Nur ein Bauchgefühl

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„Bist du dir sicher, dass du nicht doch noch ein paar Tage warten willst?" Schmunzelnd drehte ich mich zu Kiyan um und schüttelte entschlossen den Kopf. „Es steht weder ein großer Sturm bevor, noch fühle ich mich angeschlagen. Außerdem ist das Wetter wundervoll. Der heutige Tag könnte für einen kleinen Ausflug nicht besser sein." Ein Seufzen seinerseits ließ mich darauf schließen, dass er noch immer nicht von meiner Idee überzeugt war. Ich griff nach den Zügeln des Pferdes, welches bereits vor den großen Toren des Schlosses auf mich wartete. Erst hatte ich erwartet, Keylam dort zu sehen. Der Junge hatte den Anschlag zwar überlebt, benötigte jedoch laut Kiyans Aussage noch eine Weile Ruhe, ehe er sich wieder seiner Arbeit widmen konnte.

„Du möchtest wirklich nicht, dass einer der Wachmänner dich begleitet? Es wäre mir deutlich lieber, wenn.." Kiyan griff nach meiner Hand um mich davon abzuhalten, direkt aufs Pferd zu steigen. Daher drehte ich mich erneut zu ihm um und warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu. „Mir wird nichts geschehen. Nach dem letzten Anschlag wäre es von Vorteil, unauffällig zu bleiben." „Noch ein weiterer Grund dafür, dass du hierbleiben solltest. Du weißt nicht, was die Menschen dort draußen mit dir anstellen, wenn sie erkennen, wer du bist."

„Diese Menschen kennen mich nicht, Kiyan. Jedenfalls nicht als Teil der königlichen Familie. Sie werden mir nichts antun." Ich löste mich aus seinem Griff und stieg schließlich auf das Pferd, bevor der König noch auf die Idee kam, mir dies aufgrund seines Amtes zu verbieten. Nicht mehr lange und ich würde in einer ebensolchen Position stehen wie er. Allein der Gedanke daran, bereitete mir ein unangenehmes Bauchgefühl. Sobald ich sicher im Sattel saß, zog ich den Mantel über meinen Schultern ein wenig enger um mich und richtete meinen Blick wieder auf Kiyan, in dessen Augen mir Besorgnis begegnete.

„Solltest du bis zum Abend nicht zurück sein, werde ich nach dir suchen. Die Nächte können bereits furchtbar kalt werden, pass auf, dass du dort draußen nicht erfrierst." „Das ist eine Unverschämtheit!" riss eine andere Stimme uns aus unserem Gespräch und verhinderte dadurch, dass ich ihm antworten konnte. Calliope zog unsere Aufmerksamkeit auf sich und ich konnte mir ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen, während ich beobachtete, wie die junge Frau von zwei Wachmännern unter lautstarkem Protest aus dem Schloss begleitet wurde. Kiyan hatte sein Versprechen, sie aus dem Schloss zu entfernen, nicht sofort umsetzen können. Nun erleichterte es mich allerdings, sie endlich verschwinden zu sehen.

„Mary wird dieses Schloss in Schutt und Asche legen. Wir hätten es gemeinsam niederbrennen sollen!" „Das nächste Mal vertraue ich deinem Instinkt sofort." Kam es murmelnd von dem jungen Mann neben mir, ehe er erneut nach meiner Hand griff. Auch er schien durchaus zufrieden mit seiner Entscheidung zu sein. Calliopes Worte wurden leiser, nachdem die Wachen sie losgelassen hatten und die Frau daraufhin alleine ihren Weg fortsetzte. Wutentbrannt und weiterhin fluchend, wurde ihre Stimme mit jedem Meter leiser, den sie sich von uns entfernte.

Sie konnte froh sein, dass ihr wenigstens ein Mantel zur Verfügung gestellt worden war, damit sie in den nun deutlich kälteren Tagen nicht auf dem Rückweg in ihre Heimat erfror. Obwohl ich mir auch gut vorstellen konnte, dass sie bei Mary im Westen Zuflucht suchen würde. Kiyan wäre sicherlich nicht erfreut darüber, sie erneut in unserer Nähe zu entdecken. „Bei der kleinsten Andeutung von Gefahr, kommst du sofort zurück. Versprichst du mir das?" Sanft drückte ich seine Hand, um ihn ein wenig zuversichtlicher zu stimmen. „Ich verspreche es, bei allem, was mir am Herzen liegt."

Mit diesem Versprechen schien er sich glücklicherweise zufrieden zu geben, da er seine Hand schließlich von meiner löste und ein paar Schritte zurücktrat. Dies nahm ich als stummes Einverständnis dafür, dass es mir gestattet war, mich in Bewegung zu setzen. Weshalb ich das Pferd schließlich antrieb und in die Richtung lenkte, in der mein heutiges Ziel lag. Die Stadt Maradon. Ein Ort, der erst vor einer Weile von den Rebellen und Marys Gefolge verunstaltet worden war und an dem ich mich nun nach neuen Zofen umsehen würde.

Die ZofeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt