Kapitel 92, Ende gut, alles gut?

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"Du bist so etwas von abgefuckt!" , ertönt Harrys Stimme.

Mein Kopf pocht und ich drücke meine Augen fester zusammen.

"Das war nicht meine Schuld." , verteidigt sich Chace.

"Wärst du nicht hergekommen, wär das alles erst gar nicht passiert!"

"Du liebst es mir die Schuld für alles zu geben, nicht wahr?"

Ich führe meine Hand an meine Schläfe und massiere sie mir.

"Sie ist wach." , höre ich Chaces Stimme.

Ich öffne vorsichtig meine Augen und sehe beide Köpfe über mir, die mich förmlich anstarren. Abwechselnd schaue ich in die blauen und grünen Augen.

"Babe?" , flüstert Harry mir zu, während Chace gleichzeitig "Kate?" sagt.

Harry wirft ihm einen finsteren Blick zu, der von Chace komplett ignoriert wird. Ich schaue die beiden stirnrunzelnd an, ehe ich mich aufrichte und gegen die Bettlehne lehne. Beide setzen sich synchron so hin, dass ein Bein auf dem Bett, das andere runter baumelt. Als würde das nicht reichen, werfen sich die beiden noch gleichzeitig einen undefinierbaren Blick zu. Harrys Blick gleitet runter an Chace und als er merkt, dass sie in derselben Position sitzen, wechselt er augenblicklich seine Position. Ich verdrücke mir ein Grinsen und stelle mir vor, dass die beiden sich letztendlich ausgesprochen haben.

"Sie ist wach, du kannst jetzt verschwinden." , fordert Harry seinen Bruder auf.

"Ich bleibe." , erwidert dieser genervt. "Du kannst endlich damit aufhören, es alle zwei Minuten zu wiederholen."

"Du kannst endlich damit aufhören, es alle zwei Minuten abzuschlagen und dich einfach verpissen." , mault Harry ihn an.

So viel zu meinen Vorstellungen. Ich weiß nicht was in der Zeit passiert ist, in der ich ohnmächtig war, aber anscheinend hat sich nicht wirklich viel verändert, außer das Harry nicht weggelaufen ist. Als dann beide noch gleichzeitig nach meiner Hand greifen, wird mir das alles zu viel. Harry greift blitzschnell meine rechte Hand, obwohl er auf meiner linken Seite sitzt, und nimmt somit beide meine Hände in seine. Dann werfen sich die beiden erneut diese seltsame Blicke zu, während ich sie nur stumm beobachte.

"Was habe ich verpasst?" , frage ich belustigt.

"Nichts." , antwortet Harry, während Chace gleichzeitig "Eine Faust" sagt.

"Was?" , rufe ich entsetzt.

Ich schaue geschockt zu Chace und dann wütend zu Harry. Dieser zuckt nur mit den Schultern, als wäre er sich seiner Schuld nicht bewusst.

"Und warum?" , frage ich Harry immer noch schockiert.

"Petze." , zischt er leise zu Chace, der nur seufzt.

"Wie geht es dir?" , unterbricht uns Chace.

"Gut, denke ich." , seufze ich.

Als er seine Stirn runzelt, schenke ich ihm ein Lächeln, um ihm zu zeigen, dass es mir gut geht. Ich weiß ehrlich gesagt nicht die Wahrheit. Geht es mir denn wirklich gut? Ich wusste, dass ich irgendwann damit konfrontiert werden würde und diesmal war die Person ich selbst. Ich konnte ihre Geschreie und ihr Betteln, dass ich nicht gehen soll, nicht länger verdrängen. So sehr ich es auch versuche zu unterdrücken, ich kann ihre Stimme in meinem Hinterkopf nicht einmal für eine Sekunde vergessen. Nur, dass wenn ich anderweitig beschäftigt bin, werden diese Stimmen so leise, dass ich es für diesen Moment komplett ignorieren kann. Trotzdem hören sie nicht auf, nach mir zu schreien.

"Mir geht es gut." , wiederhole ich.

Ich vermeide jeglichen Blickkontakt mit Harry, da er mich sofort durchschauen würde. So wie ich ihn kenne, würde er mir keine Ruhe geben, bis ich ihm die Wahrheit erzählen würde und ich bin noch nicht bereit dafür. Ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann, aber über Katharina zu reden, wird mir immer schwer fallen.

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