36. Die gestohlene Karte

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„Alice. Barry. Walter. Edgar. Samantha." rief Janson am nächsten Tag die neuen Auserwählten auf. Ich saß neben Thomas am Rande der Bank und hatte einen guten Blick auf den tollen Leiter dieses Schuppens.

„Ich will wissen was hinter dieser Tür ist." flüsterte Thomas leise und riss mich somit aus den Gedanken. „Das hatten wir doch alles schon." richtete Newt sich ebenfalls an ihn. Ja, heute morgen hatten Thomas und ich es den anderen erzählt. So glaubwürdig fanden sie es nicht. „Ihr habt gesagt sie waren zugedeckt, deshalb weißt du gar nicht was du gesehen hast. Es könnte alles mögliche sein." Irgendwie tat es weh, dass Newt uns nicht glaubte.

„Newt, wir wissen genau was wir gesehen haben und das waren eindeutig Körper." zischte ich ihm zu. „Aris sagt, sie bringen jede Nacht neue Ladungen." erklärte Thomas weiter. „Wer ist denn dieser Aris?" fragte Minho ihn, welcher mit Winston und Pfanne auf der anderen Seite saß.

Sofort stand ich auf und ging mit starren Blick auf Aris zu. Mir war es egal, dass die andern, damit meine ich nicht nur die Jungs, es merkwürdig finden, das ich jetzt einfach so aufgestanden war. Mit großen Schritten lief ich auf Aris zu. Er hatte wieder mal seine Kapuze über dem Kopf und drehte eine Orange in der Hand umher.

Mit einem knappen „Hey." setzte ich mich gegenüber von ihm und schob das Tablett, welches vor uns stand, nach rechts.

„Und zu guter letzt: David." beendete Janson mal wieder seine Aufzählung. „Aris. Wir müssen da nochmal hin kommen. Ich will sehen, Thomas auch, was sich verdammt nochmal hinter dieser Tür verbirgt." sagte ich leise. Keiner kann wissen, ob wir nicht belauscht werden. „Deine Freunde schauen ziemlich misstrauisch herüber. Der Blonde sogar wütend." sagte Aris nachdem er einen Blick in die Richtung gewagt hatte, aus der ich kam.

„Das ist mir egal." zischte ich leise. „Wann kö-." weiter kam ich nicht, da ich einen Knall hörte. Mein Kopf fuhr herum und ich erkannte gerade noch, wie Thomas aufstand. Mit gerunzelter Stirn schauten Aris und ich ihm hinterher. Was hat er jetzt schon wieder vor.

Thomas lief immer weiter auf die offene Tür zu. Schnell wechselte ich einen besorgten Blick mit Aris und schaute dann wieder zu Thomas. Erneut wurde er, wie gestern, von einer Wache aufgehalten. Gerade als ich dachte, dass alles wieder in Ordnung sei, drehte Thomas sich um und wollte hindurch rennen. Ohne zu überlegen, stieg ich über den Tisch und rannte zu ihm hin. Die anderen waren auch gerade angekommen.

„Was ist dein Problem, Mann!" brüllte Thomas den Mann an. „Hör auf!" sagte die Wache bedrohlich. Geschockt stand ich daneben, während die Jungs den wütenden Thomas zurückhielten. „Passt auf auf euren Freund!" sagte er weiter aufgebracht. Plötzlich kam Janson von hinten angelaufen, vermutlich hatte er den Krach gehört und schob sich zwischen die beiden Wachen hindurch.

„Hey, was ist den hier los?" fragte er leicht aufgebracht. Thomas beruhigte sich wieder, atmete aber schwer. Ich stellte mich zu den Jungs, allerdings etwas weiter vor. Janson drehte sich etwas überfordert im Kreis umher und schaute die Wachen und dann und forschend an.

„Thomas und Joyce, ich dachte wir könnten einander vertrauen." sagte er und legte uns dann einen Arm auf die Schulter. „Sie können uns auch vertrauen. Es war ein Missverständnis." sagte ich zu Janson und schüttelte seinen Arm ab. Doch er schien mich nicht zu beachten. „Wir spielen alle im selben Team hier." eindringlich schaute er Thomas an. „Tun wir das?" fragte dieser immer noch außer Atmen.

Janson ließ Thomas Schulter los. „Bringt sie zu ihren Betten." gab er den Befehl aus.

Sofort wurden wir wieder von Wachen gehetzt und in unser Quartier gedrängt. Mit einem lauten Knall ging die Tür wieder hinter uns zu und wir waren erneut eingesperrt.

„Was zum Teufel sollte das gerade?!" fragte Minho aufgebracht. „Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, dass die dich durchlassen, oder?" erkundigte Newt sich. „Nein, natürlich nicht." sagte er, fischte dann etwas aus seiner Hosentasche heraus und hielt es hoch. Es handelte sich um eine Karte. Das war die Sicherheitskarte von der Wache.

Mit leuchtenden Augen sah ich Thomas stolz an. Er konnte während der Rangelei an eine Schlüsselkarte rankommen. Ein Raunen ging durch die Jungs. „Ich werde herausfinden, was hinter dieser Tür ist." sagte er und wedelte mit der Karte umher.

„Oh ok." sagte Newt wenig überzeugt. „Newt." richtete ich mich an den großen Jungen. „Die verheimlichen uns etwas. Diese Leute sind nicht die, für die sie sich ausgeben." sagte ich und legte ihm vorsichtig eine Hand auf den Arm. Ich wollte gerade umdrehen und hinter Thomas zu dem Lüftungsschacht gehen. „Nein Joyce, dass könnt ihr nicht wissen." fuhr er uns an und hielt, wie Janson, meinen Arm, beziehungsweise mein Handgelenk fest. „Das Einzige was wir genau wissen ist, dass die uns vor W.C.K.D gerettet haben." sagte er weiter.

„Sie geben uns Kleidung, sie geben uns Essen, sie geben uns ein bequemes Bett." zählt er weiter die guten Sachen auf.

„'N paar von uns hatten das schon lange nicht mehr." Darauf wusste ich auch nichts mehr zusagen, zog ich Newt meine Hand weg und fasste mir mit der rechten Hand auf die linke Schulter und mit der andern um die Hüfte. Ich war enttäuscht und traurig. Es traf mich zutiefst, dass Newt kein Vertrauen in uns hatte. „Ja aber-." fing Thomas an.

„'N paar von uns sogar länger nicht als andere." Mit offenem Mund starrte ich Newt an und schloss dann meine Augen. Es war klar, dass er auf sich und Minho hindeutete, da die beiden am längsten von uns allen auf der Lichtung waren.

Ich nahm die Hand von meiner Schulter und hielt sie mir vor das Gesicht. Schließlich drehte ich mich um und biss mir auf meine Faust um nicht los weinen zu müssen. „Entschuldigt mich kurz." sagte ich mit gedämpfter Stimme und ging dann in das anliegende Bad hinein. Ich schloss von innen die Tür und ließ mich daran herab rutschen. Mit bebender Unterlippe kam der erste Schluchzer hoch, den ich mit meiner Faust unterdrückte.

Ich wusste nicht wie lange ich dort verharrte, aber es war lange genug. Ich stand also auf und klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht um leichte frische zubekommen. Schließlich stützte ich mich darauf ab und atmete durch die Nase ein und aus. Mir war klar, dass ich komplett fleckig im Gesicht war.

„Reiß dich zusammen, Joyce." murmelte ich zu mir und öffnete dann die Tür, welche sich mit einem Klicken wieder aufgeschlossen hatte.

Sofort sprangen die Jungs auf, welche vermutlich gewartet haben. Doch einer fehlte, Thomas. „Wo ist er?" fragte ich trocken. Newt war derjenige der sich als erstes vor mich stellte. „Er ist mit diesem Aris los. Zu der Tür." erzählte er mir. Ich nickte nur und zog mir im laufen meine Jacke aus. Unter ihr hatte ich ein ärmelloses blaues Top. Ich lief an den einen Kleiderschrank und holte mir eine schwarze Hose und einen ebenso schwarzen Hoodie heraus.

Ich zog schnell alles an und zog mir die Kapuze über den Kopf. „Warte! Wo willst du hin?" fragte Minho plötzlich. Vielleicht war es etwas zickig, doch ich antwortete mit „Den Leuten hinterher, die mir glauben."

Mit einem Seufzer setzte ich mich auf den Boden und schaute die Jungs an. Keiner sagte etwas.

„Pass auf dich auf." sagte eine Person und legte dann ihre Arme um mich. Es war Newt. Ich legte meine Hand an seine Brust und drückte ihn leicht weg. „Tue ich immer." sagte ich und zwinkerte ihm dann zu. Ich legte meine Hände auf das Bett und rutschte somit hinunter in den Öffnungsschacht.

Hoffentlich konnte ich Aris und Thomas noch finden.

𝐉𝐎𝐘 𝐢𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐀𝐙𝐄Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt