Kapitel 65

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„Ich habe neben der Kirche einen Spielzeugladen gesehen, die werden doch sicher auch einen Fußball haben." Kaum habe ich die Worte ausgesprochen, joggt Linus in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Der Grund seiner sportlichen Betätigung ist ein leeres, mit Linien versehenes Feld, dass sich vor uns inmitten der Wiesenmeere ergießt. Eine Runde wollten wir vor dem zur-Hütte-Fahren noch drehen und dabei sind wir auf das Fußballfeld gestoßen, das verwildert am Wegesrand liegt, verlassen von Spielern und Toren.

Linus und ich waren natürlich von Anfang an begeistert, aber die beiden Mädchen schauen nicht so motiviert drein. Bis mein bester Freund wieder kommt, versuche ich die beiden zu überreden, doch mit uns zu spielen und tatsächlich gibt Cezara nach. Assis ist dabei schwerer umzustimmen, aber nicht unmöglich. Ob es der Rest an Mitleid ist, den sie mir seit Tagen mit heimlichen Blicken zuwirft, kann ich mit Wahrscheinlichkeit sagen. Meine beste Freundin stellt sich zwar mit verschränkten Armen in den Torbereich und sieht nicht so aus, als würde sie sich heute noch bewegen, aber Hauptsache sie ist bei uns.

„Hier, es geht los!" Mit einem gezielten Wurf spielt er mir den Ball zu und aufgeschreckt bringen wir uns in Position. Da wir nur zu viert sind, kann man unser Unterfangen kaum als Spiel bezeichnen, aber wir luchsen uns mit Tricks die Bälle ab und legen Sprints mit dem Ball hin, einfach, weil es Spaß macht. Meine Muskeln zittern dabei erfüllt, als wären sie viel zu lange erstarrt gewesen und es fühlt sich an, als würde ich eine brennende Schneise hinter mir schlagen, wenn ich durch das Gras renne. Wie gern würde ich den anderen erzählen, dass ich von der Verletzung rein gar nichts mehr merke, aber nur Assia würde wissen, was das bedeutet. Auch das möchte ich heute ändern und mit meinem besten Freund reinen Tisch machen.

„Nun pass doch zu mir! Ich steh frei!" „Zu wem soll ich den sonst passen? Zu dem Kaninchen auf der Wiese neben an?" „Ne, zu deiner unsichtbaren ersten Freundin aus der dritten Klasse." „Hey, dass hatte ich dir im Vertrauen erzählt!" „Du Vollhorst, dass hätte ein Tor werden können!" Während Assia und Cezara nur noch rumstehen und sich die Bäuche halten vor Lachen, versuchen Linus und ich alle eintrainierten Spielzüge zu zweit, was nicht zu Letzt daran liegt, dass mein bester Freund Cezara beeindrucken möchte. Als es dann aber doch zu kalt wird und wir keuchend auf dem trockenen Gras liegen, machen wir uns auf den Weg zum Auto.

Auf der Fahrt quatschen wir alle über die Erlebnisse und was wir getrennt so gemacht haben. Als wir fast am Ziel sind, reicht Assia sogar ihren Skizzenblock herum und lässt es zu, dass ihre Werke bestaunt werden. „Ihr müsst doch noch einkaufen gehen, wenn wir zurück sind, oder? Was wollen wir heute Abend überhaupt essen?", fragt Assia, als sie die Finger nach ihrem Block ausstreckt, um ihn wieder einzupacken. Über die Essenswünsche haben wir uns noch gar keinen Kopf gemacht, aber gemeinsam zu kochen wollten wir von Anfang an. Wir überlegen hin und her, sind aber nie ganz zufrieden mit den Gerichten, da wir vegetarisch kochen wollen, um für Assia nichts Eigenes machen zu müssen. Erst als mir die zündende Idee kommt, Ratatouille zu machen, werden wir uns einig und zusammen halten wir vor dem Laden an.

Zu viert geht der Einkauf so schnell, dass wir den Korb in Windeseile füllen und zu meiner Freude ist wieder der Verkäufer von letztem Mal da, der sich natürlich sofort danach erkundigt, wie das Curry geschmeckt hat. Linus wird sofort rot und beichtet, was er dem armen Gericht angetan hat, aber der Mann lacht nur darüber. Trotz dessen er heute genauso gestylt ist wie beim letzten Mal und seine stachelige Kette bei jeder Bewegung glitzert, verleiht ihm sein Lächeln einen weichen Touch. „Lass mich raten, damit wurdest du lebenslänglich der Küche verwiesen, oder?" Linus muss nun auch lachen und sieht nicht mehr ganz so schuldbewusst drein. Während ich bezahle, was wir später nochmal durch vierteilen werden, greifen sich die anderen schon mal die Tüten und zusammen steigen wir wieder ein. Jeder von uns hat eine Papiertüte zwischen den Füßen.

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