Kapitel 24

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„Marco!" Er öffnet die Augen und blickt in mein empörtes Gesicht. „Tut mir leid, ich wollte mich nicht aufdrängen..." Seine Miene verzieht sich schuldbewusst. „Hast du aber." Seine Worte wirken ernstgemeint, aber das ändert auch nichts mehr. Mein Verstand sagt mir, dass ich ihm noch eine zweite Chance geben sollte, aber dazu kann ich mich nicht durchringen. Ich löse mich von ihm und ohne zurückzublicken steuere ich wieder auf die Bar zu, um mir dort noch etwas von dem durchsichtigen Zeug in den Rachen zu kippen. Marcos Blick brennt sich in meinen Rücken und weckt Schuldgefühle in mir. Diese Gedanken lasse ich nicht an mich rankommen, schließlich bin ich nicht hier um zu Schmollen. Mit einem feurigen Brennen im Hals komme ich bei den Jungs an und schiebe mich auf eine freie Bank, wo mich der Lockenkopf schon erwartet.

„Wo hast du deinen Verehrer gelassen?" August durchkämmt die Menge mit Adleraugen. „Auf der Tanzfläche. War mir zu klammernd." August betrachtet mich mitleidig, natürlich erkennt er, wie einsilbig meine Antwort war, aber er scheint sich nicht daran zu stören.

Wütend nehme ich einen großen Schluck von der exotischen Mischung, die einer der Jungs vor mir abgestellt hat und versuche August zu vergessen. Klappt aber nicht. „Was soll dieser Blick?! Ich kann sehr wohl Spaß haben! Und jetzt lass mich in Ruhe, kann ja nicht jeder so aufgeschlossen sein wie du!" Während ich rede, fällt mir auf, wie arschig das war. August kann nichts dafür, dass er so ist wie er ist und ich so bin wie ich bin. Außerdem will er mir nur helfen. Der Hobbyjournalist guckt ein wenig gekrängt, bleibt aber still und lässt mich durchatmen. Frustriert stöhne ich auf und versuche es nochmal: „Tut mir leid, du hast es nur nett gemeint. Ich war - bin ein Idiot."

August stimmt mir brummend zu und scheint nicht mehr sauer zu sein. Aufmunternd tätschelt er meinen Arm. „Ist schon okay. Nur eine Frage: Soweit ich das beurteilen kann, sieht er toll aus, hat dir was spendiert und war auch zu uns freundlich. Und tanzen konnte er allemal. Er wirkt wie ein toller Fang. Nicht dein Fall?" Ich komme gedanklich ins Stocken. August hat recht, hätte ich Marco auf der Straße getroffen, hätte ich wahrscheinlich gesabbert. Wieso habe ich dann das Gefühl in abweisen zu müssen? Stille breitet sich zwischen uns aus.

„Wo sind eigentlich Cezara und Linus?", frage ich kleinlaut. „Cezara wohnt weiter weg und hat, so wie ich, nicht das Glück morgen frei zu haben." „Und wieso bist du dann noch hier?" August zeigt mir seine Grübchen als er lacht. „Man bekommt keine gute Story zustande, wenn man 22 Uhr im Bettchen liegen muss." Ertappt verziehe ich den Mund. „Wehe in der nächsten Ausgabe sehe ich mein Gesicht auf dem Titelblatt mit der Aufschrift ‚Fußballstar lässt heißes Model abblitzen - ist ihm noch zu helfen?!'"

Augenrollend lacht August trocken auf. „Bitte! Ich bin kein Stalker, der das Privatleben meiner Freunde an die Presse weitergibt. Boa, lenk nicht ab!"

„Ja, das ist nicht mein Geschmack, okay?" Das ist die einzige Antwort die der Lockenkopf heute von mir kriegt. Soll er doch jemand anderen seinen Block unter die Nase halten. „Mh." Unzufrieden schüttelt er mit dem Kopf. Super, jetzt hat er sich festgebissen. „Stehst du auf blond?" Ich muss keine Sekunde nachdenken. „Jo." „Groß?" „Joa, wieso nicht?" Ist bei meiner Größe ja auch nicht schwer. Sein Fragespiel nervt. „Ja, ich mag es auch, wenn derjenige schwul ist, Zähne und Hände hat und Beine. Reicht dir das?" „Magst du jemand, der auch so kratzbürstig sein kann wie duuu?" „Wenns dich dann glücklich macht: ja."

„Mh." „Boah ich raste aus, wenn du noch einmal mh sagst! Wie findest du das mh? Mh mh mh! Mh dich selber!" Sobald August den Mund aufmacht, unterbreche ich ihn mit einem „Mh". Seine Art finde ich lustig, dass stört mich gar nicht, aber es regt mich auf, dass ich nicht hinter seine Fragen komme! Hätte ich bloß nicht den ganzen Cocktail in mich reingekippt! Wie aufs Stichwort kippt mein Kopf immer wieder zur Seite und mit einem letzten „Mh" verabschiede ich mich von August. Mein Alkohollimit kenne ich noch nicht, aber allzu bald möchte ich es nicht herausfinden. Mehr schlecht als recht drängle ich mich an den Tanzenden vorbei, bis ich Roy erkenne. „Hey, Kumpel. Kann ich dir helfen?" Unter der Schwierigkeit aufrecht stehen zu bleiben, erkläre ich Roy kurz meine Situation und er gibt mir seine Ersatzschlüssel. Wie ich zu seiner Wohnung komme weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur noch an den Moment, als ich meiner Mum schreibe und dann auf die Couch falle.

Be My Cookie (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt