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Ich legte meine Hand auf Julians und ließ mich von ihm aufhelfen. Wir verließen wortlos das Zimmer und bewegten uns Richtung Hinterausgang. Auf einer kleinen Treppe mit Blick auf eine weite Wiese ließen wir uns nieder. Ich zog die Beine an meine Brust und legte die Arme über sie, um mich zu wärmen. Meine Haare waren immerhin noch nass und ich wollte mir keine Erkältung einfangen.

"Schokolade?", er reichte mir einen Riegel.

"Wo hast du die denn jetzt her?"

"Vorhin beim Vorbeilaufen an der Tasche habe ich die entdeckt."

Ich biss ein Stück davon ab und schloss die Augen, um den wehenden Wind zu begrüßen.

Als ich alles verputzt hatte, öffnete ich die Augen wieder.

"Du musst mich sicher hassen, Julian."

"Ich? Dich hassen? Wieso das?"

"Ich habe dich immerhin fast gekillt. Und ich weiß, dass ich nicht die freundlichste bin. Ich bin in vielerlei Hinsichten egoistisch gewesen. Meine Entscheidungen waren auch nicht immer weise, wenn ich ehrlich bin."

Er lächelte und biss auch in sein Schokoriegel.

Es war so schön still hier. Ich empfand einen inneren Frieden. Und es fühlte sich gut an, das Unausgesprochene auszusprechen.

Es war wie eine Befreiung für meine schuldbefallene Seele.

 "Willst du wirklich wissen, was ich darüber denke?"

"Immer her damit."

"Also ich denke, dass Freundlichkeit das falsche Wort ist. Wenn man in einer Gang, in einer mächtigen noch dazu, aufgewachsen ist, kann man sich überhaupt nicht erlauben, freundlich zu sein. Du kämpfst um dein Überleben, du kämpfst um deine Existenz. Gerade als Tochter des Dons."

"Wow", gab ich von mir, "Es fühlt sich so an, als wärst du im früheren Leben auch die Tochter eines Dons gewesen."

Er lachte.

"Und was deine Entscheidung anbelangt...", er zerknüllte die Verpackung und zielte auf den Mülleimer, der drei Meter entfernt war und landete, "Es war richtig, Riccardo nichts davon erzählt zu haben, wer du bist und woher du kommst."

"Echt jetzt?", ich starrte ihn an.

"Echt jetzt. Er hätte es dir nicht einfach gemacht und dich ausgenutzt, wenn ihr in eurer Beziehung noch nicht so weit gewesen wärt. Der richtige Zeitpunkt wäre gewesen, wenn er kein Verdacht geschöpft hätte. Jedes Geständnis hätte ihn in der Zeit seines Verdachtes nur noch rasender gemacht. Und... Das mit dem Egoismus gilt übrigens ab jetzt nicht mehr. Durch das Baby hast du immer Vorrang, egal wann. "

"Danke."

"Wofür?"

"Dass du mich nicht hasst. Das bedeutet mir sehr viel, du bedeutest mir viel, Julian. Ich bin froh, dass wir dich haben. Und ich bin glücklich für Rebecca."

Ein Lächeln schwang in seinem Gesicht.

Ich atmete die kühle Luft tief ein und als ich ausatmete, erzeugte mein Mund eine eisige Luftwolke. 

"Wenn es kein Baby gegeben hätte, was dann, Valencia?"

"Dann würde ich jetzt nicht mehr leben, denn dann hättest du mir nicht da raus geholfen und ich hätte dir auch keinen Grund liefern können, der dich dazu verleitet, sowas zu tun."

"Was hast du nun vor?"

"Was meinst du? Ich habe dir bereits gesagt, dass ich nicht weiß, was ich mit der Herrschaft anstellen soll. Aber zumindest weiß ich jetzt, was ich mit meinem Vater tun werde. Ich muss ihn beseitigen, er wird mich so niemals akzeptieren", ich schaute auf mein Bauch, "Dafür kenne ich ihn einfach zu gut."

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt