Kapitel 66, Rückfahrt

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Harry startet den Motor und fährt rückwärts den kurzen Weg zurück. Wren murmelt ständig kurze, undeutliche Wörter. Meine Hände fahren automatisch durch seine Haare. Ich weiß nicht warum ich das so sehr mag. Ungewollt muss ich sie mit den lockigen Haaren von Harry vergleichen. Durch seine Haare kann man nämlich besser fahren, er hat lockige und dazu noch längere Haare, die von Wren sind kurz und glatt. Die ersten Minuten der Fahrt vergehen relativ ruhig. Ich wünschte das Radio würde laufen, aber ich traue mich nicht die Stille zu unterbrechen. Nur das Gemurmle von Wren ist zu hören. Ich mustere Wrens Gesicht, da ich gerade die beste Gelegenheit dafür habe, ohne dafür doof von ihm angemacht zu werden. Eigentlich ist Wren ein hübscher Junge. Er hat braune Augen und braue Haare, dazu hat er zwei Muttermale auf seiner linken Wange. Er ist vorlaut und witzig, aber er kann auch nervig sein. Ich schmunzle vor mich hin, als ich an unsere ersten Tage denke. Ich frage mich was aus der Situation mit seiner Familie geworden ist. Ob die sich mittlerweile vertragen haben und ob er wieder mit ihnen zusammenlebt.

Als ich meinen Kopf hebe, trifft mein Blick im Spiegel den von Harry. Obwohl ich ihn gerade erwischt habe, macht er sich nicht die Mühe seinen Blick abzuwenden. Es ist mir unangenehmer dass er mich anstarrt, als dass wir dabei einen Unfall bauen könnten. Erst als Pamela ihre Hand auf seinen Oberschenkel legt, wenden wir gleichzeitig unsere Blicke ab. Während er auf die Straße schaut, haftet mein Blick auf ihrer Hand.

"Schatz?" , ertönt ihre Stimme.

Er antwortet nicht.

"Was haben wir heute noch vor?" , fragt sie erwartungsvoll.

Ich versuche mein Bestes um nicht auf ihre verdammte Hand auf seinem verdammten Oberschenkel zu starren, aber mein Blick will sich einfach nicht abwenden. Er schaut sie kurz an und dann wieder auf die Straße.

"Nichts wovon ich wüsste." , antwortet er genervt.

Ein Schmunzeln zaubert sich auf meine Lippen. Ich beiße mir auf die Unterlippe um es zu verstecken. Doch als ihre Hand langsam weiter hoch gleitet, verschwindet das kleine Lächeln von allein.

"Ich hätte schon was geplant." , sagt sie laut. Ich wette sie will mir damit nur ins Auge stechen. Ganz sicher ist das ihre Absicht. Ich werde ihr nicht das Futter aus der Hand fressen.

"Ich habe schon was geplant." , erwidert er mit ruhiger Stimme. Unsere Blicke treffen sich wieder im Spiegel. Vom Augenwinkel kann ich erkennen, wie er ihre Hand von seinem Oberschenkel runter schiebt. Erst danach bricht er den Blickkontakt ab um wieder nach vorne zu schauen. Lächelnd schaue ich aus dem Fenster. Hoffentlich sieht er das jetzt nicht.

"Katherine?" , wispert Wren.

Ich senke meinen Kopf um ihn anschauen zu können.

"Ich bin hier." , versichere ich ihm. Ich lege meine Hand auf seine Wange. Auf einmal fängt Harry an zu husten. Als ich meinen Blick wieder zum Spiegel wende, schaut er mich warnend an. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen. Ich nehme meine Hand von Wrens Wange und augenblicklich hört er mit dem Husten auf. Misstrauisch schaue ich ihn an. War das jetzt sein Ernst? Immerhin habe ich im Gegensatz zu ihm nichts mit Wren am laufen, er ist nur mein Freund. Ich verdrehe die Augen und schaue wieder zu Wren runter. Das Auto bleibt wenige Minuten danach stehen. Ich schaue aus dem Fenster. Das ist nicht die Adresse die mir Wrens Freunde gegeben haben, hier steht nämlich eine andere Adresse.

"Du kannst aussteigen." , sagt Harry zu Pamela.

Das hier muss also ihr Haus sein. Es sieht nach einer reichen Gegend aus, das Haus ist groß und weiß. Ich habe schon immer vermutet, dass auch Pamela zu den Reichen hier gehört.

"Komm mit." , erwidert sie grinsend. Sie fährt sich mit der Hand über ihren Hals, über ihre Brust und dann runter zu ihrem Bauchnabel. Angewidert verziehe ich mein Gesicht und starre wieder aus dem Fenster. Ich schließe meine Augen, da ich es ansonsten vom Blickwinkel sehen müsste. Wie billig kann eine Person eigentlich nur sein? Das Nächste was ich zu hören bekomme ist, wie die Tür zugeknallt wird. Als ich wieder meine Augen öffne sehe ich, wie sie auf ihr Haus zu geht und wenig später hinter der großen,weißen Tür verschwindet. Für einen Moment dachte ich ernsthaft, dass Harry ihr folgen würde. Dass er sich auf sie einlassen würde. Schließlich ist er doch jemand, dem es nur um das Eine geht oder? Er hat mich immerhin auch dafür ausgenutzt, warum sollte er ihr Angebot dann nicht annehmen, wenn sie es ihm freiwillig anbietet?

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