, knüllte es zusammen und half Thomas auf Chucks Wunde zu drücken. Chucks Augen waren glasig und er schaute hektisch durch die Gegend. „Chuck! Du wirst heute nicht sterben." sagte ich zwischen zusammen gepressten Zähnen und versuchte zitternd die Tränen zurückzuhalten.

Thomas, auf der anderen Seite von Chuck flüsterte immer wieder irgendwas und drückte weiter auf die Wunde. Er fing leicht an zu schluchzen. „Thomas." würgte Chuck hervor und hielt seinen Arm. Seine kleine Kinderhand zitterte und ich holte keuchend neue Luft. „Shit. Shit." sagte Thomas immer wieder leise.

Plötzlich holte Chuck etwas aus Holz geschnitztes heraus. Es war eine aus Holz geschnitzte Eule gewesen. Ich wusste nicht für wen sie bestimmt war, aber auf jeden Fall für jemand sehr wichtigen. Er hatte sich förmlich in seine Arbeit hinein gekniet. Chuck versuchte etwas zusagen doch es kam nur Gewürge hervor. „Nein Chuck. Nein." flüsterte Thomas und umfasste Chucks Hand und drückte sie somit wieder zu. „Du wirst es ihnen selber gehen, weißt du auch warum? Was hab ich dir gesagt?" erinnerte Thomas weinerlich. Wir wurden etwas bewusst und es schnürte mir die Kehle zu.

Chuck wollte es seinen Eltern geben. Er hatte etwas für sie gemacht. Ich lächelte gequält. Er hatte oft davon erzählt, wie es wäre, wenn er seine richtigen Eltern finden würde.

„Tu es." bat Chuck ihn. Thomas verneinte weinend weiter. Ich schluckte die aufkommenden Tränen herunter. Doch auf einmal spürte ich einen Druck auf meiner Hand. Es war Chuck. Er drückte meine Hand von seiner Brust. „Chuck, nicht." flüsterte ich. „Joyce, danke für alles." Er schaute mich mit Tränen in den Augen an. „Ich hab dich lieb." sagte er noch schweratmend und richtete seine Augen dann leer an die Decke.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf Chuck. Ein stummer Schluchzer kam in mir hoch und echote in dem Raum. Heiße Tränen quellten aus meinen Augen und liefen mir in warmen Bächen über das Gesicht. „Nein. Nein, NEIN!" schrie ich laut und rüttelte immer wieder an Chucks Schultern. Doch er war tot. Sein Kopf lag einfach stumm da. Ich nahm seinen lockigen Kopf in meine Hände und drückte ihm mütterlich einen Kuss auf die Stirn. „Ich hab dich auch lieb." flüsterte ich und ließ dann von ihm ab.

Heftig vor Schluchzern zitternd, umfasste ich meinen Körper und ließ den Tränen weiterhin freien Lauf. Dieser Schmerz in der Brust war unerträglich. Plötzlich legten sich warme Hände um mich und ich wurde an eine Brust gedrückt. Ich sog den Duft von Newt ein und atmete geräuschvoll ein.

Erschöpft lehnte ich mich an seine Brust und schaute auf den verzweifelten Thomas. Chuck war ihm ein guter Freund gewesen und jetzt war er tot. Wieder kamen mir Tränen hoch. Thomas hatte weinend seinen Kopf auf Chucks Brust gelegt und hielt ihn krampfhaft fest. Mindestens ebenso fest wie ich mich an Nest krallte der ebenfalls weinen musste.

Thomas' Rufe waren schmerzerfüllt und voller Leid.

Doch wir wurden aus dieser Szene herausgerissen, als sich plötzlich eine Tür öffnete und Licht, vermutlich von draußen, seinen Weg ins Innere bahnte. Mehrere vermummte Gestalten rannten hinein.

„Thomas." sagte Teresa traurig.

Die Männer riefen irgendwas. Sie alle hatten schwarze Kleidung an und trugen Waffen in den Händen. Mit auffordernden Bewegungen, befahlen sie uns aufzustehen und ihnen zu folgen. Newt zog mich hoch und ich lief kraftlos neben ihm her. Dabei warf ich immer wieder Blicke nach hinten zu Chuck. Wir würden ihn nie wieder sehen.

Abrupt riss ich mich aus Newts Umarmung und rannte zurück zu Chuck. Thomas saß dort ebenfalls. Ich umklammerte die Hand des Kleinen und schaute verzweifelt in seinen leeren Blick.

Ich wurde von einer der vermummten Gestalten hochgerissen und in Newt Arme geworfen. Dieser zog mich dieses Mal energischer aber auch besorgt hinter sich her. Ich stolperte gelegentlich über meine eigenen Füße, bis wir es endlich hinaus schafften. Die gleißend helle Sonne, schien heiß auf uns herab. Wir befanden uns in einer Art Wüste. Meter von uns entfernt, stand ein großer Helikopter der mit seinen Rotoren den Sand aufwirbelte und mir piksend ins Gesicht flog.

Um meine Augen zu schützen, hielt ich eine Hand vor sich und lief dann neben Newt, über den Sand, zu dem Helikopter.

Wir wurde herein gezerrt. Drinnen angekommen, setzten wir uns an den Rand. Von weitem erkannte ich wie Thomas halb über den Sand zum Helikopter geschliffen wurde, dann aber selbst hinein sprang. Er sah fix und fertig aus. Die Tür des Helis wurde geschlossen.

Plötzlich machte einer der vermummten Typen seine Vermummung vom Gesicht und schaute uns verschwitzt an. „Keine Angst. Ihr seid jetzt in Sicherheit." rief er gegen den Helikopterlärm an und schnallte sich dann mit einem Gurt fest. Schnell griff neben mir nach einem Gurt und konnte spüren, wie die Flugmaschine abhob.

Als wir hoch genug waren, beugten wir uns alle zum Fenster und schauten hinaus. Man konnte das wirklich riesige Labyrinth unter uns sehen.

W C K D

Standort A

Stand dort in weißen dicken Lettern. Das Labyrinth erstreckte sich über mehrere hundert Hektar und war über und über mit Maschinen und Technik bestückt. „Entspann dich, Kleiner. Alles wird sich verändern." sagte der Mann erneut. Dieses Mal zu Thomas. Er hatte rote Augen und rote Wangen. Stumm liefen ihm noch ein paar Tränen über die Wangen, die eine nasse Spur hinterließen.

Wird es das wirklich? Können wir jetzt ein normales Leben weiter führen? Ein Leben ohne Gefangenschaft oder Experimente?

Seufzend legte ich meinen Kopf auf die Tür neben mir und schloss erschöpft meine Augen.

𝐉𝐎𝐘 𝐢𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐀𝐙𝐄Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt