Kapitel 7

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Der Pflastersteinweg zur Bahn wabert in der heißen Luft wie in den alten Cowboyfilmen. Ein Eis wäre jetzt fantastisch… Ob die Cowboys früher auch Eis gegessen haben, wenn sie nicht beobachtet wurden? Gab es damals überhaupt schon Speiseeis? Oder haben die Eiswürfel gelutscht? Strom gab es ja schon, oder? »Paul? Bist du das? Kannst du bitte einen Ganz zurückschalten?«, ruft mir jemand von hinten zu.

Sofort bleibe ich stehen und erkenne August mit einem Blick über die Schulter; er ist schließlich der Einzige, der bei dieser Hitze eine Mütze aufhat. Mit einigen Hechtsprüngen holt er mich ein und schnauft geräuschvoll. »Musst du auch zur Tube?«, frage ich ihn und schenke ihm einen mitleidigen Blick, aber er winkt ab. »Alles gut, ehrlich! Und ja, wir können gern zusammen laufen!«

Schweigend gehen wir ein paar Minuten nebeneinander her, die sich wie Kaugummi ziehen. Ich hab absolut gar keinen Anhaltspunkt für ein Gespräch mit ihm, außer… »Hey, ähm, ein Wunder, dass du mich nie auf einem deiner Spiele gesehen hast! Ich bin Oak die letzten Male hinterhergelaufen und er hat mir erklärt, worauf man beim Sportbericht achten muss«, erklärt er grinsend und mustert mich. Oak ist ein Junge, der im letzten Jahr seinen Abschluss gemacht hat und in der Schülerzeitung über Sportereignisse berichtet hat. »Du hast Oaks Posten übernommen?« – »Naja, in seine Fußstapfen werde ich es wohl nicht so schnell schaffen, aber ich werde mein Bestes geben! Wie enttäuschend, dass Julius nicht von mir und meiner ehrenwerten Ritteraufgabe erzählt hat, als ihr euch letztens beim Training gesehen hat!«, gibt er glucksend zu und steckt mich schon wieder mit seinem Lachen an; das ist echt seine Superkraft!

»Julius und ich hatten nicht so die Zeit zu quatschen, außerdem kannten wir uns ja noch gar nicht. Naja, irgendwie immer noch nicht.« Streng hebt August den Zeigefinger, »Das müssen wir schnellstmöglich ändern!« – »Ja?«, hake ich vorsichtig nach. Wie kann jemand so Liebes einen aus Konrads Team so mögen? »Oha, das nehme ich jetzt persönlich! Julius ist der beste Freund, den man sich vorstellen kann! Ich kenne ihn seit der Grundschule und schon seit er klein war, beschützt er jeden, der ihm wichtig ist. Außerdem ist er der Meister im Mangoschneiden und Wettessen!« Wir müssen gleichzeig anfangen zu lachen und ich neige beeindruckt den Kopf. »Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein! Es hat mich schon etwas abgeschreckt, dass er mit Konrad abhängt…«, spreche ich es nun endlich aus.

» Aus seinem Jahrgang sind nur Konrad und Josh übriggeblieben. und in den Sommerferien konnte er endlich wieder Spielen, also hat er sie gefragt. Ich glaube im Gegensatz zu manch anderen ist es ihm egal in welchem Team er spielt, solange er spielen kann«, nimmt er seinen besten Freund in Schutz und macht mir damit sofort ein schlechtes Gewissen. Er hat ja recht, es ist ja nicht seine Schuld, dass in dem Team so viele Schweinsköpfe sind.

Wir sind inzwischen an der Tube angekommen; der Weg hat sich dank August so kurz angefühlt wie lange nicht mehr und wir steigen zusammen ein. »Cool, dass auch mal jemand in meine Richtung muss!«, sagt er grinsend und ich nicke. »Wir können gern öfter zusammenlaufen! Vielleicht finden wir dann auch mehr Themen, als einen gemeinsamen Bekannten «, überlege ich laut und August fühlt sich dadurch scheinbar herausgefordert. »Was machst du denn außer ein Fußballgroupie sein sonst so?«, legt er gleich los und steigt mit mir in die Tube. »Ich helfe am Wochenende meistens bei meiner Mum im Laden aus oder treffe mich mit meinen Freunden. Was machst du noch so?« August nippt kurz an seiner Wasserflasche und drückt dann auf den Stoppknopf. »Der Job als Journalist füllt einen eigentlich schon komplett aus. Wenn ich mal keine Artikel schreibe, plane ich Partys oder Veranstaltungen. Du, ich muss hier raus. Wollen wir noch Nummern austauschen?« Wie könnte ich es ihm abschlagen! Wir diktieren uns unsere Nummern, verabschieden uns, dann springt er wie ein Flummi durch die sich schließenden Türen.

Den letzten Rest laufe ich dann noch beflügelt von der netten Begegnung. Nur was er über Julius erzählt hat, verunsichert mich. Ich kann mir einfach keine Meinung zu ihm machen und das fuchst mich. Ich weiß nicht mal, wieso mich das so interessiert. August dagegen ist ein totaler Sonnenschein und laufen wir uns noch öfter über den Weg! Bei ihm kann ich mir wenigstens sicher sein, dass er total nett ist.

Unschlüssig breche ich meine Überlegungen dort ab – und das nicht nur, weil ich endlich vor meiner Haustür stehe. Ich freue mich lieber auf das Training morgen: mittwochs haben wir die Halle, ohne irgendwelche fremden Ansprüche. Mit diesen hoffnungsvollen Gedanken überwinde ich die Türschwelle.

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