Kapitel 3 Der weiche Kern

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Wie gewöhnlich stehe ich heute erst um 06:30 Uhr auf und eile ins Badezimmer, um mich unter die Dusche zu stellen. Ich führe die alltäglichen Routinen aus. Meine Haare binde ich zu einem lockeren Pferdeschwanz und jetzt erst sehe ich bereit für die Schule aus.

Ich frühstücke Müsli während ich mir einer der Morgenshows anschaue. Wie langweilig und öde sie doch sind.

Ich ziehe mir meine Schuhe an und schließe die Tür hinter mir zu. Heute haben wir bis 16 Uhr Schule und meine Bücher wiegen gefühlte 10 Kilogramm. Ich hänge mir die Umhängetasche um die Schulter und schlendere zur Bushaltestelle. Es ist windig, aber zum Glück regnet es heute nicht. Wie das Schicksal es liebt mich zu verarschen, hat mein Bus eine Verspätung. Seufzend lasse ich mich auf die Bank fallen. Ich packe derweil mein Geschichtsbuch aus, um mich während der Wartezeit noch ein wenig vorzubereiten, da mir gestern die Zeit dazu gefehlt hatte. Geschichte gehört zu den langweiligsten aber gleichzeitig interessantesten Fächern.

...

Ich betrete das Klassenzimmer und wie ich ahnen konnte, bin ich mal trotz meiner Verspätung die Erste. Ich hänge meine Jacke über meinen Stuhl, als plötzlich jemand gegen die Tür tritt und sie voller Wucht gegen die Wand stößt. Ich zucke vor Schreck zusammen und erblicke einen wütenden Harry.

Er schleudert seine Tasche auf den Tisch in der hintersten Reihe und nimmt schließlich seinen Platz ein. Er trägt eine Sonnenbrille obwohl wir Winter haben und es nicht mal eine Sonne in Sicht gibt. Seine Haare sind unter einer Mütze versteckt und die graue Jogginghose verleiht ihm einen lässigen Look. Er legt seinen Zeigefinger auf seine Brust und streicht sie dann langsam hinunter.

"Ist es so heiß hier drin, oder bin ich das?" , grinst er.

Die Hitze steigt drastisch in mir drin und ich schnappe hektisch nach Luft. Habe ich ihn so auffällig angestarrt? Oh Gott. Ich senke meinen Blick auf den Boden und hoffe, dass die peinliche Stille so schnell wie möglich verschwindet. Ich höre ihn leise lachen und seine Stimme fasziniert mich. Sie ist tief und rau und auf eine ungewöhnliche Art und Weise macht sie nicht Angst sondern klingt atemberaubend.
Oh Gott Katherine, was redest Du da? Ich schüttle meinen Kopf um von den Gedanken loszukommen und schaue wieder hoch. Er hat seine Füße auf dem Tisch liegen und in der Hand hat er sein Handy.

"Dir sind solche Sachen wie anklopfen anscheinend fremd, oder?"

Er blickt immer noch voller Aufmerksamkeit zu seinem Handy.

"Nun ja, ihr könntet genau so absperren." , murmele ich.

Er schaut mich von der Seite an und schmeißt dann seinen Kopf in den Nacken, nur um laut lachen zu können. Irgendwie macht er mich nervös. Die Art wie er damit umgeht. Immerhin habe ich ihn gestern noch dabei erwischt, wie er mit einem Mädchen rumgemacht hat und trotzdem scheint es ihm nichts auszumachen. Ich betrachte die Bewegung seines Adamsapfel während er lacht.

Der Moment wird unterbrochen als Brooke das Klassenzimmer betritt. Hinter ihr her kommen Lydia und Hanna rein. Alle drei umarmen mich in der Reihenfolge und ich kann Harry genervt seufzen hören, welches ich aber gekonnt ignoriere.

"Mädchen, warum trägst Du ein Handy bei Dir?" , motzt Hanna mich an.

Ich schaue sie fragend an, woraufhin sie mir ihr Handy vor die Augen hält. Sie hat mir vier Nachrichten hinterlassen, in denen sie mich fragt, ob sie mich abholen soll. Ich klatsche leicht gegen meine Stirn.

"Tut mir wirklich leid, hab es wohl nicht vibrieren hören." , entschuldige ich mich.

"Vibrieren." , lacht Harry.

Wir drehen uns alle zu ihm um und das einzige was er tut ist, seine Hand entschuldigend in die Luft zu heben. Ich verstehe nicht ganz was er meint, aber ich belasse es dabei. Ich frage mich, wo wohl Harrys Freunde stecken, immerhin wohnen die zusammen, warum ist er dann alleine hergekommen?

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