Kapitel 57, erster Kampf

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Sekundenlang schauen wir uns lächelnd an. Keiner will diese Stille unterbrechen, denn es ist keines Weges unangenehm. Zum ersten Mal nach langer Zeit fühlt sich wieder alles okay zwischen uns an. Ein lautes Hupen lässt mich zusammen zucken. Gleichzeitig drehen wir Beide uns zu dem Geräusch um. Ich versuche die Person im Auto zu erkennen, doch vergebens.

"Wer ist das?" , frage ich.

Ehe er mir antworten kann, steigt die Person auch schon aus. Pamela stolziert grinsend zu uns rüber. Ich schaue Harry an, der wiederum nur Augen für sie hat. Es versetzt mir wieder diesen unbeschreiblichen Stich in die Brust. Sie schaut mich triumphierend an und dann presst sie ihre Lippen vor meinen Augen auf seine. Ich spüre wie sich bereits die Tränen ansammeln, aber ich unterdrücke sie so gut ich kann. Nach einer gefühlten Ewigkeit löst sie sich von ihm und grinst mich wieder breit an, als hätte sie mir bewiesen, dass er nur ihr gehört. Ich schaue abwechselnd zwischen den Beiden hinterher, während die Beiden mich anschauen.

"Es macht dir doch sicherlich nichts aus, wenn wir dich jetzt alleine lassen, oder? Wir wollen unseren Spaß." , zwinkert sie grinsend.

Mein Blick wandert zu Harry, der sie nur verwirrt anschaut. Dann schaut er zu mir, aber diesmal wende ich meinen Blick von ihm ab. Ich schüttle hastig meinen Kopf.

"Nein." , murmele ich.

Harry öffnet seinen Mund und schließt ihn kurz darauf wieder. Ich sehe zu, wie sie sich bei ihm einhakt. Sie schaut mir stolz in die Augen und küsst ihn auf die Wange, ohne ihren Blick von mir abzuwenden. Sie macht es sowas von mit Absicht. Ich lasse mich nicht von ihr irritieren, aber das Harry so still ist macht es mir schwer. Ich senke meinen Kopf, um diesen durchbohrenden Blicken von ihr zu entkommen. Ich kann sehen, wie sich die Beiden auf den Fersen umdrehen und Harry hinter ihr hergezogen wird. Eine Träne fällt von meinem Gesicht. Ich schaffe es nicht meinen Kopf zu heben und ihnen hinterher zu sehen. So war es schon immer - ich war immer die, die zurückgelassen wurde. Erst als ich den Motor höre, schaffe ich es meinen Kopf zögernd zu heben. Das Auto fährt um die Ecke. Erst jetzt lasse ich einen tiefen Schluchzer raus. Ich lasse mich auf den kalten Stufen vor meiner Haustür nieder und presse meine Hand auf meinen Mund, um keine Laute raus zu bringen.

"Wo seit ihr?" , schluchze ich leise vor mich hin. "Warum habt ihr mich alleine gelassen? Mom? Dad?"

Ich lasse erneut einen Schluchzer raus. Die Tränen befeuchten mein ganzes Gesicht und ich spüre den kalten Wind auf meiner Haut.

"Katharina?" , flenne ich.

Ich schaue hoch in den Himmel. Die Sonne geht unter und die Wolken sind sichtbar. Vermutlich wird es bald anfangen zu regnen. Gerade als ich dachte, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung sein würde, taucht sie wieder auf und ruiniert alles. Wie kann ich auch nur so naiv sein? Wieso kann ich mich nicht von ihm fernhalten? Er zieht mich dauernd an sich und ich weiß nicht, wie er das schafft. Ist es das, was genau der Teufel auch mit den Menschen macht? Menschen versuchen gut zu sein, aber sie können ihr Wort nicht halten. Jeder Mensch hatte doch einmal den Drang etwas Verbotenes zu tun, richtig? Wir werden von dem Teufel überredet und wir können dem Drang nicht widerstehen. Genau das macht Harry mit mir. Wie könnte ich mich denn je zwischen zwei Menschen stellen, die sich lieben und sich nicht fernbleiben können? Pamela und Harry. Sie gehört ihm, er gehört ihr. Mehr gibt es weder zu sagen, noch zu machen.

...

Ich weiß nicht warum meine Füße mich wieder zu Brooke getragen haben. Ich glaube ich benötige ihre Nähe, ihre Freundschaft und ihren Rat. Ich halte es nicht aus, dass mich diese ganze Harry-Sache von innen auffrisst, weshalb ich immer alles loswerden muss. Sie öffnet geschockt die Tür und augenblicklich falle ich in ihre Arme. Behutsam streichelt sie mir über die Haare und ich kann ein weiteres Schluchzen nicht verdrängen.

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