Kapitel 18

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Der Duft von frischen Pancakes nimmt mich an die Hand und führt mich aus meinem wolkigen Traumland. Dem Geruch folgend schlage ich die Decke beiseite und gehe sofort in die Küche. Auf einem neongelben Haftnotizzettel hat mir meine Mum eine Nachricht hinterlassen.

„Guten Morgen, Liebling. Pancakes sollten noch warm sein und stehen auf dem Herd, Ahornsirup ist noch im Topf. Ich bin schon um Laden, denke an dich. Hab dich lieb <3"

Ich muss nicht lange suchen, um mein Frühstück zu finden und mache mich am Tisch über meine Mahlzeit her. Ich könnte meine Mum dafür abknutschen! Wie prophezeit sind Pancakes und Sirup noch warm und zergehen nur so auf der Zunge.

Als alles verputzt ist, laufe ich ins Bad und ziehe mich aus. Der Dampf der heißen Dusche lullt den gesamten Raum ein und ich wasch mir die Nacht von der Haut. Die schlechten Erinnerungen an Gestern verschwinden wie von selbst und beim letzten Rest helfe ich nach. Nein, heute wird ein guter Tag!

Fertig stelle ich das Wasser aus, putze Zähne und trockne mir danach die Haare. Heute habe ich endlich mal genug Zeit sie ein bisschen zu stylen und mich raus zu putzen. Nur mein Kleiderschrank möchte nicht so wie ich. Erst nach fünfzehn Minuten des Grübels, ziehe ich ein babyblaues Shirt und eine enganliegende schwarze Hose heraus.

Mit einem warmen Lächeln auf den Lippen, fertig angezogen und frisiert, schnappe ich mir noch ein paar Hefter zum Durcharbeiten und dann kann es los gehen. Dank der Sherlockmusik, die im Hintergrund läuft, komme ich weit und bin zufrieden. Das letzte Klicken des Kugelschreibers kündigt meinen Aufbruch an und ich schnappe mir etwas Geld. Unten im Laden drücke ich meiner Mutter noch einen Kuss auf die Wange, laufe entspannt zum Bahnhof und steige in die Tube.

Eine letzte Zwischenstation bei Tesco und ein Haufen Gummibärchen später, stehe ich vor Julius' Tür. Er wohnt in einem schickeren Gebiet Londons, in dem man sich Ingenieure und Ärzte vorstellt. Das Haus selbst ist in kaltem Weiß gestrichen, wird aber von grünem Gras umrahmt. Ich drücke die goldene Klingel und wundere mich fast, dass keine Fanfare los geht. Einen Augenblick später öffnet jemand die Tür, aber alles was ich sehe ist braunes Fell. Auf meinem Gesicht. Auf dem Boden ringe ich mit dem flauschigen Knäuel um die Oberhand. „Lotte! Runter!" Quengelnd lässt mich die Hündin frei und setzt sich pflichtbewusst neben ihr Herrchen, als wäre sie nie weg gewesen. Als ich wieder stehe, streiche ich mir meine Klamotten glatt und arrangiere mich mit dem großäugigen Killer.

„Es tut mir furchtbar leid, das war Lotte. Sie ist erst ein Jahr alt und ein wenig zu wild, wie du sicher gemerkt hast." Peinlich berührt streicht er sich über den Nacken und sammelt die verstreuten Packungen Snacks ein. „Alles gut", ich zwinkre ihm zu, „Ich wurde noch nie so freundlich begrüßt." Wie aufs Stickwort stupst mich eine nasse Hundenase an und legt mir einen zur Hälfte abgenagten Knochen vor die Füße.

„Das wär doch nicht nötig gewesen", stellt Julius fest. Er deutet auf die Tüten in seinem Arm und geht gefolgt von Lotte ins Haus. Ich tapse ihnen nach und lande in einem mit schwarzen Mamor gefliesten Flur. Nur eine Kommode und ein Schuhschrank zieren den Durchgang. Ich entdecke, wenn auch spärlich, Deko in Form einer blaubemalten Ming Vase, die unbezahlbar scheint. Kaum sind die Schuhe ausgezogen, husche ich dem Gastgeber hinterher. Er füllt gerade meine Mitbringsel in eine Glasschüssel. Ich schnappe mir zwei davon und stelle sie auf einen verglasten Couchtisch. Es ist schwer sie noch unterzubringen, denn auf dem Tisch tummeln sich schon Snacks in allen Farben und Formen und die Mitte krönt eine riesige Pizza auf einer Servierplatte mit Zierdeckchen. „Das wäre echt nicht nötig gewesen..." „Doch doch, nur so kann man Fußball richtig erleben!"

Trotzdem fühle ich mich ein wenig dumm, ich hätte ihn schließlich einfach fragen können, ob ich etwas mitbringen soll. Ändern kann man es aber auch nicht und es ist zu sehen, wie viel Mühe er sich gemacht hat, also versuche ich einzulenken. „Das Spiel geht in", er schaut auf seine glänzende Uhr, „einer Stunde los. Ich hätte also noch genug Zeit, dir alles zu zeigen." Interessiert nicke ich ihm zu und greife wieder nach meinem Rucksack, um ihn mit in sein Zimmer zu nehmen.

Kurz gesagt strotzt das ganze Haus vor Ordentlichkeit, Weiß und Grau. Alles ist sauber, große Gemälde voll von moderner Kunst schmücken die Wände, alles ist sehr modern gehalten. Ausladende Glaswände erhellen den Raum, alles scheint an seinem Platz und seit Jahren unbewegt. Julius Zimmer ist in Weiß und Dunkelblau gestrichen und wird von drei Dingen ausgefüllt: ein breites Bett, ein massiver Schrank und ein großer Schreibtisch. Zwischendurch tummeln sich kleine Figuren, von denen ich den Eifelturm, Pyramiden, den Fernsehturm und den Burj Khalifa erkenne. Das scheinen die einzigen Dinge zu sein, die in diesem Haus einen Erinnerungscharakter haben. „Warst du dort schon überall?" Achselzuckend nimmt er eine Pyramide in die Hand und dreht sie. „Meine Eltern und ich sind viel gereist, als ich noch klein war." Ein letztes Mal drehe ich mich um meine eigene Achse, wobei mir ein schwarzer Bilderrahmen auffällt. Darin befindet sich ein kleines, gelbes Trikot mit der Aufschrift „Shroeder", welches Pi mal Daumen einem Erstklässler passen könnte.

„Wo geht's als nächstes hin, Shroeder?" Julius reagiert auf diesen Namen mit einem Grinsen und geht an mir vorbei durch die Tür. Eine Treppe nach unten und durch eine schicke Glastür, dann stehen wir auf einer überdachten Terrasse aus dunklem Holz. Die fällt mir aber kaum auf, viel mehr fasziniert mich der plötzliche Weltenwechsel.

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