Kapitel 17

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Konrad hat sich vor meinem Platz aufgebaut und funkelt mich wütend an. Was hat er denn für ein Problem? Habe ich ihm je etwas getan? Hat ihm überhaupt jemals jemand etwas getan? Nicht mal zu seinen „Freunden" ist er nett. Man kann seine Nachläufer nicht mal Freunde nennen!

Alle Emotionen, die ich ihm gegenüber runterschlucken musste, kommen wieder hoch. Mein ganzer Körper spannt sich an vor Wut. Wie oft musste ich einstecken, damit er mich in Ruhe lässt, wie oft habe ich nachgegeben?! Checkt dieser Möchtegernbadboy nicht, dass es absolut nichts bringt? Aber dieser Vollidiot muss ja immer alles zerstören! Nicht mal auf das Training kann ich mich noch freuen, weil er da sein könnte. Wenn ich könnte, würde ich ihm den Hals-

„Aber wird's mal?! Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!" Sein Tonfall billigt keine Widerrede, läuft nur so über vor Arroganz. Seinen angewiderten Blick würde ich ihm am liebsten aus dem Gesicht wischen! Langsam stehe ich auf, wir befinden uns jetzt auf Augenhöhe. „Ich habe nicht vor, weg zu gehen", stelle ich klar. Jedes Wort betone ich, weiß wie rasend ihn das macht. Ironisch lacht er auf, schaut mich aber nicht mal an. Sein Blick haftet an seinen Fingern, die mit klaren Bewegungen getrocknete Fasern in ein Papier drehen. Er setzt den Joint an seine Lippen und leckt konzentriert über den Papierrand, um ihn endgültig zu schließen.

„Ich warte nicht länger, Paul", meinen Namen spukt er mir förmlich vor die Füße, „Also was machst du noch hier? Geh mir aus dem Weg, Süße!"

Hitze strömt durch meine Adern, gibt mir ein bestätigendes Gefühl. Mein Inneres lasse ich mir nicht anmerken, strahle gefährliche Ruhe aus und warte. Kein Ton verlässt meinen Mund, kein Muskelzucken verrät mich. Konrad wartet tippend auf eine Antwort, wird langsam unruhig. Er kann noch lange warten.

„Was ist los? Hast du dir ins Kleidchen gemacht?" „Wenigstens trage ich nicht dieselben Klamotten seit drei Wochen!" Der Faden, der meine Beherrschung aufrechterhält, wird gefährlich dünn. Konrad baut sich vor mir auf, atmet laut aus. Er stiert mir in die Augen, aber egal was er versucht, es prallt ab. Ohne Vorwarnung öffnet er den Mund und schreit mich an: „Du stehst mir im Weg! Das ist mein Raum, mein Feld, meine Halle! Auf nichts davon hast du Anspruch! Du hast nicht Mal Talent, aber das brauch man auch nicht bei einem Team voller Schlappschwänze. Du bist selber nicht mal männlich!"

„Ich bin männlicher als du es je sein wirst! Denn im Gegensatz zu dir habe ich Führungsqualität. Du hast doch niemanden, oder? Die einzigen, die dich billigen, sind streunende Hund! Du bist allein. Und hast nichts weiter im Leben, als die fertig zu machen, die mehr haben, als du jemals bekommen wirst." Jedes meiner Worte meine ich ernst. Im Gegensatz zu ihm muss ich aber nicht schreien, ganz im Gegenteil, er bekommt die Wahrheit nur zischend zu hören. Konrads Gesicht ist dunkelrot angelaufen, seine Nasenlöcher aufgebläht.

„Ich habe dir nie etwas getan", beende ich meinen Vortrag. Am ganzen Körper zittre ich, nichts hält mich mehr zurück. Konrad ballt tobend die Hände zu Fäusten. „Deine. Existenz. Stört. Mich. Prinzessin." Rasend zucken meine Augen in alle Richtungen, fokussieren nicht mehr. Mit jedem Wort hebt sich Konrads Faust mehr. Mit einem letzten Atemstoß holt er aus, bewegungsunfähig folge ich seiner Bewegung, die wie ein Blitz-

„Konrad schnell! Der Schulleiter hat Josh! Die haben ihm mit dem Stoff erwischt!" Die Tür öffnet sich mit einem lauten Knall und Elias erscheint ganz durch den Wind. Konrads Augen werden groß, er hält in der Bewegung inne. Gott sei Dank. „Scheiße." Ziemlich aggressiv reißt er seine Hand runter. Für eine Sekunde scheint seine Mimik sogar besorgt, er erlangt seine Beherrschung aber sofort wieder. Ein letztes Augenrollen und schon rennen die beiden los.

Völlig perplex bleibe ich zurück. Kraftlos lasse ich mich nach einigen Sekunden auf den Stuhl fallen. Immer noch voller Adrenalin sind meine Gedanken wie weggewischt. Nur langsam kommen sie wieder und ich verstehe was hier passiert ist. Was hier beinahe passiert wäre. Ich weiß nicht, wie lange ich so dasitze, erst die Klingel holt mich aus meiner Starre. Wie konnte es nur so weit kommen? Wie in Trance packe ich einen Rucksack, schwinge ihn mir über die Schulter und stolpre aus dem kleinen Raum. Die nächste Stunde findet nur ein paar Zimmer entfernt statt.

Im Raum angekommen, packe ich den passenden Hefter aus und starre auf meine Hände. Dass die Stunde anfängt bemerke ich gar nicht, aber es ist mir auch egal. Ich habe mir gerade einen riesigen Haufen Probleme eingebrockt, wird mir schnell klar. Ich habe keine Angst vor ihnen, aber ihre Aufmerksamkeit möchte ich auch nicht haben. Und was das erst für das ganze Team heißt! Diese Erkenntnis trifft mich mit voller Wucht und weckt tief in mir das Gefühl von Schuld. Dass sie uns jetzt in Ruhe lassen, ist wohl ausgeschlossen. Mir ist klar, dass ich impulsiv gehandelt habe, aber es wäre sowieso dazu gekommen. Ob heute oder morgen, es war unvermeidbar.

Ich wusste ja, dass man Konrad alles zu trauen kann, aber soweit? Hätte er mich bewusstlos geprügelt? Vorstellen kann ich es mir. Oh Gott. Die Gesichtszüge entgleiten mir, das Geschehene läuft ungefragt vor meinem inneren Auge ab. Nur noch diese Stunde, dann kann ich nach Hause, denke ich wehmütig und zähle die Minuten.

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