Kapitel 22

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Der „balljagende Schwachsinn" erfreut zwar nicht Assia, aber mich am Mittwoch umso mehr. Extra früh betrete ich die Halle, schon umgezogen, um mir ein paar Minuten mit Julius zu erspielen. Mir trällert aber nicht wie erhofft eine freundliche Stimme entgegen, sondern nur die ewig tiefe Stimme eines Testosteronmonsters. Ich glaube es ist die Art Monster, dessen Fell aus Lederjacken besteht. „Das ist meine Schokoladenseite!" „Sorry Elias, aber ich mache nur Fotos von dem Spiel heute."

Erst überkommt mich Panik, in einem Raum mit Konrad zu sein, aber zu meinem Glück kann ich ihn noch nicht entdecken. Als ich Augusts quengelige Stimme vernehme, gehe ich doch noch relativ fröhlich in die hohe Halle. „Hey Team Captain! Einmal Lächeln für die Presse, bitte!" Gerade so bekomme ich ein Lächeln auf die Lippen, ehe mich der Blitz erblinden lässt. Elias schnaubt eingeschnappt und zischt dann ab.

„Hey, Cheerleader! Du weißt von der Abmachung?" Augenrollend zeige ich Jason ein Daumen-hoch. Der Junge mit den stachelig blonden Haaren nickt mir zu und schnappt sich einen Ball. Unsere Trainer haben ausgemacht, dass Konrads Team die Halle bekommt, weil wir auswärts spielen. Ich finde das nur fair, aber die anderen müssen ja ihre ach so schlauen Kommentare machen.

August kommt zu mir rüber und begrüßt mich mit einer Faust. „Das ist euer Nachmittag! Ich bin schon total gespannt!" Lachend schüttle ich den Kopf. „Du bist ja aufgeregter als ich. Es ist nur die Qualifikationsphase. In den letzten Jahren hatten wir nie Schwierigkeiten weiter zu kommen, also bleib entspannt. Ich hoffe dieses Jahr wird es genauso gut- okay, vielleicht bin ich auch ein bisschen aufgeregt." Tatsächlich nistet sich ein leichtes Kribbeln in meine Magengegend ein. August tätschelt mir aufmunternd die Schulter. „Wieso habe ich das eigentlich von meinem Redakteur erfahren und nicht von dir?" Schuldbewusst erkläre ich ihm, dass ich das Spiel heute selbst fast vergesse hätte. Die ersten Spiele sind immer gleich am Schuljahresanfang und tummeln sich zwischen den ganzen Schulaufgaben.

Während August und ich uns über den heutigen Ablauf unterhalten, trudeln immer mehr meiner Kollegen ein und wuseln bis zur Abfahrt um uns herum. Bei dem ersten Spiel sind immer alle ein wenig aufgeregter, weil wir nur wenige Trainingsstunden vorher haben. Deshalb ist es umso wichtiger, dass ich einen kühlen Kopf bewahre. Dass Jasper reinkommt und fast gegen die Bank donnert, sehe ich als Bestätigung und tröste ihn. Der halbe Kleiderschrank liegt bei sowas öfter mit den Nerven lang, was mich dann auch hibbelig macht. Nur Roy schafft es das Muskelpaket wiederaufzubauen, dass liegt bestimmt an seiner ewigwehrenden ruhigen Ausstrahlung. Was würde ich dafür tun, immer cool bleiben zu können...

All meine Spieler sammeln sich am Spielfeldrand, als uns der Trainer zu sich winkt. Ehe wir alle unsere Sachen beisammen haben und los können, kommt auch Julius durch die Tür und stellt sich zu August und mir. Inzwischen habe ich es fast geschafft meine Flasche in die Tasche zu quetschen. „Ich wünsche euch viel Erfolg! Glück braucht ihr nicht, ich weiß ja, dass ihr gut seid." Dankbar lächle ich Julius zu, wobei mir seine gesenkte Stimme nicht entgeht. „Viel Spaß beim Training, Shroeder." Der Lockenkopf verabschiede sich mit einem Handschlag von seinem besten Freund und wir verlassen die Halle. Durch einen letzten Schulterblick bekomme ich noch mit, wie Konrad zu seinen Untertanen brüllt: „Ich hoffe die verlieren, dann erhöht sich mal der Standard." Wären meine Freunde nicht anwesend, hätte ich sofort kehrt gemacht und ihm gezeigt, wie ein hoher Standard aussieht. Aber im Hier und Jetzt lässt nur die geballte Faust erkennen, was in meinem Inneren vor sich geht. Rasselnd atme ich tief durch und fokussiere mein Ziel heute: Das Spiel zu gewinnen. Am Ende werden die ja sehen, wer früher rausfliegt.

Der Bus wartet schon auf uns, was ich Zack hoch anrechne. Er weiß, wie wichtig es ist, immer ein wenig früher als nötig da zu sein, falls man die Umkleide nicht findet oder noch was besprochen werden muss. So wie heute: Während der Bus den Straßen folgt, überlegen wir, wer für Charlie, unseren Torwart einspringt. Einstimmig ernennen wir Jasper zum Torhüter, der schon ein paar Mal diesen Posten besetzt hat. Vor ein paar Jahren hatte er noch viel Respekt davor, weil er erst lernen musste, dass die Aufgabe des Torwarts nicht daraus besteht einen Arm für den Ball zu opfern. Inzwischen hat er aber viel Spaß dabei und ist, glaube ich, immer stolz, wenn er beweisen kann, dass er es kann.

Angekommen am Ziel, ein Feld von einer anderen Schule, begehen wir das Gelände, um einen Überblick zu bekommen. Es gibt nicht viel zu überblicken, nur das Feld, Umkleiden samt Klos und eine Tribüne. Schnell landen wir in der Umkleide, die deutlich nach dem Prinzip „weniger ist mehr" eingerichtet ist. Hibbelig und leise ziehen wir uns um, sind mit den Gedanken schon auf dem Feld. „Wir schaffen das doch, oder?" „Natürlich, Kumpel! Das wird schon! Nicht vergessen, es ist das erste Spiel, das wird nicht so schwer. Behaltet einen kühlen Kopf!" Linus nickt aufrichtig und wir warten gemeinsam auf die letzten Trödler. Ein letztes Mal stecken wir die Köpfe zusammen, sprechen uns gute Worte zu und rennen auf den Platz. Los geht's.

Be My Cookie (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt