Kapitel 33, Liebeslüge

191 13 1
                                    

"Oh, jetzt verstehe ich." , lacht Mary.

Verwirrt schauen Harry und ich uns gegenseitig an.

"Was versteht sie?" , flüstere ich ihm zu, aber er zuckt nur mit den Schultern.

Gleichzeitig schauen wir wieder zu ihr. So breit grinsen habe ich sie bisher noch nicht gesehen. Sie zeigt mit dem Zeigefinger abwechselnd zwischen uns hin und her. Als wir immer noch nichts verstehen, fängt sie auch noch an, mit ihren Augenbrauen zu wackeln. Sofort geht mir das Licht auf.

"Oh, nein, nein, nein, nein." , streite ich schnell ab.

Ich schaue zu Harry, der immer noch nichts wissend dasteht und die Augenbrauen hebt. Schnell schaue ich wieder zu Mary.

"Definitiv nichts,nein." , wiederhole ich.

"Oh." , sagt sie enttäuscht. 

Wieder senkt sie ihren Kopf, wie auch vorhin an der Tür. Ich hasse es, wenn man meine Schwäche ausnutzt.

"Was hast du gemacht?" , flüstert Harry mir wütend zu.

Geschockt schaue ich ihn an. Ich habe seine Oma doch nicht mit Absicht traurig gemacht.

"Ich habe ihr nur gesagt, dass wir kein Paar sind. Und dass ich nicht diejenige war, die dir einen Bissen verpasst hat." , flüstere ich zurück.

Harry schaut verwirrt zu mir und dann wieder zu seiner Oma. Sein Blick wird weich und er schaut mich bittend an. Ich verstehe sofort was er mir mitteilen will.

"Nein." , protestiere ich leise.

"Bitte, sie wird bald wieder weg sein, versprochen." , fleht er mich an.

"Auf keinen Fall, Harry." , verneine ich.

"Siehst du nicht wie traurig sie ist?" , er schaut zu seiner Oma und auch ich drehe mich zu ihr. 

Ihr Kopf ist immer noch gesenkt und sie spielt mit ihren Fingern. Sie schaut wirklich enttäuscht aus, obwohl es nichts gab, worüber sie enttäuscht sein sollte. 

"Nur für eine kurze Zeit, versprochen, okay?" , flüstert er.

Ich schließe meine Augen und atme tief ein und aus. Soll ich mich wirklich auf dieses Spiel einlassen? Es würde ein Gefallen für beide sein, obwohl es nur auf einer Lüge basiert. Soll ich eine alte Dame belügen, nur damit sie sich freuen kann? Ist das überhaupt richtig? Harry hat mich noch nie um etwas angefleht und ich sehe in seinen Augen, wie verzweifelt er ist. Abwechselnd schaut er uns an und es bilden sich Stirnfalten.

"Na gut." , seufze ich.

Harry lächelt mich dankbar an und seufzt erleichtert.

"Grams?" , fragt Harry leise.

Erst jetzt hebt sie ihren Kopf und setzt sich ein kleines Lächeln auf. Unerwartet legt Harry seinen Arm um meine Schulter und zieht mich zu sich.

"Ihr seit also-?" , fragt sie hoffnungsvoll.

"Ja." , ergänzt er ihren Satz.

Ihr Blick richtet sich lächelnd auf mich und schnell erwidere ich es. So unwohl habe ich mich schon seit meinem gescheiterten Selbstmordversuch nicht mehr gefühlt.

"Ich habe ihre Frage vorhin missverstanden, tut mir leid." , lüge ich.

"Wie lange denn schon?" , fragt sie aufgeregt.

Sie fuchtelt mit ihren Händen in der Luft und schaut uns abwechselnd an. Letztendlich bleibt ihr Blick an mir haften und sie mustert mich gründlich, ehe sie meinen Blickkontakt wieder aufnimmt. Die Hitze steigt in mir drastisch und ich wünschte, ich könnte mir Luft zufächeln.

Never TellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt