003, NIGHT LIFE

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»Ich könnte niemals auf der linken Seite fahren.«, sprach ich meinen Gedanken aus, als ich am frühen Abend aus dem Hotelfenster schaute und sah, wie die Autos hier auf der linken Seite fuhren. »Später einmal in England zu wohnen ist für mich keine Option, weil ich hier niemanden umbringen möchte, wenn ich versehentlich auf der rechten Seite fahre.«, nahm ich mir fest vor und drehte mich lachend zu meiner Mutter, die ihren Koffer auspackte. »Können wir nachher vielleicht durch das Viertel laufen, Maman?«

»Möchtest du dich nicht erst hinlegen?«, fragte sie mich und schaute mich überrascht an. »Du bist heute schon um halb Acht aus dem Haus gegangen, bist nach der Schule mit zum Flughafen gefahren und hast kaum geschlafen. Sicher, dass du durch das Viertel laufen möchtest?«

»Ja, bin ich. Sicher werde ich nicht oft in Derby sein, deshalb will ich echt raus und vielleicht können wir auch Essen gehen.«, antwortete ich ihr und sah sie leicht schmollend an, als ich den Teil mit dem Essen gehen erwähnte. Das Essen im Hotel hatten wir schon verpasst, daher würde es uns nicht umbringen, wenn wir außerhalb Essen gingen. »Oh bitte, Maman!«

»Dann gehen wir nachher essen.«, gab sie sich geschlagen und packte auch schon ihre nötigen Sachen zusammen. Auch ich nahm meinen Rucksack, mein Handy und lief ihr hinterher. »Aber lange bleiben wir nicht. Du musst morgen früh aufstehen und ich will nicht, dass du unausgeschlafen zum Termin erscheinst.«

»Wird schon nicht passieren.«, spielte ich herunter und freute mich eigentlich nur darauf, endlich essen gehen zu können. Die letzte Mahlzeit gab es für mich in der Mittagspause, in der ich mir einen überteuerten Schnitzelbrötchen in der Schulkantine geholt hatte. Obwohl das Schnitzel echt lecker war, stillte es natürlich nicht meinen Hunger. Umso mehr freute ich mich auf das Essen, als wir ein Restaurant fanden. »Wehe das Essen schmeckt hier nicht. Dann bekommt der Laden hier eine schlechte Resonanz.«, drohte ich.

So verbrachte ich den Abend gemeinsam mit meiner Mutter und verliebte mich ziemlich schnell in das Essen. Nach dem Essen ging es dann auch schon wieder zurück ins Hotel, damit wir pünktlich ins Bett gehen konnte. Wenn es nach mir ginge, wär ich natürlich erst gegen Mitternacht ins Bett gegangen, aber da gerade viel auf dem Spiel stand, riskierte ich nichts und ging brav um Halb Zehn ins Bett, um hinterher wieder um Acht Uhr aufzustehen und mich für unseren Termin fertig zu machen.

Es dauerte ein bisschen bis ich wach wurde und mich aus dem weichen Bett quälen konnte. Aber als ich es schaffte, nahm ich all meine Sachen und verschwand ins Badezimmer. Meine Mutter hatte es wohl früher aus dem Bett geschafft, da sie schon frisch geduscht und in ihrem besten Kleidern vor dem Spiegel stand und sich dezent schminkte. Das hieß für mich, dass ich mich nun beeilen musste, wenn ich mich in Ruhe fertig machen wollte. Hatte sie hinterher nichts mehr zutun, nahm sie sich mich und mein Tempo vor.

Also blieb ich nicht länger vor dem Spiegel stehen, putzte mir direkt die Zähne und stellte mich unter die Dusche. Die Zeit reichte nicht für eine intensive Dusche, daher entschied ich mich für die Express Dusche und war dann auch schon nach gefühlt einer Viertelstunde durch.

»Wie weit bist du?«, ertönte die Stimme meiner Mutter vor der Tür und setzte mich jetzt schon unter Druck.

»Ich schminke mich nur noch zu Ende!«, log ich Und schaffte es gerade einmal in meine schwarze Jeans. Über meinen BH streifte ich mir einfach ein Crop Top über und darüber eine Denim Jacke. Wie der Blitz versuchte ich mich anschließend zu schminken, wobei die Zeit nur für Augenbrauen, Wimpern und Lippen reichte. »Scheiße.«, murmelte ich und suchte in meinem Kulturbeutel nach einem rosé Lippenstift, der nicht allzu krass aussah. Als ich ihn dann fand, schmierte ich ihn leicht lieblos auf meine Lippen und schaute mich im Spiegel an.

Zu meinem Glück hatte ich einen Tag vorher meine Haare geglättet, die heute weniger wild und schrecklich aussahen.

Im Hotelzimmer lief ich hin und her, packte meine Sachen zusammen und musste erneut mit meiner Mutter rennen. Da unser Fahrer schon seit fünf Minuten unten stand, wollten wir ihn nicht länger warten lassen und nahmen somit unsere Beine in die Hände.

»Entschuldigung, dass Sie auf uns warten mussten, Sir.«, entschuldigte ich mich direkt in meinem besten Englisch bei dem älteren Mann und schnallte mich direkt an. Es beruhigte mich, dass der ältere Mann kein bisschen böse schaute und uns versicherte, dass er mal länger als fünf Minuten im Auto saß und wartete.

Generell fand ich den Fahrer sehr angenehm und freundlich, da er uns während der viertelstündigen Fahrt noch ein bisschen etwas über die Gegend erzählte. Vielleicht sprach er für meinen Geschmack ein bisschen zu schnell und sein Akzent machte es mir noch schwerer ihn zu verstehen, aber den Bruchteil, den ich verstanden hatte, hörte sich wirklich interessant an. Ich verspürte schon ein bisschen Traurigkeit als wir am Ziel angekommen sind und er uns mitteilte, dass uns nachher ein Kollege abholte.

»Ich wünsche dir viel Glück, Ms. Alves.«, wünschte er mir und lächelte uns noch an, bevor er davon fuhr und hinter einer Ecke verschwand.

»Wenn wir England verlassen, werde ich ihn schon einmal vermissen.«, sagte ich zu meiner Mutter, die nur zustimmend mit dem Kopf nickte und drehte sich zum Haus hin, in dem mein Auftraggeber sich befand. »Los geht's.«, murmelte ich zu mir selbst und merkte wie unsicherer ich wurde.

𝐘𝐎𝐔𝐍𝐆 & 𝐍𝐀𝐈𝐕𝐄 ⇝ 𝑚. 𝑚𝑜𝑢𝑛𝑡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt