Kapitel 16

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Freitag- der Tag der Freude. Wär schlauer gewesen ihn Freutag zu nennen. Außer heute. Heute fühlt es sich nicht nach einem Tag der Freude an. Eher nach einem Donnerstag. Donnerstage mag ich wirklich nicht. Und heute fühlt es sich an wie einer. Nicht Mal mein Lieblingsoutfit kann diesen Tag überzeugen, ein guter zu werden. Es ist ein rosa Pullover, mit einer skinny Jeans und meinen roten Turnschuhen. Ein buntes Armband, das mir mal eine Freundin gemacht hat, vollendet meinen Look. Der Verdacht in einem falschen Tag gelandet zu sein, bestätigt sich, als der Vertretungsplan mir eine weitere Freistunde ausspuckt. Wieso ich nicht in Jubel ausbreche? Ganz einfach: Es ist die vorletzte Stunde und total unnötig und Assia habe ich heute auch noch nicht gesehen. Eigentlich habe ich heute noch niemanden wirklich gesehen. Allein eine Stunde herumzusitzen, macht nun wirklich keinen Spaß.

Nach dem allwissenden Vertretungsplan wurden Aufgaben im Sekretariat hinterlegt. Na super, jetzt muss ich auch noch was tun. Als ich um die Ecke Richtung Sekretariat biege, erblicke ich Julius, der mir schon zu winkt. Ich mache einen Abstecher zu ihm und gebe ihm ein High-Five. „Und ich dachte ich wäre spät dran. Was machst du noch hier?" Ich erkläre ihm kurz, wie ich hier gelandet bin und versuche dabei nicht allzu genervt zu klingen. Er kann ja nichts dafür, dass mein Tag so langweilig ist. „Ich hab jetzt Sport und wir spielen wahrscheinlich Fußball! Aber morgen geht es dann richtig los!" Oh ja und wie es das wird! Jetzt muss ich nicht mehr nur so tun, als hätte ich gute Laune. „Wir werden sie fertig machen! Die anderen habe keine Chance!" Voller Energie wirbelt er seinen Sportbeutel umher. Ein Grinsen legt sich auf meine Lippen, als hätte es den ganzen Tag darauf gewartet. So wie er jetzt aussieht, kann ich ihn mir als kleinen Jungen vorstellen. Total begeistert von Fußball, mit einem Grinsen übers ganze Gesicht und scheinbar nichts, was ihm die Stimmungen versauen könnte. Er sah bestimmt total niedlich aus.

„Paul?" „Mmh? Oh, sorry." Ich lache kurz auf. Die Klingel beendet unser Gespräch und Julius eilt davon. Auch ich führe meinen Weg fort, um mir die versprochenen Arbeitsmaterialien abzuholen. Wie routiniert grüßen mich die beiden älteren Frauen im Büro. „Guten Tag, die Damen", antworte ich höflich. Kichernd fragen mich die Älteren, wieso ich sie beehre. Sie händigen mir die Aufgaben des Lehrers aus und wünschen mir viel Erfolg. Mit einem Doppelblatt im Gepäck trete ich meinen Rückweg an, wobei ich die vielen Stufen verfluche. Trotz Sport wird man wohl nie fit genug sein, um nicht ins Schwitzen zu kommen.

Ohne wirkliche Alternative, gebe ich mich meinem Schicksal hin und trotte runter bis ins Foyer. Weil es im alten Gebäude viel zu warm ist... Wo soll ich hingehen? Um keinen bitteren Hitzetod zu sterben, entscheide ich mich für das neue Gebäude. Dort gibt es Gruppenräume, die mein vorgezogener Arbeitsplatz sind. Anders als Klassenräume sind diese für maximal fünf Leute konzipiert und meistens nicht belegt.

Auf dem Schulhof ist es wie ausgestorben. Normalerweise rennen einen doch Fünftklässler um? Wurden die aufgefressen? Genervt von mir selbst, stelle ich fest, dass es mitten in der Stunde ist. Wie blöd bin ich eigentlich?

Meine Hoffnung im modernen Gebäude weniger zu hecheln, verabschiedet sich, als ich durch die Tür stampfe. Hier ist es genauso warm, aber zurück werde ich ganz sicher nicht laufen. Ich schleppe mich die Treppen ein letztes Mal hoch. Wie vorhergesagt finde ich schnell einen freien Raum und kann mich einrichten. Naja, wenn man Federtasche, Buch und Blätter rausholen und Fensteröffnen als Einrichten sieht. Als ich mir die Aufgaben durchlese, ist mir schnell klar absolut keine Ahnung zu haben. So null. Nada. Niente. Non. Egal in welcher Sprache, ich verstehe nichts. Ich versuche über das Buch ein wenig Anschluss zu finden, was mir dann doch relativ schnell gelinkt. Sobald ich mich ins Thema gelesen habe, sind die Aufgaben okay. Obwohl ich allein fürs Lesen gefühlte hundert Jahre brauche, weil ich mich einfach nicht konzentrieren kann. Gerade sitze ich an einer Aufgabe, die mir einen inneren Monolog zu irgendeiner historischen Persönlichkeit abverlangt. Gilt Sherlock Holmes als historische Persönlichkeit? Darüber könnte ich Romane schreiben, aber über Caeser oder Karl Marx? Ich entscheide mich im Endeffekt für Hitler. Jetzt fehlt mir noch ein Thema. Man sagt ja die besten Ideen entstehen aus Einfallslosigkeit. So kommt es, dass ich vertieft in einen Text bin, der von Hitler und seinen Gedanken über Trump handelt, als die Temperatur innerhalb von Sekunden stürzt.

„Hey, Blumenmädchen. Geh Ärsche aufreißen", befehligt mir Konrad. Fuck.

Be My Cookie (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt