Seliges Grün

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Da sah ich es. Ein kleines schimmerndes Objekt. In dem Augenblick, als der Hintere der zwei mysteriösen Reiter an unserem Stand vorbeiritt, fiel dieses Objekt nur wenige Meter von uns entfernt zu Boden. Nichts Großes, dennoch schienen meine Mutter und ich die einzigen gewesen zu sein, die es beim Herunterfallen gesehen hatten. Durch ein kurzes Stechen in meine Rippen, holte mich meine Mutter wieder in die Realität zurück und deutete mit einem flüchtigen Nicken in die Richtung dieses Objektes. Erst verstand ich nicht, was sie denn meinte, doch dann erklärte es sich mir. Es musste wohl eine Münze gewesen sein, die dieser Mensch fallen gelassen hatte. Ob nun mit Absicht oder versehentlich. Wir hatten wohl Glück, dass es sonst niemand mitbekommen hatte.

Also trat ich hinter dem Stand hervor, lief die wenigen Meter bis zu dem Objekt, welches ich nun wahrhaftig als Münze identifizieren konnte und hob diese vom Boden auf. Dennoch lief ich nicht sofort zu meiner Mutter zurück. Ich wusste nicht recht, was genau mich zum Zögern brachte, doch ich blieb einen Augenblick stehen und blickte diese Münze für ein paar Sekunden an. Dabei erinnerte ich mich an die einzigen Worte, die mir meine Mutter schon vor Jahren in den Kopf gesetzt hatte und mich selbst jetzt noch regelmäßig daran erinnerte. Aus diesem Grund entschied ich, diesen beiden Reitern zu folgen. Auch wenn ich mir bildlich vorstellen konnte, wie entsetzt meine Mutter darüber war.

Weit waren die beiden während dieser Zeit nicht gekommen, weshalb es mir nicht schwer fiel, sie einzuholen, bevor sie das Innere der Stadt erreichten. „Entschuldigen Sie!" rief ich, als ich auf Höhe des letzten Reiters angekommen war, von dem diese Münze zu stammen schien. Es dauerte einen kurzen Moment, in dem ich erst dachte, dass die Person mich nicht gehört hatte, doch dann wurde das schwarze Pferd zum Halten gebracht und ich hielt der Person diese Münze entgegen. Erleichtert darüber, dass ich gehört worden war. „Tut mir leid Sie stören zu müssen. Es scheint mir, als hätten Sie etwas verloren." Meinte ich und wieder dauerte es einen kurzen Moment, bis sich der von einer Kapuze verhüllte Kopf, in meine Richtung drehte.

Ein fast schon stechend scharfes Grün traf auf das zierliche Blau meiner Augen. Für einen Augenblick vergaß ich sogar, weshalb ich mich eigentlich an diese Person gewandt hatte. „Das habe ich wohl nicht mitbekommen, vielen Dank." Antwortete der junge Mann vor mir, den ich unter der Kapuze aber dennoch kaum erkennen konnte, mit einer rauen aber zugleich sehr freundlich wirkenden Stimme. Er machte allerdings keine Anstalten, sich die Münze wiederzuholen. Noch immer war ich gefesselt von diesen grünen Augen, die ich in meinen Lebzeichen noch nie gesehen hatte. Die meisten in unserem Dorf hatten braune oder blaue Augen. Doch Grüne hatte ich bisher noch nie sehen können.

„Du solltest sie behalten, meine Liebe. Ich bin mir sicher, dass du einen guten Nutzen dafür findest wirst." Gab er mir zu verstehen und ich schüttelte fast augenblicklich den Kopf. „Nein, das.. kann ich nicht annehmen. Sie gehört Euch, ich habe nicht das Recht dazu.." fing ich an, doch wurde von einem leichten Kopfschütteln des Mannes zum Verstummen verleitet. „Wie ist dein Name?" fragte er mich und ich konnte einen Augenblick nicht ganz erfassen, dass er diese Frage wirklich gestellt hatte. „Camilla." Antwortete ich deshalb ein wenig verunsichert und konnte sehen, wie sich ein leichtes Schmunzeln auf seinen Lippen bildete. „Verstehe. Du solltest die Münze behalten, Camilla. Deine Mutter und du könnt sie sicherlich besser gebrauchen als wir."

Nach diesen Worten nickte er mir lediglich noch kurz zu und trieb das Pferd wieder an, seinen Weg fortzusetzen. Noch während er bereits dabei war, den anderen Reiter wieder einzuholen, stand ich noch immer an der selben Stelle, mit dieser Münze in der Hand und sah diesen beiden Reitern ein wenig verwirrt und zugleich verunsichert hinterher. Sie gehörten nicht zu den Bauern aus dieser Stadt, danach sahen sie keineswegs aus. Sie könnten Adlige sein, doch ihrem Verhalten nach zu urteilen, schienen sie diesen auch nicht zu ähneln. Die Adligen in dieser Gegend bestanden nur zu gerne darauf, jede kleinste Münze zu behalten, die ihnen Zuteil wurde. Ich konnte mir also nicht ansatzweise erklären, wer diese beiden Menschen waren, selbst wenn ich nur einen von ihnen etwas genauer hatte betrachten können.

Die ZofeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt