"Drehst du jetzt völlig durch?!", brüllte Julian und griff nach Riccardos Arm, um ihn zu sich zu zerren.
"Oh. Mein. Gott", zitterte Rebecca.
Entsetzte Kommentare erfüllten die Luft und ich konnte mich vor Schreck nicht rühren.
Was hat er jetzt gerade gesagt?
Nein, das hat er nicht gesagt.
"Wiederhole es", hörte ich mich sagen. Meine Zunge war ein System an sich, abgekapselt von meinem Gehirn, steuerte es sich selbst.
"Dir gehört alles, was ich habe", antwortete Riccardo und schluckte kräftig runter.
Scheiße, der kämpft ja richtig damit!
"Alles?", hakte ich nach.
"Alles."
"Dann bist du ein Niemand mehr."
"Dann bin ich ein Niemand mehr."
Ich atmete tief durch.
Er meint das verdammt ernst.
Ich erwarte einen Finger, der Typ gibt mir gleich die ganze Hand.
"Ich glaube dir immer noch nicht."
"Halten wir das schriftlich fest. Mit allen Bedingungen, die du aufstellst, ich akzeptiere sie."
"Alle? Wirklich alle?"
"Alle."
Rebecca stupste mich vorsichtig von der Seite an.
Und ich musste kurz schmunzeln, bevor ich wieder ernst wurde.
"Halten wir das mal kurz fest", ich lief auf und ab, "Du hast deine Arbeit über mich gestellt. Du hast mir klar gemacht, dass du immer der blutrünstige Kerl sein wirst, der du bist. Dass du mich ohne zu zögern abknallen würdest, wenn es um die Machenschaften ginge. Wenn ich dir jemals im Weg stehen sollte. Und jetzt...Jetzt willst du mir alles übergeben? Wieso?"
Riccardo fuhr sich durch die Haare: "Weil wir ein verdammtes Baby haben. Ich will keinesfalls der scheiß Vater sein, wie ich ihn hatte."
Ich biss mir auf die Lippen.
Oh shit.
Jetzt verstand ich es. Wieso Riccardo dieses unmögliche Angebot aufstellte.
Ja, es machte Sinn.
Und urplötzlich passierte es.
Dieses unangenehme, nervtötende Kribbeln.
Es passierte in meiner Bauchgegend.
Und ich hasste es.
Über alles.
"Ich kann dir diese Männer hier schenken, als Akt des Vertrauens", Riccardo zeigte auf seine Killer, "Oder aber-"
"Behalte deine Länder", schnitt ich sein Wort mit messerscharfer Stimme ab.
"Was?", flüsterte er.
"Ich verzichte. Ich will deine Ländereien nicht."
"Ländereien? Das-Du-Es geht hier um Italien, Sizilien! Nicht um irgendeine verkackte, unbekannte, kleine Insel!", quietschte Riccardo gekränkt.
"Ich wiederhole mich ungern. Behalte deine Besitze, ich will sie nicht. Und dich noch weniger."
Wenn du nämlich weg vom Fenster bist, ist es einfacher so zu tun, als wäre dieses Kribbeln nie passiert.
Riccardo seufzte. Laut und entlastend.
Ich hob die Braue.
"Erleichtert?"
"Fuck, ja."
"Gut, nur...", ich legte den Kopf schief und spielte mit den Haaren, "Es gibt Details. Die müssen wir klären. Im Falle von Unstimmigkeiten im unteren Kreise, Konfrontationen, die Grenzenwahrung, der Austausch, das...Baby."
"Natürlich", sprang es aus seinem Munde heraus.
"Fein."
"Wann?", er wollte auf das Podium steigen, als ich stoppend die Hand vorhielt.
Er erwartet jetzt aber nicht, dass ich ihn auf ein Tässchen Tee einlade, oder?
"Heute. Nach der Veranstaltung. Allein."
"Allein bedeutet", Riccardos unwiderstehliches Grinsen kam auf, "Allein allein?"
Ich rollte die Augen.
"Eine Bedingung habe ich tatsächlich. Und die muss ich schön und gut vor aller Augen aussprechen."
"Die da wäre?", er schränkte die Arme ein.
"Ich will Julian."
"Was?!"
"Gib mir...Julian", ich zuckte wie ein scheues Reh mit den Schultern.
"Was-Du- Wofür willst du Julian?!"
Ich schaukelte mich auf Fersen und Fußballen vor und zurück und schenkte Rebecca ein Blick, "Einfach so."
"Nein", der Klang seiner Stimme erweckte pure Gänsehaut an meinem Körper.
"Wie bitte?!", zickte ich.
"Was verstehst du nicht unter einem 'Nein'?"
"Hast du nicht gerade eben behauptet, du würdest all meine Bedingungen akzeptieren?"
"Alle, aber nicht die."
"Ist Julian dein Kissen in der Nacht, wenn du nicht schlafen kannst, oder was? Er bleibt hier. Bei mir."
"Das kannst du vergessen!", knirschte Riccardo.
"So, so. Ein wenig lauter bitte, sodass das alle hören können. Du bist also dagegen?"
Julian legte seine Hand auf die Schulter seines Paten, sie tauschten Blicke aus.
Riccardo ließ den Kopf hängen: "Schön. Für's Erste. Er kann sich ein paar Tage frei nehmen und hier verweilen. Ich nehme ihn aber wieder mit, verlass dich darauf."
"Hallo? Ich bin immer noch hier", meldete sich Julian zu Wort, "Und ich bin kein Haustier, dass hin und her verfrachtet wird. Außerdem", wandte er sich an Riccardo, "du könntest eigentlich dasselbe tun. Hier bleiben."
Riccardos dunkle Augen trafen mich. Es war eine Frage, die sie spiegelten.
Sie musste nicht ausgesprochen werden.
"Nein", gab ich angewidert von mir.
"Nehmt uns auf. Als Gäste. Solange wie es eben dauert, bis ihr beide untereinander alles ausgehandelt habt", schlug Julian vor und machte einen Schritt in meine Richtung, als er mich unter seinen ehrlichen Augen ansah, "Per favore, Valencia."
"Ich-", ich sah umher und formulierte schon Sätze im Kopf, die mir nicht einfallen wollten.
Julian hatte Recht. Unsere Verhandlungen würden länger dauern als eine lappige Nacht. Vielleicht zwei, oder drei ganze Tage. Möglicherweise auch eine Woche.
"Meinetwegen", murmelte ich und machte kehrt, um die Veranstaltung zu verlassen.
"Wohin gehst du?", fragte mich Rebecca leise.
"Ich bin müde. Feiert in Ruhe weiter, wir sehen uns morgen. In aller Frühe."
Schon wurde das Gerede lauter und übertönte alles.
"Zeig ihnen die Zimmer", forderte ich von Rebecca, die nur hastig nickte, "Und", ich zeigte mit dem Finger auf meinen Gunman, "Du, mein Freund, behältst sie im Blick. Lass sie keine Sekunde alleine. Hegst du irgendeinen Verdacht, erschieße sie. Ohne zu zögern. Du hast meinen Segen."
Kurz das Kapitel, aber ich überlege das nächste aus Riccardos Sicht zu schreiben. Für ein wenig mehr Einblick. Mk
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R O M E R O II [Riccardo Mancini]
RomanceRegelmäßige Updates! Teil 1: R O M E R O I [Riccardo Mancini] Teil 2: R O M E R O II [Riccardo Mancini] 🛑 Achtung, Spoiler-Alarm! Stop here 🛑 Valencia ist von der Bildfläche verschwunden, Riccardo ruht nicht, bis er sich rächt, und zwar mit ni...