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Ich knöpfte mir die Jacke auf und ließ mich auf den unbequemen, eingerissenen Sessel gleiten. 

Ich wollte das eine Bein über das andere schlagen, aber aus irgendeinem Grund war das total unangenehm. Also beließ ich es dabei, die Beine aneinander zu drücken und die Finger ineinander zu kreuzen, während ich mich zurücklehnte und mir mit der Zunge über die Lippen fuhr.

Vor mir saß eine eingeschüchterte, panisch vor sich hin hechelnde Gabriela.

Wieso hatte sie so viel Angst vor mir?

Vielleicht liegt das an den dutzenden Männern, mit denen ich zusammen ihr Haus betreten habe?

Der letzte trat hinein, mit einem Koffer in der Hand und legte diesen auf den Tisch zwischen uns ab.

Oder, weil sie meinen Vater abknallen wollte?

"Gabriela. Ich weiß, dass du den Abdruck getätigt hast."

Sie fing an zu zittern und stabilisierte ihr Gesicht mit den Händen. 

"Auch wenn", das sagte ich absichtlich, damit meine Männer nichts falsches dachten, "Mein Vater sich letzten Endes selbst getötet hat und du nur daneben gezielt hast, weiß ich, dass du es warst. Ich habe dich gesehen."

"V-Val....Alencia", fing sie an zu weinen und wisperte: "Ich weiß nicht, was mich dazu getrieben hat..."

"Hass?", ich stütze mein Kopf auf meine Hand, der Ellbogen bohrte sich in die Armlehne, die viel zu schnell nachgab, "Wut? Ich kann dich gut verstehen, mein Vater und ich waren nicht unbedingt ein Dreamteam und hatten auch unsere Höhen und Tiefen und Zweiteres überwog deutlich."

Sie stotterte weiter vor sich hin.

"Hey, ganz ruhig. Ich kann dich verstehen. Ich bin dir nicht sauer. Verstehst du? Hörst du genau hin?"

Dann riss sie die Augen auf und blickte mich voller Unglauben an.

"Ich hätte das gleiche gemacht, wenn ich du gewesen wäre. Sieh die Sache als beglichen. Lebe endlich dein Leben, in Frieden. So, wie du es verdienst."

Ich stand auf und lief zu ihrer Tür.

Meine Männer folgten mir hinaus.

"Va-Valencia! Warte! Du hast deinen K-Koffer hier gelassen!"

"Der ist für dich. Für ein erfülltes Dasein, so, wie ich es dir versprochen habe."

Mit diesen Worten und einer halben Million ließ ich Gabriela zurück und steuerte auf mein Zuhause zu. 

Die Angestellten rannten hektisch umher, es war heute viel los. Ich stellte mich auf Zehenspitzen und ergatterte mir einen Blick von der Terrasse. Stühle wurden aufgestellt und eine kleine, beinahe bodenebene, Bühne. Alle Vorbereitungen waren im Gange für die erste Feierlichkeit der Romeros mit mir als ihre Doña. 

Wir hatten wirklich was zu feiern. 

Seit drei Wochen war ich involviert und hatte dreiundzwanzig Bezirke auf meine Seite gezogen. Einige davon hatte mein Vater schon aufgegeben, er bezeichnete sie damals als die hartnäckigsten Bezirke überhaupt.

Es war für mich ein Leichtes, die Menschen zu überzeugen. Es lag mir einfach.

Das musste ich mir selbst langsam eingestehen. Und um ehrlich zu sein, machte die Sache Spaß. Wenn es um Bestechung und Drohungen ging, die unausweichlich waren, distanzierte ich mich davon. Aber ich wusste, dass diese Dinge passierten.

Das war nun mal das Geschäft. 

Wenigstens nicht ganz so skrupellos wie vorher.

Rebecca kam mir entgegen und hielt mir eine kleine Box vor die Nase.

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt